Mauritius, Offizier der Thebäischen Legion, der während der Christenverfolgung
unter Diokletian umkam und entlang der römischen Heerstraßen bis
an den Niederrhein verehrt wurde, erscheint als bärtiger Soldat
in Rüstung und mit Adler-Wappen geschmücktem Schild und Lanzenfahne
in der Linken. während Benedikt Patron der Sterbenden, Rotgießer,
Kupferschmiede und Bergleute war und im Kampf angerufen wurde,
galt Mauritius als Patron der Färber, Tucher und Glasmaler und
wurde vom Heer der Kreuzfahrer, von Waffen-und Messerschmieden
angerufen.
Der Maler Barthel Bruyn, der Altarwerke und Bildnisse schuf, stand
anfänglich in der Tradition niederländischer Malerei. Seine Lehrzeit
in der Werkstatt Jan Joest von Kalkars, in der zeitgleich auch
Joos van Cleve ausgebildet wurde, war um 1512 beendet. Zunehmend
vollzog sich dann in seinem Werk ein Stilwandel zum Manierismus.
Als junger Meister wurde er in Köln bereits 1518 in ein bürgerliches
Ehrenamt gewählt, 1549 und 1553 war er Ratsherr seiner Heimatstadt.
Hier erwarb er zwei Häuser, die dem Maler Stefan Lochner gehört
hatten. 1550 teilte er seinen Besitz unter seine 5 Kinder, von
denen die Söhne Amt und Bartholomäus ebenfalls Maler wurden.
Die zwei schmalen Holztafeln Barthel Bruyns stellen die Außenseiten
eines Flügelaltars dar und sind die in Heidelberg einzig verbliebenen
Relikte der für die Stadt so bedeutsamen Gemäldesammlung der Brüder
Sulpiz (1783 -1854) und Melchior (1786 - 1851) Boisseree. Nach
ihren Angaben stand der von der Patrizierfamilie Rinck gestiftete
Altar ehemals in der Benediktinerinnen-Klosterkirche und alten
Pfarrkirche St. Mauritius in Köln, worauf die Heiligengestalten
der Altaralltagsseite hinweisen. Auf seiner Festtagsseite, d.h.
den Innenseiten des geöffneten Altares, war - jeweils von Mitgliedern
der Stifterfamilie begleitet - die Muttergottes auf der Mondsichel
und die Hl. Anna selbdritt zu sehen, auf der Mitteltafel die Dornenkrönung
Christi.
Die Brüder Boisseree stammten aus einer angesehenen Kölner Kaufmannsfamilie.
Zusammen mit dem Juristen Johann Baptist Bertram (1776 -1841)
hatten sie bei einem Studienaufenthalt in Paris die aus den von
Frankreich besetzten Gebieten zusammengetragenen Kunstschätze
des Musee Napoleon gesehen und engen Kontakt zu Friedrich und
Dorothea Schlegel gefunden. Und schon bald sammelten die "drei
heiligen Könige von Köln" (Goethe), die sich für die durch das
Säkularisationsdekret von 1802 gefährdeten Kunstschätze ihrer
Heimat interessierten, systematisch altkölnische, niederrheinische
und niederländische Malerei des 13. -16. Jahrhunderts: zur Veranschaulichung
der Entwicklung "primitiver nordischer Kunst" und mit dem Ziel,
ein Nationalmuseum deutscher Kunst aufzubauen und damit zur Rückbesinnung
auf die eigene christliche Vergangenheit beizutragen.
1810 siedelten sie vom französischen Köln ins Zentrum der Romantik
nach Heidelberg über, wo ihre Sammlung im angemieteten ehemaligen
Adelssitz der Freiherren von Sickingen am Karlsplatz in drei Räumen
und einem galerieartigen Flur ausgestellt und von Monarchen, Fürsten,
Staatsmännern, Künstlern, Gelehrten und Größen der literarischen
Welt besucht wurde. Goethe sah die Galerie im Herbst 1814 und
1815 und würdigte sie in den 1816/17 erschienenen Heften "Über
Kunst und Altertum in den Rhein- und Maingegenden". Von 1810 bis
1814 erfuhr die Sammlung durch Kauf oder Tausch im Rheinland und
den südlichen Niederlanden ihren größten Zuwachs. Auf der Suche
nach einer endgültigen Unterbringung der Sammlung und öffentlichen
Nutzbarmachung scheiterten die von Friedrich Karl Schinkel geführten
Ankaufsverhandlungen mit der preußischen Regierung. Interesse
bekundeten auch Kaiser Franz l. von Österreich, Kronprinz Ludwig
von Bayern, die Administration des zu errichtenden Städelschen
Kunstinstitutes in Frankfurt und Königin Katharina Paulowna von
Württemberg.
1819 siedelten die Brüder nach Stuttgart über, wo ihre Sammlung
bei freiem Eintritt öffentlich zugänglich wurde und von Mai bis
Oktober von 18.000 Besuchern aller Gesellschaftsschichten gesehen
wurde. Den Präsentationsräumen wurde eine "lithographische Anstalt"
angegliedert, die die ausgestellten Werke reproduzieren sollte.
Johann NepomukStrixners Lithographiewerk "Sammlung Alt- Nieder-
und Ober-Deutscher Gemälde der Brüder Sulpiz und Melchior Boisseree
und Johann Bertram" erschien mit 114 Blättern von 1821 bis 1840.
Nachdem auch die Verhandlungen mit dem württembergischen König
über den Ankauf der Bilder gescheitert waren, traten die Brüder
erneut in Verbindung mit dem bayerischen König. Dieser kaufte
die inzwischen auf 213 Gemälde angewachsene Sammlung 1827 für
240.000 Gulden und ließ sie in Teilen auf Schloss Schleißheim
ausstellen.
Die rheinischen Sammler siedelten nach München über, Sulpiz wurde
als Berater für die Ausstattung der Alten Pinakothek und die Auswahl
der Bildinhalte zu Rate gezogen und 1835 zum königlich bayerischen
Oberbaurat und Generalkonservator der plastischen Denkmäler ernannt.
Als ihr Freund Bertram 1841 starb, ließen sich die Brüder 1845
in Bonn nieder und verfolgten interessiert bis zu ihrem Tode den
Weiterbau des Kölner Domes.
Annette Frese
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