Kunstwerk des Monats
März 2008
- Sammlungsblatt -

Cave canem! Antiken Hunden auf der Spur

 

Schon in der Antike waren die Empfindungen der Menschen gegenüber Hunden äußerst vielschichtig. Die Tiere waren einerseits hoch geschätzt und Alexander der Große (356 - 323 v. Chr.) etwa soll nach seinem Hund Peritas eine Stadt benannt haben. Andererseits galten sie als unrein und es war einer bestimmten hohen Priesterschaft verboten, diese zu berühren oder auch nur deren Name Canis (Hund) in den Mund zu nehmen.

In der Römerzeit sind erstmals neben mittelgroßen und großen Hunden auch kleinwüchsige, kurzbeinige Hunde mit Widerristhöhen zwischen 20 und 30 cm nachgewiesen. Sie wurden wohl als Schoßhündchen (Canis familiaris) gehalten, wie dies der Fund aus einem Kindergrab des großen Neuenheimer Friedhofes an der Berliner Straße nahe legt. Diverse Grabreliefs und Wandmalereien zeigen Hündchen auf dem Schoß der Ehefrau oder zu Füßen von Liebespaaren. Die Bindung an das geliebte Tier war bisweilen so stark, dass der Dichter Juvenal im 1. Jahrhundert n. Chr. spottet, es gäbe Frauen, die ihrem Schoßhund zuliebe ihren Ehemann opfern würden. Ferner wird berichtet, dass mancher ein Vermögen in seinen vierbeinigen Freund investierte- nicht nur für den Erwerb, sondern auch für dessen Wohlergehen, wie beispielsweise für den Kauf eines Halsbandes. Tatsächlich beweisen die stark abgekauten Zähne eines Hundes, der vor einigen Jahren in Rottenburg a. N. ausgegraben wurde, dass dieser bis ins hohe Alter gepflegt worden war. Als Nutztiere bevorzugten die Römer schwere Wach-und Hofhunde (Canis villicatus), mittelgroße bis große Jagdhunde (Canis venaticus) sowie schnelle und kräftige Hirtenhunde (Canis pastoralis) zum Hüten von Rindern und Schafen. Den Knochenfunden aus Siedlungen nach zu schließen, wurden entsprechende Hundeformen mit Widerristhöhen zwischen 40 und 75 cm auch in Südwestdeutschland gehalten. Solche Hunde wurden - nach dem römischen Militärschriftsteller Vegetius (um 400 n. Chr.) - auch zur Bewachung an den Limeskastellen eingesetzt.

Als treuester Gefährte des Menschen, dessen Zuneigung zu "Herrchen" oder "Frauchen" über deren Tod hinaus währen sollte, begleitete der Hund nicht selten seinen verstorbenen Besitzer in den Tod. So auch im Fall jener jungen Ärztin, die zwischen 100 und 150 n. Chr. in Neuenheim bestattet wurde. Zusammen mit den Attributen ihrer Zunft, zwei Schröpfköpfen, und anderen Beigaben wurde auch ihr zierlicher Hund eingeäschert. Da Hunde außerdem als Gefährten des Aesculap bzw. dessen Tochter Hygieia begegnen und ihnen heilende Kräfte zugeschrieben wurden, wird das Tier der Heidelberger Ärztin als Begleiter und Helfer bei der Ausübung ihres Berufes in den Tod gefolgt sein.

Vielfältige weitere Spuren haben römische Hunde in Heidelberg hinterlassen. Rechts im Bild sitzt ein 11 cm hohes Hündchen aus weißem Pfeifenton, das, in einer gallischen Werkstatt produziert, seinen Weg an den Unteren Neckar fand. Das Tier mit den großen Ohren, der gerunzelten Stirn und dem deutlich ausgeformten männlichen Geschlecht hockt auf den Hinterbeinen und trägt ein rundes Glöckchen am Halsband. Dieser Typus wurde fälschlich mit dem ägyptischen hundegestaltigen Gott Anubis verknüpft, hat aber tatsächlich die in der Kaiserzeit gebräuchliche Rasse des Malteser-Spitz zum Vorbild.

Im Jenseitsglauben der Antike nahm der Hund eine bedeutende Stellung ein. War er es doch, der in Gestalt des dreiköpfigen Cerberus seines Amtes als Wächterhund am Eingang zum Totenreich waltete; dort jeden einließ, aber knurrend alle zurückwies, die von dort ins Leben zurückstrebten. Auch war er den Unterweltgöttern Pluto, Serapis und Hekate als Begleittier zugeordnet. So begegnet der Hund als Symbol des Todes immer wieder in Form von Ton- oder Bronzefigürchen in provinzialrömischen Gräbern.

Einen Canis venaticus, einen Jagdhund zeigt ein blauschwarz überzogenes Becherchen aus weißem Ton, das einer Kölner Töpferwerkstatt entstammt (links im Bild). Zu sehen sind zwei nach links jagende Hunde mit Halsband; oben und unten ist die Szene durch Tropfenreihen eingerahmt und unter den Tieren steht ein jeweils nach rechts weisendes Spitzblatt für die Vegetation der Umgebung. Das Reliefdekor ist in Barbotine-Technik gefertigt, wobei die figürlichen und floralen Motive in Tonschlicker freihändig mithilfe

einer Spritztüte aufgetragen wurden. Tatsächlich schildert der Fries keine Jagd in freier Wildbahn, in diesem Fall wäre auch die Figur des Jägers zu erwarten. Vielmehr handelt es sich um eine Darstellung der morgendlichen Tierhatz in der Arena (venatio). Dafür sprechen auch die vielen exotischen Tiere, die sich auf dieser Denkmälergattung finden. Das "Spektakel" in der Arena war

nicht allein die öffentliche Angelegenheit weniger vermögender Mitglieder der Elite des römischen Reiches, sondern spielte im Privatleben der zunehmend romanisierten Reichsbevölkerung eine bedeutende Rolle und war damit auch für den Heidelberger Besitzer von Interesse.

Auch reale Spuren haben Hunde in Heidelberg hinterlassen: sie finden sich immer wieder auf Dach- oder Fußbodenziegeln. Die Ziegler legten diese, nachdem sie ausgeformt worden waren, im Freien aus, um sie einige Zeit an der Luft trocknen zu lassen. Erst in lederhartem Zustand erfolgte der eigentliche Ziegelbrand. Dabei muss es immer wieder vorgekommen sein, dass streunende Tiere oder aber auch der Haushund ungewollt (und sicherlich sehr zum Ärgernis der Handwerker) über die ausgelegten Platten liefen. Ein Dachziegel, der in Zweitverwendung zum Bau einer Grabkiste verwendet wurde, zeigt vier Pfotenabdrücke eines Hundes, der vor 2000 Jahren in Neuenheim über den noch ungebrannten Ziegel schnürte. Noch vor den ausgegrabenen Knochenresten von Hundeindividuen ist dies sicherlich das direkteste Zeugnis, das Canis in Heidelberg zurückgelassen hat.

Das attraktive Hundefigürchen aus Pfeifenton kann übrigens derzeit als originalgetreue Kopie im Museumsshop erworben werden.

Renate Ludwig

 

Literatur:
Johannes Lüttschwager: Ein Zwerghund aus dem römischen Gräberfeld an der Berliner Straße zu Heidelberg-Neuenheim. Zeitschr. Säugetierkunde 30, 1956, 24-30
Jocelyn M.C. Toynbee: Tierwelt der Antike. Kulturgeschichte der Welt 17 (Mainz 1983).
Norbert Benecke: Der Mensch und seine Haustiere: Die Geschichte einer jahr- tausendalten Beziehung (Stuttgart 1994) 220 ff.
Joris Peters: Römische Tierhaltung und Tierzucht. Eine Synthese aus archäozoologischer Untersuchung und schriftlich-bildlicher Überlieferung. Passauer Universitätsschr. Arch. 5 (Rahden/ Westf. 1998) 180 ff.
Andreas Hensen, Joachim Wahl, Elisabeth Stephan, Carola Berszin: Eine Ärztin aus dem römischen Heidelberg. Arch. Korrbl. 34, 2004, 81 ff.
Andreas Hensen, Renate Ludwig: Straße ins Jenseits (Remshalden 2005) 39f.

Terrakottahund
Becher mit der Darstellung zweier Jagdhunde
Pfotenabdrücke auf Dachziegel
Römisches Gräberfeld Heidelberg-Neuenheim,
1. Hälfte 2. Jahrhundert n. Chr.
Inv. Nr.: HD-Neu 1966/291 a; HD-Neu 1961/176 a; HD-Neu 1969/97 a.b

 
 
siehe auch:

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