Schwerpunktthema

Heidelberg

"Weltdorf" Heidelberg

N&N 2/95

Mit Heidelberger Geistesgeschichte beschäftigt sich ein Sammelband, der den Ruf Heidelbergs als "Weltdorf" (C. Jellinek) thematisiert: Weltrang zwar, aber eben doch nur Dorf. Der Herausgeber kennzeichnet dieses Projekt als "interdisziplinäres Abenteuer", das der Frage nachgeht, warum die Stadt in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg den Ruf einer heimlichen Hauptstadt des geistigen Deutschland besaß. Eine der Antwor-ten gibt Max Weber, der - so wird er im Vorwort zitiert - sagte, es seien vornehmlich Grenzregionen und "Außengebiete" von Kulturzonen, wo der abseits von diesen großen Kultur- und Machtzentren lebende Mensch es noch nicht ver-lernt habe, "mit eigenen Fragen den Geschehnissen der Welt gegenüberzutreten". Der Sammelband selbst beschäftigt sich dann mit dem Wirken von Persönlichkeiten wie Wilhelm Windelband, Fedor Steppuhn, Erich Rothacker, dann natürlich Max und Marianne Weber und Stefan George. Eine der Begründungen für den ausge-zeichneten Ruf der Heidelberger Universität wird in einem rein statistischen Ergeb-nis gegeben: Während in Preußen nur 0,60 RM je Kopf der Bevölkerung oder 1,0% des Staatshaushalts für die Universitäten ausgegeben wurde, waren es in Baden 1,53 RM je Kopf oder 4,3% des Haushalts. Aber auch die demokratischere Berufungspraxis an der Universität spielte eine erhebliche Rolle. Entscheidend aber dürfte der Faktor gewesen sein, daß viele der angesehenen Heidelberger Professo-ren Integrationsfiguren im geistigen Leben der Stadt waren. "Anziehungskraft" und "Ausstrahlungskraft" des geistigen Zentrums waren in fruchtbarer Weise in Heidelberg vorhanden und ergänzten sich gegenseitig.

Heidelberg im Schnittpunkt intellektueller Kreise. Zur Topographie der "geistigen Gesellschaft" eines "Weltdorfes": 1850 - 1950. Hubert Treiber, Karol Sauerland (Hrsg.) Opladen: Westdt. Verlag, 1995
Nachrichten & Notizen 2/95

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