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Raubgräber zerstören das archäologische Erbe

Dennoch: Seitens der in den letzten Jahren äußerst aktiven wissenschaftlichen Burgenforschung (Rainer Kunze, Christian Burkhardt u. a.) gerade in unserem Raum muss festgestellt werden, dass der Artikel des Herrn Tamm in der „Badischen Heimat" absolut unseriös ist, sowohl was die Arbeitsweise als auch was die Ergebnisse angeht.

Worum geht es ? Kurz gesagt: Um Raubgräberei.

Nach § 21 des Landesdenkmalschutzgesetzes bedürfen „Nachforschungen, insbesondere Grabungen, mit dem Ziel, Kulturdenkmale zu entdecken, ... der Genehmigung des Landesdenkmalamtes".

§ 23 desselben Gesetzes legt das „Schatzregal" für gemachte Funde fest: „Bewegliche Kulturdenkmale, die herrenlos sind oder die so lange verborgen gewesen sind, daß ihr Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist, werden mit der Entdeckung Eigentum des Landes, wenn sie bei staatlichen Nachforschungen oder in Grabungsschutzgebieten entdeckt werden oder wenn sie einen hervorragenden wissenschaftlichen Wert haben."

Die Definition der ortsfesten Bodendenkmäler umfasst dabei alle Stätten menschlichen Wirkens, Siedelns und Arbeitens, von A wie Abbauspuren bergmännischer Tätigkeit bis W wie Wüstungen (zu Z fiel den Verfasser dieser Zeilen nichts ein), darunter eben auch Befestigungsanlagen aller Art, Produktionsstätten, auch Hohlwege und Hohlwegesysteme. Bewegliche Bodendenkmäler sind alle Überreste menschlichen Wirkens, Siedelns, Arbeitens und Lebens, die Aufschluss über Fragestellungen aus diesen Bereichen geben können. Und es muss ohne jede Einschränkung der wissenschaftlich betriebenen Archäologie vorbehalten bleiben, diese Fundstücke nach ihrem Wert für die Forschung einzuschätzen.

Dass die Burgen der Hirschberger ohne Ausnahme wesentliche Objekte der wissenschaftlichen Forschung sind, steht ohne Zweifel.

Welche Konsequenzen diese als „Hobby" geltende Art der Schatzsuche hat, dürfte jedem klar sein, der sich etwas intensiver mit der Art der wissenschaftlichen Grabungsmethode vertraut macht. Die Zeiten, in denen ein Heinrich Schliemann metertiefe Suchgräben durch den Burghügel von Troja legte, um - ausschließlich - zur vermeintlich untersten und wichtigsten Siedlungsschicht zu stoßen, sind längst vorbei. Die Umstände, unter denen ein Fund geborgen wird, die Nachbarschaft zu anderen Funden sind oft wertvollere Hinweise als der Fund selbst. Nicht zu vergessen schließlich die ausgefeilten Methoden, die die wissenschaftliche Archäologie anwendet. Und nur ein ungestörter Befund erlaubt hier klare Aussagen. Aber Raubgräbern geht es nur und fast ausschließlich um Metallfunde, die sich anschließend auf Flohmärkten verhökern lassen. Damit ist aber jede Zuordnung zum Fundplatz selbst für immer verloren - wenn nicht sogar eine Zuordnung vorgetäuscht wird, um den Preis in die Höhe zu treiben.

Freilich gibt es eine deutliche Grenze zum „erlaubten" Schatzsuchen. Metallgegenstände im Gelände aufzuspüren ist nicht von vornherein strafbar - sofern es sich nicht eben um ausgewiesene Grabungsstätten, um Burgen, um Geländedenkmäler (wie Grabhügel etc.) oder andere Orte von wissenschaftlichem Interesse handelt. Und so manche Armbanduhr wurde im Sandstrand wieder entdeckt.

Auch das Internet gibt hier Hilfe - seriöse und unseriöse.

Seriöse Hilfe findet man z.B. bei www.goldsucher.de, wo der Artikel über Raubgrabungen klar und eindeutig beginnt: „Wer einen kulturhistorischen Fund gemacht hat, etwa eine keltische Siedlung oder ein Hügelgrab, sollte auf keinen Fall versuchen, auf eigene Faust den zu erwartenden Schatz zu bergen. Überwinden Sie Ihren Tatendrang und wenden Sie sich an Ihr zuständiges Denkmalamt (jede Gemeindeverwaltung hilft gerne weiter)." (http://www.goldsucher.de/raubgrabung.html)

Auch „schatzjaeger.de" zieht klare Trennungslinien: „Als Erstes und auch allerwichtigstes: Und wenn es noch so verlockend erscheint, im benachbarten Ringwall oder Burgstall zu suchen; es ist erstens Humbug, zweitens mit Recht verboten, und Drittens unwürdig. Wir wünschen jedem, dem dies trotzdem egal ist, dass er inflagranti erwischt wird." Und zur Beurteilung krimineller Handlungen: „Es ist völlig falsch verstandene Kollegialität, bei Bekanntwerden solcher Dinge zu schweigen. Schweigen bedeutet hier wirklich immensen Schaden für die Mehrheit der Hobbyisten, die da ihre Münzen suchen." (http://www.schatzjaeger.de/allgemein.htm)

Dieselbe Quelle beziffert die Zahl der kriminellen Elemente auf 200 bei 2000 geschätzten Schatzsuchern in Baden-Württemberg. Immerhin 10%, die einen schweren Schatten auf den Rest dieser Hobbyisten werfen.

Gängiges Handwerkszeug der Raubgräber
Weniger seriös arbeitet „Kalle". Auch er beschäftigt sich mit der Raubgräberei, sucht aber vor allem Vorwände, um trotz aller Einschränkungen das positiv-romantische Image der „Schatzsucher" aufrecht zu erhalten:

Schatzsucher = Raubgräber ?

Mit Sicherheit nicht. Aber es gibt unter Sondengängern, wie auch unter Archäologen und Heimatforschern, in der Politik und Wirtschaft schwarze Schafe. Diese gibt es, statistisch gesehen, überall in unserer Gesellschaft; wie z.B. sich schamlos selbstbedienende Politiker. Ausgerechnet bei denen die Vorbild sein sollten, beginnt ein Verfall moralischer Werte. Und ausgerechnet diese machen Gesetze, schaffen sich Privilegien und erfinden Rechtsvorschriften (z.B. Schatzregal). Aber lassen wir uns das Sondengehen trotzdem nicht verdrießen. Schatzsucher sind hartnäckig und ausdauernd, und die meisten wahrscheinlich begierig darauf, mit Archäologen und Heimatforschern zusammenzuarbeiten. Doch die Angebote bleiben meist aus, um Zusammenarbeit bemühte Sondengänger werden vor den Kopf gestoßen. Statt mit uns zusammenzuarbeiten werden wir diskriminiert und kriminalisiert. Als vor einiger Zeit aus einem Museum wertvolle Münzen in die Taschen des Museumsdirektors gewandert sind, kam niemand auf die Idee zu behaupten, alle Museumsdirektoren seien Diebe oder Betrüger. Genausowenig kann man alle Sondengänger über einen Kamm scheren und behaupten alle Sondengänger sind Grabräuber oder Raubgräber. Dies bekommt man aber meistens von den Landesdenkmalbehörden zu hören. Wenn man sich um Zusammenarbeit bemüht, muß man gleich mit einer Hausdurchsuchung rechnen. Aber wie gesagt, schwarze Schafe gibt es überall, nicht nur bei denen die - wie wir Sondengänger - keine Lobby haben. Bleibt nur zu hoffen das in Zukunft die Landesdenkmalbehörden uns etwas mehr Verständnis entgegenbringen und man Vorurteile - die es auf beiden Seiten gibt - aus der Welt schafft.

(http://privat.schlund.de/S/Schatzsuche/vorwort.htm)

„Kalle" irrt sich vor allem in einem: Die Grauzone, der Bereich, wo ein unseriöser Sammler sich als seriöser Münzsucher tarnt, ist breit und die Dunkelziffer, vor allem im Bereich der unspektakulären Aktionen, ist erschreckend hoch. Klarheit kann hier nur eine massenhafte Meldung von Funden an die Denkmalbehörden schaffen. Das hat mit „Verständnis" nichts zu tun.

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Badische Heimat e.V.
Bezirksgruppe Bergstraße - Neckartal (Heidelberg)

 


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