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            | . Schon im 
              1. Jahrhundert nach Christus wurde in Alexandria ein Verfahren entdeckt, 
              durch Beigabe von Mangan das Glas zu entfärben. Die nun klare Masse 
              hatte aber eine leicht mauvefarbene Tönung, durch die sie sofort 
              als Glas zu identifizieren war. In den Wirren der Völkerwanderungszeit 
              ging das Geheimnis des klaren Glases wieder verloren, bis es am 
              Ende des 15. Jahrhunderts in Venedig wiederentdeckt wurde. Auf der 
              Insel Murano lebten die Geheimnisträger quasi als Gefangene. Jedem, 
              der die Insel verließ oder das Arkanum verriet, drohte die Todesstrafe. Das 
              Cristallo genannte Glas trat von Venedig aus seinen Siegeszug durch 
              Europa an. Feine dünnwandige Gläser durften von nun an auf keiner 
              fürstlichen oder patrizischen Tafel mehr fehlen. Trotz aller Bemühungen 
              jedoch wurde das Geheimnis verraten und im italienischen Altare, 
              in England, den Niederlanden, in Deutschland und Frankreich entstanden 
              "Venedische Glashütten". Die sogenannten "Muranesen" oder "Altaristen" 
              gründeten in Frankreich in Nantes, Orléans und Lyon Glashütten, 
              die erst im 18. Jahrhundert durch die bedeutenderen Hütten von Baccarat 
              (1764) und St. Louis (1767) übertroffen wurden.
 Ein reines kristallklares 
              Glas wurde am Ende des 17. Jahrhunderts in Potsdam von Johann Kunkel 
              erfunden. 150 Pfd. Sand wurden 100 Pfd. Pottasche, 20 Pfd. Kreide 
              und 10 Lot Braunstein zugesetzt. Dieses sogenannte Kreideglas war 
              gut zu schneiden und zu gravieren, so dass die Techniken der Bergkristallveredelung 
              angewendet werden konnten.
 Die Bestrebungen nach noch mehr Klarheit 
              und Brillanz veranlassten den Engländer George Ravenscroft im Jahre 
              1673, Versuche anzustellen, durch Beifügung von Feuerstein ein brillanteres 
              Glas zu erreichen (Flintglas). 1676 gelang es ihm, durch Zusatz 
              von Blei (bis zu 36 %) eine Glasware zu schaffen, die von strahlendem 
              Glanz und guter, weicher Beschaffenheit war.
 Dieses Bleikristall 
              wurde jedoch erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingesetzt, 
              als das Brillantieren der Glasflächen als Schmuck Mode wurde. Die 
              Arbeit des Brillantierens wird am vertikal laufenden sog. Schlägelrad 
              ausgeführt.
 Die Arbeitsvorgänge:
 1) Rauhschleifen mit einer Eisenscheibe 
              unter Zuhilfenahme von nassem Quarzsand
 2) Klarschleifen mit der 
              Steinscheibe unter Verwendung v (Pappel, Linde, Weide) oder einer 
              Filz-, Leder- oder Korkscheibe unter Zuhilfenahme von Zinnasche
 Das 
              Brillantieren erledigten im 18. Jahrhundert die sogenannten Eckigreiber 
              oder Kugler, aus denen sich dann um die Jahrhundertwende der Beruf 
              des Glasschleifers entwickelte, als das Steineln des Kristalls zu 
              einem regelrechten "Chrystallstyl" führte.Als sogenannter Steinelschliff 
              wird das Brillantieren des Glases schon am Anfang des 18. Jahrhunderts 
              bei Potsdamer Pokalmundreifen sichtbar.
 Gegen 1751 verzierte die 
              Glasmanufaktur von Cadix ganze Gefäße mit dieser Dekoration. Richtig 
              gebräuchlich aber wird die Schleifart erst im letzten Viertel des 
              18. Jahrhunderts in England bei dem stark lichtbrechenden Bleikristall.
 Im 
              Jahre 1782 gelingt es dem Chemiker Lambert von der Porzellanmanufaktur 
              Sèvres, ein gutes Bleikristall herzustellen, das in Konkurrenz mit 
              englischen Produkten treten kann. Die Pariser Händler und Glasschleifer 
              beziehen jedoch weiterhin ihr Glas aus allen Teilen des Landes, 
              oft auch aus dem Ausland. Das Geschäft " l'escalier de christal" 
              der Familie Charpentier bezog die Rohware, ein gut zu schleifendes 
              Kreideglas, aus der belgischen Hütte des Aimé Gabriel d'Artigue. 
              Ob die Veredelung durch Schliff und Vergoldung durch Mitglieder 
              der Familie Charpentier selbst oder durch Angestellte vorgenommen 
              wurde, ist nicht mehr festzustellen. Die Ergebnisse sind jedoch 
              immer aufwändige und kostbare Luxusartikel.
 Während vor 1800 das 
              englische Kristall auf dem Kontinent vorherrschte, gewinnen die 
              festländischen Manufakturen in der Zeit der Kontinentalsperre einen 
              festen Käuferkreis. Dieser Markt konnte auch nach dem Sturz Napoléons 
              nicht wieder von England erobert werden.
 Unsere luxuriöse Toilettegarnitur 
              lehnt sich in ihrer Form ganz eng an gleichzeitige Stücke aus Sèvresporzellan 
              an. Die kostbaren Materialien Kristall und Porzellan wurden für 
              Prunkgarnituren verwendet, die in den Paradeschlafzimmern Aufstellung 
              fanden. Sie dienten beim morgendlichen oder abendlichen Empfang 
              zum Abschminken und dem zeremoniellen Händewaschen. Erworben wurde 
              die Garnitur im Jahre 1806 von dem Bevollmächtigten Minister der 
              kleinen Thüringischen Staaten, Friedrich Wilhelm Ludwig von Beulwitz 
              aus Rudolstadt, anlässlich seiner Mission zur Rettung der Eigenständigkeit 
              der Kleinstaaten am Hof Napoléons.
 In der Folgezeit veränderte sich die Etikette, das feudale Leben 
              nahm biedermeierlich-gemütliche Züge an und die Waschgarnitur wurde 
              ab 1830 zum Taufgeschirr der neugeborenen Mitglieder der Familie 
              von Beulwitz.
 
 
 Text: 
                Carl Ludwig Fuchs
 
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