Schon in der Antike waren die Empfindungen der Menschen gegenüber
Hunden äußerst vielschichtig. Die Tiere waren einerseits hoch
geschätzt und Alexander der Große (356 - 323 v. Chr.) etwa soll
nach seinem Hund Peritas eine Stadt benannt haben. Andererseits
galten sie als unrein und es war einer bestimmten hohen Priesterschaft
verboten, diese zu berühren oder auch nur deren Name Canis (Hund)
in den Mund zu nehmen.
In der Römerzeit sind erstmals neben mittelgroßen und großen
Hunden auch kleinwüchsige, kurzbeinige Hunde mit Widerristhöhen
zwischen 20 und 30 cm nachgewiesen. Sie wurden wohl als Schoßhündchen
(Canis familiaris) gehalten, wie dies der Fund aus einem Kindergrab
des großen Neuenheimer Friedhofes an der Berliner Straße nahe
legt. Diverse Grabreliefs und Wandmalereien zeigen Hündchen auf
dem Schoß der Ehefrau oder zu Füßen von Liebespaaren. Die Bindung
an das geliebte Tier war bisweilen so stark, dass der Dichter
Juvenal im 1. Jahrhundert n. Chr. spottet, es gäbe Frauen, die
ihrem Schoßhund zuliebe ihren Ehemann opfern würden. Ferner wird
berichtet, dass mancher ein Vermögen in seinen vierbeinigen Freund
investierte- nicht nur für den Erwerb, sondern auch für dessen
Wohlergehen, wie beispielsweise für den Kauf eines Halsbandes.
Tatsächlich beweisen die stark abgekauten Zähne eines Hundes,
der vor einigen Jahren in Rottenburg a. N. ausgegraben wurde,
dass dieser bis ins hohe Alter gepflegt worden war. Als Nutztiere
bevorzugten die Römer schwere Wach-und Hofhunde (Canis villicatus),
mittelgroße bis große Jagdhunde (Canis venaticus) sowie schnelle
und kräftige Hirtenhunde (Canis pastoralis) zum Hüten von Rindern
und Schafen. Den Knochenfunden aus Siedlungen nach zu schließen,
wurden entsprechende Hundeformen mit Widerristhöhen zwischen 40
und 75 cm auch in Südwestdeutschland gehalten. Solche Hunde wurden
- nach dem römischen Militärschriftsteller Vegetius (um 400 n.
Chr.) - auch zur Bewachung an den Limeskastellen eingesetzt.
Als treuester Gefährte des Menschen, dessen Zuneigung zu "Herrchen"
oder "Frauchen" über deren Tod hinaus währen sollte, begleitete
der Hund nicht selten seinen verstorbenen Besitzer in den Tod.
So auch im Fall jener jungen Ärztin, die zwischen 100 und 150
n. Chr. in Neuenheim bestattet wurde. Zusammen mit den Attributen
ihrer Zunft, zwei Schröpfköpfen, und anderen Beigaben wurde auch
ihr zierlicher Hund eingeäschert. Da Hunde außerdem als Gefährten
des Aesculap bzw. dessen Tochter Hygieia begegnen und ihnen heilende
Kräfte zugeschrieben wurden, wird das Tier der Heidelberger Ärztin
als Begleiter und Helfer bei der Ausübung ihres Berufes in den
Tod gefolgt sein.
Vielfältige weitere Spuren haben römische Hunde in Heidelberg
hinterlassen. Rechts im Bild sitzt ein 11 cm hohes Hündchen aus
weißem Pfeifenton, das, in einer gallischen Werkstatt produziert,
seinen Weg an den Unteren Neckar fand. Das Tier mit den großen
Ohren, der gerunzelten Stirn und dem deutlich ausgeformten männlichen
Geschlecht hockt auf den Hinterbeinen und trägt ein rundes Glöckchen
am Halsband. Dieser Typus wurde fälschlich mit dem ägyptischen
hundegestaltigen Gott Anubis verknüpft, hat aber tatsächlich die
in der Kaiserzeit gebräuchliche Rasse des Malteser-Spitz zum Vorbild.
Im Jenseitsglauben der Antike nahm der Hund eine bedeutende Stellung
ein. War er es doch, der in Gestalt des dreiköpfigen Cerberus
seines Amtes als Wächterhund am Eingang zum Totenreich waltete;
dort jeden einließ, aber knurrend alle zurückwies, die von dort
ins Leben zurückstrebten. Auch war er den Unterweltgöttern Pluto,
Serapis und Hekate als Begleittier zugeordnet. So begegnet der
Hund als Symbol des Todes immer wieder in Form von Ton- oder Bronzefigürchen
in provinzialrömischen Gräbern.
Einen Canis venaticus, einen Jagdhund zeigt ein blauschwarz überzogenes
Becherchen aus weißem Ton, das einer Kölner Töpferwerkstatt entstammt
(links im Bild). Zu sehen sind zwei nach links jagende Hunde mit
Halsband; oben und unten ist die Szene durch Tropfenreihen eingerahmt
und unter den Tieren steht ein jeweils nach rechts weisendes Spitzblatt
für die Vegetation der Umgebung. Das Reliefdekor ist in Barbotine-Technik
gefertigt, wobei die figürlichen und floralen Motive in Tonschlicker
freihändig mithilfe
einer Spritztüte aufgetragen wurden. Tatsächlich schildert der
Fries keine Jagd in freier Wildbahn, in diesem Fall wäre auch
die Figur des Jägers zu erwarten. Vielmehr handelt es sich um
eine Darstellung der morgendlichen Tierhatz in der Arena (venatio).
Dafür sprechen auch die vielen exotischen Tiere, die sich auf
dieser Denkmälergattung finden. Das "Spektakel" in der Arena war
nicht allein die öffentliche Angelegenheit weniger vermögender
Mitglieder der Elite des römischen Reiches, sondern spielte im
Privatleben der zunehmend romanisierten Reichsbevölkerung eine
bedeutende Rolle und war damit auch für den Heidelberger Besitzer
von Interesse.
Auch reale Spuren haben Hunde in Heidelberg hinterlassen: sie
finden sich immer wieder auf Dach- oder Fußbodenziegeln. Die Ziegler
legten diese, nachdem sie ausgeformt worden waren, im Freien aus,
um sie einige Zeit an der Luft trocknen zu lassen. Erst in lederhartem
Zustand erfolgte der eigentliche Ziegelbrand. Dabei muss es immer
wieder vorgekommen sein, dass streunende Tiere oder aber auch
der Haushund ungewollt (und sicherlich sehr zum Ärgernis der Handwerker)
über die ausgelegten Platten liefen. Ein Dachziegel, der in Zweitverwendung
zum Bau einer Grabkiste verwendet wurde, zeigt vier Pfotenabdrücke
eines Hundes, der vor 2000 Jahren in Neuenheim über den noch ungebrannten
Ziegel schnürte. Noch vor den ausgegrabenen Knochenresten von
Hundeindividuen ist dies sicherlich das direkteste Zeugnis, das
Canis in Heidelberg zurückgelassen hat.
Das attraktive Hundefigürchen aus Pfeifenton kann übrigens derzeit
als originalgetreue Kopie im Museumsshop erworben werden.
Renate Ludwig
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