Kunstwerk des Monats
August 2005
- Sammlungsblatt -

Zwei Heiligenbilder aus der Gemäldesammung derBrüder Boisserée

Benedikt - Kunstwerk des Monats im Kurpfälzishcen Museum Heidelberg Mauritius - Kunstwerk des Monats im Kurpfälzishcen Museum Heidelberg

Die beiden Heiligengestalten Benedikt und Mauritius - ehemals bildnerischer Schmuck eines Wandelaltares - hinterfängt noch in spätmittelalterlichem Sinne als Hoheitsform ein kostbarer Brokatstoff.
Benedikt, der im 6. Jahrhundert als ältesten westlichen Mönchsorden in Monte Cassino den Benediktinerorden gründete, trägt eine bodenlange schwarze Kukulle, einen Umhang mit weiten Ärmeln und Kapuze. Das aufgeschlagene Buch in seiner Linken weist ihn als Autor der Klosterregeln aus, in der Rechten hält er das Pedum.


Mauritius, Offizier der Thebäischen Legion, der während der Christenverfolgung unter Diokletian umkam und entlang der römischen Heerstraßen bis an den Niederrhein verehrt wurde, erscheint als bärtiger Soldat in Rüstung und mit Adler-Wappen geschmücktem Schild und Lanzenfahne in der Linken. während Benedikt Patron der Sterbenden, Rotgießer, Kupferschmiede und Bergleute war und im Kampf angerufen wurde, galt Mauritius als Patron der Färber, Tucher und Glasmaler und wurde vom Heer der Kreuzfahrer, von Waffen-und Messerschmieden angerufen.
Der Maler Barthel Bruyn, der Altarwerke und Bildnisse schuf, stand anfänglich in der Tradition niederländischer Malerei. Seine Lehrzeit in der Werkstatt Jan Joest von Kalkars, in der zeitgleich auch Joos van Cleve ausgebildet wurde, war um 1512 beendet. Zunehmend vollzog sich dann in seinem Werk ein Stilwandel zum Manierismus.
Als junger Meister wurde er in Köln bereits 1518 in ein bürgerliches Ehrenamt gewählt, 1549 und 1553 war er Ratsherr seiner Heimatstadt. Hier erwarb er zwei Häuser, die dem Maler Stefan Lochner gehört hatten. 1550 teilte er seinen Besitz unter seine 5 Kinder, von denen die Söhne Amt und Bartholomäus ebenfalls Maler wurden.
Die zwei schmalen Holztafeln Barthel Bruyns stellen die Außenseiten eines Flügelaltars dar und sind die in Heidelberg einzig verbliebenen Relikte der für die Stadt so bedeutsamen Gemäldesammlung der Brüder Sulpiz (1783 -1854) und Melchior (1786 - 1851) Boisseree. Nach ihren Angaben stand der von der Patrizierfamilie Rinck gestiftete Altar ehemals in der Benediktinerinnen-Klosterkirche und alten Pfarrkirche St. Mauritius in Köln, worauf die Heiligengestalten der Altaralltagsseite hinweisen. Auf seiner Festtagsseite, d.h. den Innenseiten des geöffneten Altares, war - jeweils von Mitgliedern der Stifterfamilie begleitet - die Muttergottes auf der Mondsichel und die Hl. Anna selbdritt zu sehen, auf der Mitteltafel die Dornenkrönung Christi.
Die Brüder Boisseree stammten aus einer angesehenen Kölner Kaufmannsfamilie. Zusammen mit dem Juristen Johann Baptist Bertram (1776 -1841) hatten sie bei einem Studienaufenthalt in Paris die aus den von Frankreich besetzten Gebieten zusammengetragenen Kunstschätze des Musee Napoleon gesehen und engen Kontakt zu Friedrich und Dorothea Schlegel gefunden. Und schon bald sammelten die "drei heiligen Könige von Köln" (Goethe), die sich für die durch das Säkularisationsdekret von 1802 gefährdeten Kunstschätze ihrer Heimat interessierten, systematisch altkölnische, niederrheinische und niederländische Malerei des 13. -16. Jahrhunderts: zur Veranschaulichung der Entwicklung "primitiver nordischer Kunst" und mit dem Ziel, ein Nationalmuseum deutscher Kunst aufzubauen und damit zur Rückbesinnung auf die eigene christliche Vergangenheit beizutragen.
1810 siedelten sie vom französischen Köln ins Zentrum der Romantik nach Heidelberg über, wo ihre Sammlung im angemieteten ehemaligen Adelssitz der Freiherren von Sickingen am Karlsplatz in drei Räumen und einem galerieartigen Flur ausgestellt und von Monarchen, Fürsten, Staatsmännern, Künstlern, Gelehrten und Größen der literarischen Welt besucht wurde. Goethe sah die Galerie im Herbst 1814 und 1815 und würdigte sie in den 1816/17 erschienenen Heften "Über Kunst und Altertum in den Rhein- und Maingegenden". Von 1810 bis 1814 erfuhr die Sammlung durch Kauf oder Tausch im Rheinland und den südlichen Niederlanden ihren größten Zuwachs. Auf der Suche nach einer endgültigen Unterbringung der Sammlung und öffentlichen Nutzbarmachung scheiterten die von Friedrich Karl Schinkel geführten Ankaufsverhandlungen mit der preußischen Regierung. Interesse bekundeten auch Kaiser Franz l. von Österreich, Kronprinz Ludwig von Bayern, die Administration des zu errichtenden Städelschen Kunstinstitutes in Frankfurt und Königin Katharina Paulowna von Württemberg.
1819 siedelten die Brüder nach Stuttgart über, wo ihre Sammlung bei freiem Eintritt öffentlich zugänglich wurde und von Mai bis Oktober von 18.000 Besuchern aller Gesellschaftsschichten gesehen wurde. Den Präsentationsräumen wurde eine "lithographische Anstalt" angegliedert, die die ausgestellten Werke reproduzieren sollte. Johann NepomukStrixners Lithographiewerk "Sammlung Alt- Nieder- und Ober-Deutscher Gemälde der Brüder Sulpiz und Melchior Boisseree und Johann Bertram" erschien mit 114 Blättern von 1821 bis 1840.
Nachdem auch die Verhandlungen mit dem württembergischen König über den Ankauf der Bilder gescheitert waren, traten die Brüder erneut in Verbindung mit dem bayerischen König. Dieser kaufte die inzwischen auf 213 Gemälde angewachsene Sammlung 1827 für 240.000 Gulden und ließ sie in Teilen auf Schloss Schleißheim ausstellen.
Die rheinischen Sammler siedelten nach München über, Sulpiz wurde als Berater für die Ausstattung der Alten Pinakothek und die Auswahl der Bildinhalte zu Rate gezogen und 1835 zum königlich bayerischen Oberbaurat und Generalkonservator der plastischen Denkmäler ernannt. Als ihr Freund Bertram 1841 starb, ließen sich die Brüder 1845 in Bonn nieder und verfolgten interessiert bis zu ihrem Tode den Weiterbau des Kölner Domes.

Annette Frese

Literatur:

V. Mayr, Benedikt von Nursia, in: Lexikon der christlichen Ikonographie. Hrsg. v. W. Braunfels, Bd 5,1973, 351-364 F. Reusen, Mauritius von Agaunum, in: Lexikon der christlichen Ikonographie. Hrsg. v. W. Braunfels. Bd 7, 1974, 610-613
F. G. Zehnder, Katalog der Altkölner Malerei. Kataloge des Wallraf-Richartz-Museums XI, Köln 1990, S. 51 ff. H.-J- Tümmers, Die Kölner Kirchen und die Malerfamilie Bruyn, in: Colonia Romanica. Jahrbuch des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V., V, 1990, S. 11, 18 Die Gemälde des 16. Jahrhunderts. Bearb. v. K. Löcher unter Mitarbeit von C. Gies. Kataloge des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg, Ostfildern-Ruit 1997, S. 94 ff, S. 100 ff.
Lust und Verlust. Hrsg. v. H. Kier und F. Günther Zehnder. II. Corpus-Band zu Kölner Gemäldesammlungen 1800-1860. Bearb. v. S. Blöcker, N. Buchmann, G. Goldberg, R. Krischel. Köln 1998, S. 388 und 392

 

Barthel Bruyn d.Ä. ( Wesel ? 1493 - 1555 Köln )
Hl. Benediktus, Hl. Mauritius um 1538,
Öl auf Eichenholz
je 73 x 25 cm
Inv.-Nr. G 1979, G 1980

Bild: Museum
 
 
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