In späterer
Zeit wurde die Verehrung der Amphitrite durch den Kult der schaumgeborenen
Aphrodite verdrängt, die ebenfalls als Göttin des Meeres gefeiert
wurde.
Der kurpfälzische Hofbildhauer Franz Conrad Linck (1730 1793)
entstammte einer Speyerer Bildhauerfamilie und erhielt seinen
Unterricht in der väterlichen Werkstatt. Nach einem Aufenthalt
in Würzburg und dem Studium an der k.u.k. Hofakademie der Malerei
in Wien wurde er Mitglied in der Werkstatt des berühmten Georg
Franz Ebenhecht in Potsdam. 1757 nach Speyer zurückgekehrt wurde
er 1762 als Modelleur der Manufaktur Frankenthal in die Dienste
des Kurfürsten Carl Theodor berufen.
Das Interesse der höfischen Gesellschaft galt in dieser Zeit des
erwachenden Klassizismus besonders den Metamorphosen des Ovid,
die in galanter Form antike Mythologie mit pulsierender Erotik
verbanden. Die Ausbildung in Wien durch den Frühklassizisten Schletterer
und die Zusammenarbeit mit Ebenhecht in Potsdam, der den französischen
" gout grec" vertrat, befähigten Linck zu ersten Schöpfungen,
die sowohl die Grazie des Rokoko als auch die Kühle des neuen
Stiles in sich trugen und das Kurfürstenpaar entzückten. Schon
1763 wurde er zum Hof bildhauer ernannt. Dieser Titel ermöglichte
es ihm, ohne die Bindungen an die Zunft zu arbeiten und eine eigene
Werkstatt zu führen.
1766 verließ Linck die Manufaktur, um unter Nicolas de Pigage
den bildhauerischen Schmuck des Schwetzinger Schlossgartens zu
vollenden. Seine Bindung an die Manufaktur aber blieb erhalten.
Mit einem jährlichen Gehalt von 250 fl. verpflichtete er sich,
weiterhin neue Modelle zu liefern.
Unsere kleine Plastik benutzt den in der Manufaktur seit Karl
Gottlieb Lück üblichen Rasensockel mit Rocaillerahmung, wobei
hier der Rasen durch sanft bewegte Wellen ersetzt ist. Muscheln
und Seegetier versinnbildlichen das weite Meer. Auf diesen Wellen
lagert in eleganten Windungen ein Delphin, dessen Maul ein Wasserschwall
entströmt. Im FigurenFormenverzeichnis wird diese Gruppe als "nackte
Figur auf einem Wallfisch sitzend" beschrieben. War Linck gebildet
genug, den historischen Mythos genau zu kennen und als Tier den
Delphin zu wählen, war der Schreiber des Verzeichnisses mit den
zoologischen Merkmalen wohl nicht vertraut.
Die Figur der Amphitrite lehnt sich in eleganter Torsion an eine
schon klassizistisch gestaltete Vase auf einem halbhohen Sockel.
Die Vase ist als Potpourrivase ausgebildet und nimmt damit keinen
Bezug auf das Element Wasser. Der Deckel ist verloren gegangen.
Die Vase selbst existiert aber als real existierende Potpourrivase
im Angebot der Manufaktur und bildet damit einen Wiedererkennungseffekt
und Anreiz zum Kauf einer Kamindekoration als Einzelstück oder
Vasensatz. Die Oberfläche des Porzellans ist zum Teil mit leichten
Pickeln versehen, was dazu geführt haben könnte, sie weiß zu belassen.
Das Datum der Ausformung, 1775, verweist aber auch in eine Zeit
des Frühklassizismus, in der unbemalte Porzellane modisch werden.
Diese kleine Gruppe, die wie eine marmorne Parkplastik gestaltet
ist, konnte mühelos in eine Tafeldekoration eingebunden werden,
deren Thema eine große Parklandschaft mit mythologischem Inhalt
war. Damit wäre ein bewusster Verzicht auf eine Bemalung denkbar.
Lincks große Aufgaben waren ja die Figurenprogramme der Schlossgärten.
Hier haben wir es mit einer Reduktion einer großen Plastik zu
tun, die alle Kleinteiligkeit der porzellanenen Rokokoplastik
weit hinter sich lässt.
Carl Ludwig Fuchs
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