Die Sehnsucht nach dem Landleben ist groß. Wir wollen
dem Alltag und dem Komplexen leben in der Stadt entfliehen,
stattdessen wünschen wir uns Einfaches und Bodenständiges,
eine „heile Welt“. Nostalgie schwingt mit.
Dieses Klischee vom romantischen Landleben hat die Bildberichterstatterin
Erika Groth-Schmachtenberger (1906 – 1992) mitgeprägt,
und zwar gerade in dem Zeitraum, als die alte Welt am Untergehen
war.

Bauernkinder füttern Lämmchen mit der Milchflasche
(Gerbrunn), 1938
Text/Foto: Erika Groth-Schmachtenberger
Immer mit der Kamera unterwegs - so muss man sich die
lebhafte Fotografin Erika Groth-Schmachtenberger (1906-1992)
vorstellen,
wenn man ihr in Bayern, Österreich oder gar in Spanien
oder Bosnien begegnete. Als Bildberichterstatterin galt
ihr Interesse den Menschen in ihrer sozialen Rolle vorwiegend
im ländlichen Raum. Arbeit auf dem Feld und im Haus,
Bräuche, Handwerk und Gewerbe, aber auch ländliche
Architektur und kleinstädtische Orte hielt sie fotografisch
fest. Viele ihrer Motive fand sie in Franken. Von ihrer
Heimat Ochsenfurt aus durchstreifte sie die Orte am Main,
in Franken und Hohenlohe. Der Verkauf ihrer Bilder an auflagenstarke
Illustrierte war ihr seit den 1930er Jahren gewiss. Später
fanden ihre Aufnahmen Eingang in zahlreiche landeskundliche
Publikationen. Das Museum zeigt eine Auswahl aus dem 360.000
Aufnahmen umfassenden Bildarchiv, das die Fotografin hinterließ.
Die Fotografin hat ihr Archiv säuberlich nach Orten
geordnet. Aus vielen fränkischen Orten (einschließlich
Württembergisch-Franken) gibt es Motive, die sie mit
feiner Beobachtungsgabe und künstlerischem Blick festgehalten
hat: Randersacker: der Blootz wird vom Bäcker heimgetragen,
Sächsenheim: die Bäuerin Scheckenbach in Arbeitstracht
im Kreise ihrer sechs Kinder, Idylle in Eibelstadt: ein
kleiner Bub bewundert junge Gänse im Korb seiner Mutter.
Zum Land gehört aber auch die Stadt, meist Würzburg:
Auf dem Markt werden die Produkte vom Land feilgeboten,
auf dem Weg dorthin sieht man, wie 1943 Gefangene über
den Residenzplatz geführt werden: eine schwarzweiße
Silhouette an einem lichterfüllten Morgen. Erika Groth-Schmachtenberger
besuchte auch Bad Mergentheim, das sich als mondänes
Kurbad vom ländlichen Leben absetzte. Eindrücke
brachte sie aus Gaukönigshofen, Hammelburg, Münsterschwarzach,
Vierzehnheiligen bei Bamberg, Miltenberg und vielen anderen
Orten ihrer Heimat mit.
Die Ausstellung der Bezirke Oberbayern und Unterfranken,
ergänzt durch das Deutschordensmuseum, wird durch
ein attraktives Begleitprogramm vertieft, zu dem einige
Kooperationspartner beigetragen haben.

Ochsenfurt, der Main im Winter mit dem Taubenturm“ (1946)
Text/Foto: Erika Groth-Schmachtenberger
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