Museum
Industriekultur Nürnberg
Äußere Sulzbacher Straße 62
4. 4. - 12.11. 2006 |
"Laut
tönte der Jubel der Bürger. Frohsinn und Freude strahlte
aus dem Antlitze Aller. Laut erscholl der Freudenruf: "Es
lebe Maximilian Joseph!'" So wusste das Schweinfurter Wochenblatt
1803 anlässlich der Übernahme der Freien Reichsstadt Schweinfurt
durch das Kurfürstentum Bayern zu berichten. Doch lagen
die Dinge wirklich so einfach und traf der Jubel für alle
Gebiete zu, die wir heute "Franken" nennen? Vor allem: Wie
ging es in fränkischen Bistümern, Markgrafschaften, Reichsstädten,
Klöstern und Adelsherrschaften weiter im neuen Staate Bayern?
Die Landesausstellung 2006 erinnert an die vergangenen 200
Jahre in Franken, einem neuen, uns heute in den drei Regierungsbezirken
Ober-, Mittel- und Unterfranken begegnenden Gebiet, das
erst aus einem Fleckenteppich unterschiedlicher politischer
Gebilde zusammengeschmolzen wurde. In und mit dem neuen
Staat Bayern entstand ein neues Franken.
Frankens
Weg nach Bayern begann mit der Französischen Revolution,
der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs und den Wirren
der Befreiungskriege. Zollschranken und Mautstationen wurden
niedergelegt und die Rechte und Ansprüche vieler Herrschaftsträger
auf eine einzige Staatsgewalt konzentriert. Frühere Repräsentationsgebäude
wie Bischofs- und Fürstenresidenzen wurden leergefegt, Klöster
und Kirchen ihrer Schätze beraubt und teilweise abgetragen.
In der
Ausstellung dokumentiert eine Schatzkammer Franken
die reichen Kulturschätze, die durch Säkularisation und
Eingliederung vorher selbstständiger Herrschaftsgebiete
neu verteilt wurden, aber auch die in Franken neu geschaffenen
Museen.
Frankens
Weg nach Bayern verlief nicht ohne Irritationen. Sogar Forderungen
nach einer Loslösung Gesamtfrankens wurden auf dem Höhepunkt
der Revolution von 1848/49 laut. Doch nicht zuletzt durch
die von König Ludwig I. begonnene Politik der Erhaltung
regionaler Traditionen und die Betonung der Eigenart der
"Stämme" Bayerns, also gerade auch der Franken, setzte sich
ein einvernehmliches Miteinander fort, in dem Franken auch
in München und anderen Teilen Bayerns eine Rolle spielten.
Der
Bau der ersten Eisenbahnlinien begünstigte die fränkischen
Gebiete und förderte Industrie und Handel. Zwischen Reichseinigung
und Wirtschaftsboom änderten sich die Lebensumstände rasant:
Gas und Elektrizität, Automobil und Zeppelin, Röntgenapparat
und Telefon führten ein neues Zeitalter herbei. Franken
wurde zum wirtschaftlichen Motor Bayerns. Allerdings zeigten
sich in Frankens Städten auch die Schattenseiten der Industrialisierung
durch Überbevölkerung und Massenarmut, die nur langsam überwunden
wurden.
Das
hundertjährige Jubiläum des Königreichs Bayern feierte man
nicht in München, sondern in Nürnberg mit der Jubiläums-Landesausstellung
1906. Deren Ausmaße entsprachen denen einer Weltausstellung
und zo-gen ein Millionenpublikum an.
Der
Erste Weltkrieg hatte Nöte und Umbrüche zur Folge. Kaiserreich
und bayerisches Königtum endeten. Bamberg wurde kurzzeitiger
bayerischer Regierungssitz; Inflation und Weltwirtschaftskrise,
aber auch tief greifende politische Krisen erschütterten
die junge Weimarer Republik, die 1933 von der NS-Diktatur
abgelöst wurde. Franken mit seinen romantischen Städten
und seinen Erinnerungen an das Alte Kaiserreich wurde immer
wieder zur Kulisse nationalsozialistischer Propagandainszenierungen.
Hier hatte die NSDAP an einigen Orten bereits frühe politische
Erfolge gefeiert. Die von 1933 an in Nürnberg veranstalteten
Reichsparteitage wurden gigantische Schauveranstaltungen.
Der Bombenkrieg zerstörte die meisten größeren Städte mit
der glücklichen Ausnahme Bambergs. Kriegszerstörung, Kriegsnot,
Schaffung von Wohnraum und Arbeit, Auf-nahme von Flüchtlingen
und Vertriebenen: Dies war die gemeinsame Her-ausforderung,
die alle Deutschen, alle Bayern und Franken gleichermaßen
traf und regionale und konfessionelle Grenzen niederlegte.
Nach 1945 war das Schicksal Frankens besonders deutlich
geprägt durch die Zonenrand-lage und Nähe zum Eisernen Vorhang.
Die größten Standorte der ameri-kanischen Besatzungsmacht
lagen in Franken.
Wichtige
Impulse des politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbaus
nach dem Kriege kamen aus Franken; zwei bayerische Ministerpräsidenten,
Hans Ehard und Hans Seidel; entstammten dieser Region. Schon
wenige Jahre nach dem Krieg gewannen die alten wirtschaftlichen
Zentren wie der Großraum Nürnberg und Schweinfurt neue Bedeutung.
Industrieansiedungen, Verkehrsplanungen, Gründungen von
Universitäten und Fachhochschulen und die Gebietsreform
von 1970 schoben einen immer wieder sich erneuernden Strukturwandel
an. Die Aufhebung der innerdeutschen Grenze schließlich
rückte Franken erneut in eine Mittellage in Deutschland
und Europa.
Was
bringt die Zukunft für Franken und Bayern? Trotz der
bekannten Prob-leme der demografischen Entwicklung, der
Globalisierung der Märkte und der sich ankündigenden Klimawende
- Franken in Bayern hat eine aussichtsreiche Zukunft. Ihre
Perspektiven werden im Frankutopia der Landesausstellung
sichtbar gemacht.
Der
Besucher hat die Auswahl aus einem vielfältigen Führungsangebot.
Ein museumspädagogisches Programm richtet sich nach den
Bedürfnissen verschiedener Altersgruppen. Allgemeine Führungen
für Einzelbesucher finden turnusmäßig zweimal, am Wochenende
dreimal täglich statt. Außerdem können Gruppen Termine nach
freier Wahl vereinbaren. Für Einzelbesucher steht ein Audioguide
bereit.
Ein
reich bebildeter Katalog, ein Aufsatzband und ein Kurzführer
bieten Informationen für jeden Wissbegierigen. Das Begleitprogramm
im Veranstaltungszelt bietet fränkischen Künstlern ein Auftrittsforum.
Text:
HdbG
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