Schwerpunktthema

Revolution 1848/49

Feurio, Feurio! Es muß brennen!

'Heute ist Freiheit'. Bauernkrieg im Odenwald 1848

(Bezirksmuseum Buchen, Sommer 1998)

Im März 1848 standen die Bauern in Nordbaden und vor allem im Odenwald auf gegen die Herrschaft der Fürsten, gegen Frondienste und Adelsprivilegien. So stürmten in Buchen rund 600 Männer das Rentamt des Fürsten von Leiningen und verbrannten die Dokumente jahrhundertealter Unterdrückung; in Osterburken ging das fürstliche Gut „Marienhöhe" in Flammen auf. Der Funke erfaßte schon nach wenigen Tagen sämtliche Standes- und Grundherrschaften und sorgte für den ersten Erfolg der Revolution. Doch viele Aufrührer hatten nicht nur den verhaßten Adel, sondern auch eine verachtete Minderheit im Visier: In 31 nordbadischen Gemeinden mußten Juden um ihr Leben fürchten.

Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg macht mit seiner Ausstellung "’Heute ist Freiheit’. Bauernkrieg im Odenwald 1848" im Bezirksmuseum Buchen/Odenwald den Aufstand der Landbevölkerung und die Verfolgung der Juden anschaulich.

Die Wut der Landbevölkerung richtete sich gegen die mittelalterlichen Rechte der adligen Standes- und Grundherren, weniger gegen den badischen Staat. Im Gegenteil: „Hoch lebe der Großherzog", riefen die Angreifer in Buchen bei ihrem Sturm auf das fürstliche Amt. Aber ihre wirtschaftlichen und sozialen Rechte waren ihnen näher als die Ideen von Liberalismus und Verfassung.

Da 1848 immerhin ein Fünftel aller Badener noch unter dem Regiment von Standes- und Grundherren standen, rief die Furcht vor einem Aufstand des Landes und vor einem neuen Bauernkrieg eine schnelle Reaktion hervor: Die Fürsten selbst verzichteten auf ihre Rechte und die badischen Kammern in Karlsruhe hoben die Feudallasten gegen die Zahlung einer Ablösung auf. So hatten die Bauern die Revolution schnell und unerwartet vorangebracht und die Herrschaftsverhältnisse auf dem Land geändert. Der Sieg allerdings war teuer erkauft, die Last der Entschädigung ruhte auf ihren Schultern.

Den Aufstand der Landbevölkerung bekamen auch die Juden zu spüren. Nordbaden bildete ab der Nacht vom 3. auf den 4. März den Schauplatz für 31 Ausschreitungen - und damit für ein Drittel aller antijüdischen Exzesse in allen deutschen Staaten. Ein Fünftel aller jüdischen Gemeinden vor allem im Odenwald, dem Kraichgau und dem Taubergrund waren betroffen. (Darüber siehe Stefan J. Dietrich, „Antijüdische Ausschreitungen 1848 in Nordbaden. Badische Heimat 1/1998 S. 71 - 82)

Die Ausstellung im Bezirksmuseum Buchen macht diese Ereignisse der Revolution von 1848/49 lebendig. Vermittelt wird der historische Hintergrund mit Hilfe heutiger künst-lerischer Ausdrucksmittel. Der Gestalter Marcel Keller greift dabei auf Installationen, Graffiti oder Videomontagen zurück, um die Aussagekraft der erhaltenen Dokumente und Exponate zu unterstützen und sie in einen nachvollziehbaren Zusammenhang zu stellen.

Ungewöhnliche Objekte erzählen in der Ausstellung von der Revolution im Odenwald, so das Pulverhorn des badischen Revolutionärs Friedrich Hecker, aus dem Feuer gerettete Akten des Rentamtes oder auch eine Treppenstufe aus Osterburken. Letztere weist eine Markierung der Aufständischen auf, die den Hausbewohner als Gegner der Unruhen brandmarkte.

Die Buchener Ausstellung ist die zweite von sieben, mit denen das Haus der Geschichte Baden-Württemberg an die Revolution von 1848/49 erinnert. Weitere Themen sind die republikanischen Aufständen Friedrich Heckers und Gustav Struves in Lörrach (noch bis zum 10. Januar 1999), die Gefangenen auf dem Hohenasperg und die Revolution in Württemberg (Reutlingen, noch bis 24. Januar 1999).

(nach einem vom Haus der Geschichte Baden-Württembergs zur Verfügung gestellten Text)

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Zu dieser Ausstellung legten das Haus der Geschichte Baden-Württemberg im Zusammenarbeit mit der Stadt Buchen und dem Verein Bezirksmuseum e.V. ein Begleitheft vor, das in drei Abteilungen das Thema der Bauernunruhen bearbeitet.

Ein erster Teil bringt eine Dokumentation der Vorgänge zwischen dem 7. und dem 10. März , nach Tagen und Orten aufgelistet, daran anschließen eine Darstellung, wie die großherzogliche Regierung reagierte, wie die strafrechtliche Verfolgung aussah und wie schließlich auf „legalem" Weg die altüberkommenen standesherrlichen Rechte fielen.

Ein zweiter Teil stellt die Gegner der bäuerlichen Aktionen, die Standes- und Grundherren, vor allem die Fürsten von Leiningen, vor und beschreibt die Hintergründe der Bauernaufstände, die schließlich den "eigenen Weg" der Bauern in die Revolution vorbereiteten.

Ein drittes Kapitel schließlich ist den antijüdischen Ausschreitungen gewidmet, die hier so stark wie sonst selten die Revolution begleiteten.

Die Beiträge des Bandes sind vor allem sehr gut mit Anmerkungen belegt, so dass er auch über die Ausstellung hinaus als eine der grundlegenden Untersuchungen aus dem Bereich des Odenwaldes gelten darf. Die Abbildungen sind allerdings recht klein geraten.


Heute ist Freiheit. Bauernkrieg im Odenwald 1848. (Revolution 1848/49 in Buchen). Mit Beiträgen von Stefan J. Dietrich u.a. Stuttgart: Haus der Geschichte Baden-Württemberg, 1998
Nachrichten & Notizen 3/98

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zusammengestellt von:
Badische Heimat, Bezirksgruppe Bergstraße-Neckartal, Dr. Christoph Bühler
Wir bitten um Verbesserungs- und Ergänzungsvorschläge an ChBuehler@aol.com
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