ANONYM: FRAGT MAL ALICE (Go ask Alice) 1971
dtv junior 2003 - 220 Seiten

Hier handelt es sich um das Tagebuch einer 15-jährigen aus der US-amerikanischen Mittelschicht. Der zeitliche Hintergrund ist die Hippie- und Flowerpower-Bewegung der ausgehenden 60er Jahre. Die Lektüre ist ab Klasse 8 angemessen.

Erstes Tagebuch:

September: Die amerikanische Schülerin Alice beginnt kurz vor ihrem 15. Geburtstag ein Tagebuch, dem sie von jetzt an alle ihre Erlebnisse, Gefühle, Stimmungen und Geheimnisse anvertraut. Z.B. dass ein gewisser Roger, ihr heimlicher Schwarm, sie versetzt hat, dass sie sich zu dick fühlt und für ihn abnehmen will.
Ihr Vater ist Universitätsprofessor, die Mutter Hausfrau, der Bruder Tim geht in die Sekundarschule und die Schwester Alexandra in die Grundschule. Alice selbst befindet sich im ersten Jahr der High School, also in der 10. Klasse.

Im Januar zieht die Familie in eine größere Stadt, weil der Vater einen Ruf als Dekan für Politische Wissenschaften erhält. Sie beziehen ein großes altes Haus. In der neuen Schule aber findet Alice keinen Anschluss, frisst wieder Süßigkeiten und Pommes in sich hinein, schreibt schlechte Noten und fühlt sich als Familienidiot.

Im Mai findet sie in dem jüdischen Mädchen Beth wieder eine Freundin und lernt viel über die Lebensweise der Juden. Deshalb ist sie sehr unglücklich, als die Ferien beginnen und sie sich trennen müssen.

Juli: Sie geht zu den Großeltern in ihre alte Stadt, wo sie sich anfangs zu Tode langweilt, bis sie von einer ehemaligen Bekannten zu einer Party eingeladen wird. Dort wird ihr im Cola LSD verabreicht, sie hat einen guten Trip (10. Juli) und ist nun begierig, auch anderes kennenzulernen. Ein gewisser Bill macht sie mit Speed und Torpedo bekannt und bei der nächsten LSD-Party schläft sie mit ihm (6.Aug.), was sie nachträglich sehr verunsichert.
Zu allem Glück bzw. Unglück taucht jetzt ihre Jugendliebe Roger auf und interessiert sich sehr für sie. Alice aber fühlt sich schlecht und schuldig.
Zurück bei den Eltern ist sie völlig aus dem Gleichgewicht, nimmt Schlaf- und Beruhigungstabletten, bis die Periode kommt und sie von ihren Befürchtungen erlöst.

Aber die alte Freundin Beth hat jetzt einen jüdischen Freund, der gute Roger geht in die Militärschule und die Eltern wollen nicht zuhören, sondern nörgeln an ihrem Hippie-Outfit herum (lange glatte Haare, Franzenjacken).
Die neue Freundin Chris, ein Jahr älter und eine Klasse höher als sie, mit der sie sich gut aussprechen kann, besorgt ihr einen Job in ihrer Boutique. Nun ist sie gut drauf, hat Geld für Kleider, auch in der Schule ist sie beliebt, aber den Stress bewältigt sie nur mit Aufputsch- und Beruhigungsmitteln.

September: Dann wird sie von College-Boys in Haschisch eingeführt (26.9.). Sie verliebt sich in den Medizin-Studenten Richey und dealt für diesen. Doch dieser Rich erweist sich als homosexuell und sie merkt, dass er sie als Dealerin benutzt hat.

Oktober: Das war zuviel! Sie haut mit Chris ab, vorher zeigt sie Richie noch an.
In San Francisco finden beide Jobs, Chris in einer Boutique, Alice schließlich bei einem italienischen Kunsthandwerker. Sie werden zu einer Erwachsenenparty der Möchte-gern-Society eingeladen, und schon geht es mit den Joints wieder los (Nov.), dann folgt Heroin.
Dezember: Aber sie reißen sich los und schaffen es, eine eigene Boutique in Berkeley zu eröffnen - es scheint zu klappen, doch schnell kommt das Heimweh, beide rufen ihren Eltern an und lassen sich heimholen.

An Weihnachten ist sie wieder zu Hause, die Stimmung ist schön und die Vorsätze für das neue Jahr sind groß. Sie ist jetzt sauber”, erfährt aber in den Wochen nach Schulbeginn, wie schwer es ist, sauber zu bleiben, denn sie wird um Stoff angegangen, zu Parties eingeladen usw.

Ende Januar ist sie dann wieder tief in der Szene und nimmt alles, was sie bekommt. Im Februar wird sie mit ihrer Freundin Chris von der Polizei erwischt, ebenso ihr Dealer, sie muss zu einem ekligen Therapeuten und haut daraufhin ab, erst nach Denver, dann nach Oregon (März), wo sie total heruntergekommen und krank bei der Heilsarmee landet.
Weiter dann mit einer neuen Freundin aus der Szene zu einem Hippie-Treffen in Südkalifornien, sie schwankt zwischen Hochstimmung und tiefer Depression (101ff), verliert jegliches Körper-, Zeit- und Ortsgefühl, ist mit lauter gestrandeten Typen zusammen und schafft es dennoch mit Hilfe eines alten Priesters, wieder Kontakt zu den Eltern aufzunehmen. Jetzt kommt sie zu sich, bereut alles und wartet sehnsüchtig darauf, abgeholt nehmen. Jetzt kommt sie zu sich, bereut alles und wartet sehnsüchtig darauf, abgeholt zu werden und ein neues Leben beginnen zu können.

Am 6. April, wieder daheim, beginnt sie ein neues Tagebuch.

Sie hat Schuldgefühle, auch gegenüber den Großeltern, welche so schnell gealtert sind. -
Wieder in der Schule beschimpft sie der Rektor wegen ihrer Vergangenheit, aber sie lässt sich in ihren großen Vorsätzen nicht beirren und möchte alles Versäumte aufholen.
Sie hat einen 'Nachrausch'.
Sie bereitet liebevoll Mutters Geburtstag vor und ist glücklich und zufrieden.

April: Von Mitschülern - der alten Hasch-Clique - wird sie verfolgt und gehänselt, weil sie 'sauber' bleiben will. - Sie fühlt sich allein.

Mai: Großvater stirbt, die Familie reist zur Beerdigung. Sein Tod beschäftigt Alice sehr, sie hat Alpträume, Vater wird immer mehr zur Bezugsperson. Jemand legt einen Joint in Alices Tasche.
Sie lernt einen Erstsemester-Studenten ihres Vaters kennen und lieben: Joel. (131)

Juni: Alice hütet für Geld das Baby von Mrs Larsen. Dabei gerät sie in Streit mit Jane, welche auch das Baby hüten will, aber völlig 'stoned' ist, weswegen Alice deren Eltern informiert.
Jane schwört Rache und bringt Gerüchte über Alice in Umlauf. Die Verfolgung wird immer schlimmer, die alte Clique versucht Alice verrückt zu machen und droht ihre Familie in Verdacht zu bringen.

Großmutter stirbt.

Alice findet Halt bei dem verständnisvollen Joel, ein Student im ersten Semester.
Eine Fast-Vergewaltigung bringt Alice dazu, den Eltern und Joel ihre Lage (teilweise) zu offenbaren. Sie findet Verständnis.

Juli: Die Ferien haben angefangen, Alice geht es besser, hofft, in Ruhe gelassen zu werden. Sie hütet täglich das Baby von Mrs Larsen.

Doch dann wacht sie im Krankenhaus auf, mit blutigen Fingernägeln, gebrochenen Zehen, einer Gehirnerschütterung und von Alpträumen geplagt (Würmer): Jemand hat ihr bei Larsens LSD in die Erdnüsse geschmuggelt, sie hatte einen Horrortrip gehabt, war von der Polizei vorübergehend in einen Schrank gesperrt worden, worin sie zu toben angefangen hat. (148 ff)

Ihre Feindinnen aus der Hash-Clique sagen gegen Alice aus, sie habe gedealt. Sie kommt in ein Psychiatrisches Landeskrankenhaus.

Dort lernt sie die Schicksale anderer Drogenkinder kennen. Sie darf nach einiger Zeit in die Anstaltsschule, was sie jetzt als Privileg empfindet (190), wo auch Gruppentherapie durchgeführt wird.

August: Die Eltern bringen ihr einen ermutigenden Brief von Joel in die Anstalt.
Der Vater kann die belastenden Falschaussagen rückgängig machen, Alice wird entlassen und geht mit den Eltern und Geschwistern für zwei Wochen auf Reisen in den Osten der USA (New York). Sie ist glücklich in ihrer Familie.

September: Zu Hause fügt sie sich wieder in das bekannte Schulleben ein, geht zu Parties, hat Dates, Joel besucht sie und sie fühlt sich ganz sicher.

Alice beschließt, kein Tagebuch mehr zu schreiben.

Nachwort der Herausgeber: Drei Wochen später stirbt Alice an einer Überdosis.


Sekundärliteratur: Besprechungen, Unterrichtsvorschläge, Links:

  1. Ein Vergleich mit Hans Georg Noacks Roman "Trip" (Klett Stuttgart), das in deutschen Schul- und Lebensverhältnissen derselben Zeit spielt, könnte ganz aufschlussreich sein.


  2. Vorschläge für die Erarbeitung des Buches und seiner Thematik in Projektgruppen:

    Sieben Erkundungen in die Welt von Alice

    1. Von September bis September (15. bis 17. Geburtstag): Gestaltet eine Chronik der Ereignisse,
      es kann auch ein Zeitstrahl oder eine ähnliche Form der Veranschaulichung sein

    2. S. 17- 28 Was sind Alices Probleme? Findet sie heraus, beschreibt sie und beurteilt sie
      aus eurer Perspektive.

    3. S. 68 "wir ... gehen nach San Francisco.“
      Hippies, Flowerpower, San Francisco usw. - Besorgt euch Informationen über diese Zeit
      und stellt ein Info-Blatt zusammen.

    4. S. 128 "Dann schickte er mich zum Unterricht wie Abfall...“
      Schreibt eine bessere Ansprache des Rektors an Alice oder vielleicht auch einen Dialog.

    5. S. 161 "Alles ist falsch und ich weiß nicht mehr weiter.“ - Beschreibt Alices Lage und
      überlegt mögliche Auswege, die ihr ihr raten könnt.
      Verfasst eine Art Beratungsgespräch unter Freundinnen.

    6. Menschen rund um Alice:
      Beschreibt die Personen, mit denen Alice zusammen war und ordnet sie Alice zu.
      Das Ergebnis sollte ein Plakat/Poster sein.

    7. Gott, die Welt und der Tod: Worüber denkt Alice in ihrem Tagebuch nach,
      was beschäftigt sie besonders?
      Erstellt eine Zitaten-Kollage (geschrieben von Hand und/oder mit Computer)

(cc) K.Dautel

    Update 2022 - für gute Englisch-Leser: Die wahre Herkunft der Geschichte

    The New Yorker: How a Mormon Housewife Turned a Fake Diary Into an Enormous Best-Seller

    “Go Ask Alice” sold millions of copies and became a TV movie, but its true provenance was a secret.

    By Casey Cep, July 25, 2022

    "[...] Controversy was the engine by which “Go Ask Alice” became a best-seller, and controversy is a renewable resource. Teen-age readers delighted in the depictions of sex and drugs, and adult censors decried those same passages as pornography and depravity—leading still more teen-agers to seek them out. The book’s various covers added to the mystique: the shadowy, sullen face of a young woman on one; a pile of drug paraphernalia on another; a cascade of crazed faces on a third, spruced up after the book was adapted for an ABC movie starring William Shatner as the diarist’s father and Andy Griffith as the priest who gets her off the streets.

    “Go Ask Alice” became one of the most widely banned books of the seventies—which only increased its popularity, first by attracting kids eager to read what their parents found objectionable and later by landing the title on lists of censored books. The books on such lists are promoted by libraries and bookstores, and some schools ask students to select among banned books for assignments. The revanchist canon this produces can be reactionary in its own way. For every social conservative who objected to the language in “Go Ask Alice,” there was a social liberal who balked at its insinuation that all drug use led to prostitution and death. Plenty of readers thought that the book, whatever its agenda, was simply poorly written fiction, not worth its spot on a syllabus or in a library.[...]"


Zum Anfang - Zum Inhaltsverzeichnis - Klaus Dautel (ZUM e.V)

20 03

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