Materialien zum Geschichtsunterricht der Unter- und Mittelstufe

Grundherrschaft

Kurpfälzisches Urbar von Leimen (Rhein-Neckar-Kreis), 1369

Text Erläuterungen

Die rechte Bede ist, dass jeder Morgen Weinberg in der Gemarkung meinem Herrn alle Jahre zwei Eimer Wein gibt. Das sind je Jahr 20 Fuder Wein, mal mehr, mal weniger, wie dort die Weinberge sind.

"Bede" versteht sich hier als eine Art grundsätzlicher Steuer, die vom Haupt-Anbauprodukt des Ortes geliefert wird, also vom Wein.
Item jedes Haus gibt dort 4 symern Hafer jährlich, der heißt Vogtshafer. Die Summe beträgt 24 Malter Hafer, mal mehr, mal weniger, wie dort die Häuser sind. Die Häuser der Richter und die, in denen Frauen im Kindbett liegen, wenn man den Hafer nach der Ernte sammelt, die geben keinen Hafer ab, wie das Gericht dort erkannt hat. Von der Vogteisteuer, die in Hafer entrichtet wird, sind die Amtsträger der Gemeinde und die Frauen im Kindbett befreit - letzteres als eine Art sozialer Fürsorge.
Vom Weinzehnt in der Leimener Mark stehen zwei teile meinem Herrn, der dritte Teil den Herren von St. Andreas in Worms zu. Der Zehnt ist eigentlich eine Abgabe an die Kirche, die aber im Lauf der Zeit vielfach in weltliche Hände übergegangen ist. Hier hat der kirchliche Herr des Ortes, das St. Andreas-Stift in Worms, nur noch ein Drittel zu seiner Verfügung.
Item mein Herr hat drei Mühlen im Ort. Die Obere Mühle gibt meinem Herrn im Jahr 14 Malter Korn, die Mittelmühle 4 Malter, die Untere Mühle 2 Malter. Summe der drei Mühlen 20 Malter. Mühlen sind Herrschaftsgut und bringen ihrem Herrn Einkünfte. Die Obere Mühle ist offenbar die leistungsfähigste.
Item mein Herr hat jedes Jahr auf Martini 4 Pfund Heller an Zinsen im Dorf Leimen, wie die Urkunden belegen. Auch Geldbeträge sind Teil der allgemeinen Abgabepflicht.
Item mein Herr hat wegen Vogt Dieter einen Zins von 2 Pfund Heller zu Martini auf einem Weinberg in Leimen, der kann mit 20 Pfund Heller abgelöst werden. Dieser Zins muss an Vogt Dieter bezahlt werden, und der Weinberg steht sowohl mit seinem Ertrag, als auch als Sicherheit. 20 Pfund mit 2 Pfund zu verzinsen entspricht einem Zinssatz von 10% - ungewöhnlich hoch für die damalige Zeit.
Item zu Martini hat mein Herr in Leimen einen Zins von 53 Hühnern, dazu 6 Kapaunen und 17 Gänse von Hofreiten, Weinbergen, Wiesen und Äckern, wie die Zinsurkunde besagt. Ebenso 3 Fuder Mist auf der Halde. Neben Wein, Hafer und Geld bezieht der Pfalzgraf auch Hühner, Kapaunen (kastrierte Hähne) und Gänse aus dem Ort, ebenso Mist als Dünger.
Item mein Herr hat in der Leimener 36 Morgen Weinberge weniger drei Viertel. Davon hat mein Herr mit seinem Weinbauern 6 Morgen im eigenen Anbau. Von den anderen 30 Morgen weniger drei Viertel wird meinem Herrn ein Drittel der Ernte abgegeben. Dazu kommt die rechte Bede von diesen Gütern. Wer die Weinberge innehat und wo sie gelegen sind, das wissen die Einwohner von Leimen und steht auch beschrieben. Diese 35 1/4 Weinberge sind Besitz des Pfalzgrafen und werden zum kleineren teil im Eigenbetrieb gehalten, zum gößeren Teil verpachtet.
Item das Schultheißenamt im Ort bezahlt meinem Herrn jährich 6 ame Wein. Das Amt des Schultheißen ist ein Amt, das Einkünfte bringt, von denen der Pfalzgraf einen bestimmten Teil als "Gebühr" beansprucht.
Item mein Herr hat einen Hof in Leimen, der ist verliehen und vererbbar gegen ein Drittel seiner Einkünfte. Zu dem Hof gehören 32 Morgen Acker auf dem Feld gegen Rohrbach, 32 Morgen Acker auf dem Feld gegen Bruchhausen und 20 Morgen auf dem Feld gegen Nussloch. In den meisten Orten gibt es einen "Herrenhof", zu dem meistens auch die besten Ackerstücke gehören. Der Herrenhof wird - wie auch die Weinberge, die früher sicher dazu gehörten - entweder im Eigenbau betrieben oder verliehen.
Zu diesem Hof gehören insgesamt  23,5 ha Acker, die in drei Richtungen vom Ort aus liegen - Zeichen der Dreiteilung der Feldflur für die Dreifelderwirtschaft.
Item in denselben Hof gehören auch 10 Morgen Wiesen, davonliegen 5 Morgen in der „vortwisen", 1 Morgen auf der „hertwisen", ½ Morgen auf dem Pfauenwerd und 1 Morgen auf der Weierwiese. 1 Morgen heißt „twerhe morgen", ein Morgen liegt im „kuozenloche", ½ Morgen heißt der „anwender". Zu den 23 ha Acker kommen noch knapp 3 ha Wiesen in den Niederungen des Leimbachs.
Item mein Herr hat ein „ungelt" in Leimen eingeführt, das kann er dem Dorf zu seinem Bau lassen oder selbst nehmen, wie es ihm beliebt. "Ungelt" ist eine Verbrauchssteuer, die den Bewohnern auferlegt wird. Es liegt im Ermessen des Pfalzgrafen, ob er das Steueraufkommen dem Ort zur Erledigung von Gemeinschaftsaufgaben überweist oder selbst in Anspruch nimmt.

K. Kollnigg, Die Weistümer der Zent Kirchheim, 1979, S. 123

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