Kunstwerk des Monats
Januar 2008

Bjørn Wiinblad (1918 - 2006)"Pelléas und Mélisande"

 

Der 2006 verstorbene dänische Designer Bjørn Wiinblad war vor allem für seine Entwürfe für die Fa. Rosenthal bekannt. Schon während seines Studiums der Malerei und Illustration an der Königlichen Kunstakademie in Kopenhagen entdeckte er die Keramik als künstlerische Ausdruckform und vertiefte seine Studien bei Lars Syberg. Mit seiner Tätigkeit als Designer für die dänische Keramikmanufaktur Nymølle von 1946 bis 1956 begann seine weltweite Karriere. Wiinblad ließ sich vor allem von Musik und Theater, aber auch von Märchen inspirieren. Seine Sammelteller mit den Märchen aus Tausendundeiner Nacht verhalfen der Studio-line Rosenthals zu großer Bekanntheit. Jedoch kaum jemand weiß, dass er ebenso Illustrationen zu den Märchen der Brüder Grimm angefertigt hat. Unbekannter sind auch Wiinblads Entwürfe für Plakate, Möbel, Textilien sowie Theater- und Ballettinszenierungen. Seine wenigen Gobelins entstanden in Zusammenarbeit mit portugiesischen Manufakturen, so auch der im Besitz der Textilsammlung Max Berk befindliche Gobelin "Pelléas und Mélisande".

Das Thema des Gobelins in der Textilsammlung Max Berk, "Pelléas und Mélisande", behandelt den Stoff einer 1902 uraufgeführten Oper von Claude Debussy bzw. des bereits 1892 erschienenen gleichnamigen Schauspiels des belgischen symbolistischen Dichters Maurice Maeterlinck. Der Stoff behandelt in untheatralischer Weise die unerfüllte Liebe zwischen der scheuen, mit Golaud verheirateten Mélisande und Pelléas, dem Bruder Golauds. Diese Liebe findet ein tragisches Ende, indem Goloaud seinen Bruder Pelléas in Eifersucht tötet, und Mélisande an den Folgen einer Frühgeburt stirbt.

Bjørn Wiinblad wählt für seine Darstellung den betörenden Augenblick, in dem Mélisande ihr goldenes Haar kämmt und Pelléas sich darin einhüllt. Die Ortsangabe für diese Szene ist in Schauspiel und Oper diffus beschrieben: einerseits soll sich Mélisande aus dem Fenster des Schlossturmes neigen - darin an Rapunzel erinnernd, andererseits flicht Pelléas ihre Haare an die Äste eines Weidenbaumes, um sie an sich zu binden. Bjørn Wiinblad entscheidet sich, diesen Moment ausschließlich im Freien stattfinden zu lassen. Eingeschrieben in einen mehrfach gegliederten Rahmen, der am unteren Bildrand von einem geometrisch gemusterten Fond abgeschlossen wird, sitzen sich die beiden Protagonisten in einem üppig wuchernden Garten in nobler Haltung gegenüber. Um der Intimität des Momentes gerecht zu werden, reduziert der dänische Designer hier seine üblicherweise kräftige Farbpalette zu Pastelltönen. Bezüglich der Komposition lehnt sich Wiinblad eng an die Verkündigungsszene an, die er 1975 für den Weihnachtsteller von Rosenthal entworfen hatte: Der Engel Gabriel wird zu Mélisande, Maria zu Pelléas. Neben diesem Bezug lassen aber auch Form- und Farbgebung des undatierten Gobelins auf eine Entstehung in den 70er Jahren schließen.

Kristine Scherer

 

 

Bjørn Wiinblad (1918 - 2006)
"Pelléas und Mélisande"
Gobelin, 125 x 77 cm
undatiert

 
 
siehe auch:

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