Biblische Geschichten in Delfter Blau

Niederländische Bibelfliesen von 1650 bis 1850 im Museum für sakrale Kunst und Liturgie Heidelberg

Alte Wandfliesen, auch als Delfter Kacheln bekannt, sind in Süddeutschland wenig verbreitet. In den Niederlanden gehörten geflieste Stuben und Küchen zur Wohn-kultur des 17. - 19. Jahrhunderts. Unter den verschiedenen Fliesentypen bilden die Bibelfliesen mit ihren Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testament die kunstgeschichtlich interessanteste Gruppe. Sie waren besonders teuer und prächtig.



links: Die Flucht nach Ägypten (Matthäus 2, 14)
2. Viertel 18. Jh., Rotterdam
Die Blütezeit der Bibelfliesen, die in den Städten weniger Absatz fanden als bei der wohlhabenden Landbevölkerung, lag im 18. Jahrhundert. Produktionsorte wa-ren Amsterdam, Rotterdam, Utrecht und die westfriesischen Orte Harlingen und Makkum, in den seltensten Fällen die Stadt Delft selbst, die namensgebend für diese Fayence war. Trotz des Titels der Ausstellung sind sie nicht alle blau bemalt, sondern auch manganfarben (braunviolett). (Übrigens kommt ja auch nicht alle Fay-ence als Faenza und nicht alle Majolika aus Mallorca).

Da alte Fliesen keine Herkunftsbezeichnung auf der Rückseite tragen, lassen sie sich nur anhand stilistischer Kriterien unterscheiden. Fliesen aus Friesland wurden viel in den Hamburger Raum exportiert, während Utrecht das Münsterland belieferte. Nach 1850 kam mit der Schließung der meisten Fayencemanufakturen auch die Produktion jener liebenswerten Erzeugnisse der Gebrauchskunst, der Fliesen mit biblischen Geschichten, zum Erliegen.

Moses zeigt die Gesetzestafeln (2. Mose 34, 29-32).
Zweite Hälfte 17. Jh., Utrecht

Illustrierte Bibeln des l7. Jahrhunderts offenbaren die graphischen Vorlagen für die Szenen; hier sind die Kupferstiche von und nach Matthäus Merian besonders zu nennen. Gemalt wurde häufig unter Verwendung von Schablonen.

Die Vielfalt der biblischen Geschichten und der Fliesen-typen bildet den Schwer-punkt der Ausstellung. Ein The-menkreis umfaßt die Passionsgeschichte, ein anderer Szenen vom Anfang des Alten Testaments. Hier kann der Betrachter die meisten Darstellungen mühelos iden-tifizieren, während einige der über 200 ausgestellten Geschichten ohne Zuhilfenahme der Unterschriften kaum zu enträtseln sind. Ein Teil der Fliesen trägt praktischerweise die Angabe der Bibeltextstelle.

In der Raumdekoration stand aber selten die Einzelfliese im Mittelpunkt, die Delf-ter Kachel wirkt vor allem durch ihre flächenhafte Anordnung. Felder mit bis zu 50 Fliesen geben einen Eindruck von dieser Flächenwirkung; hier verschmilzt die Einzelfliese fast zu einem Tapetenmuster. Auch das Dekorationsschema der Ek-kornamente („Ochsenkopf, Nelke und Spinne") wird erst in der Zusammenstellung von je neun zusammengefügten Fliesen deutlich.

Der Querschnitt durch die mehr als 300 Bibelfliesen aus zwei Jahrhunderten, die in der Heidelberger Ausstellung gezeigt werden, konzentriert sich auf ausgesucht schöne Stücke, so daß der Besucher über sein ästhetisches Empfinden einen neuen Zugang zu biblischen Geschichten finden kann. Wer sie gesehen hat, wird sich ihrem Charme kaum entziehen können.

Und wer die weltliche Seite der Delfter Fliese genießen will, dem sei ein Besuch im Schwetzinger Schlossgarten empfohlen. Dort ist seit kurzem das "Porzellanhäuschen" in der Nähe des Badhauses, das fast ganz mit Delfter Fliesen ausgekleidet ist, wieder restauriert und - zumindest von außen - zu besichtigen.

Und Samson mit dem Löwen haben wir aufgenommen, weil er sich in einem anderen Zusammenhang als Parallele anbietet 

 

 

Biblische Geschichten in Delfter Blau
Niederländische Bibelfliesen von 1650 bis 1850 im Museum für sakrale Kunst und Liturgie Heidelberg

Die Austellung war 1998

Zugang zum Museum durch die Jesuitenkirche


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