Kurpfälzisches Museum Heidelberg:

Das Kunstwerk des Monats

Juli 2000
  - Sammlungsblatt -

Kammerherrenschlüssel
vom Hof des Kurfürsten Carl Theodor in Mannheim

Fünf vergoldete Kammerherrenschlüssel, darunter der von Franz Xaver Grubener für den Hof Carl Theodors angefertigte, sind „Kunstwerk des Monats" im Juli.

Der goldene Zierschlüssel mit der Chiffre des Herrschers unter dem Kurhut war das äußerlich sichtbare Zeichen der Würde eines Kammerherren. Diese Schlüssel wurden auch an Freunde und Vertraute verliehen, mit dem Recht des jederzeitigen Zutritts zu dem Privatappartement des Herrschers bzw. dessen Gemahlin. Die Schlüssel wurden äußerlich sichtbar an den Justaucorps auf einem Ordensband getragen.


Franz Xaver Grubener - Hofgürtler in Mannheim:
Kammerherrenschlüssel vom Hof des Kurfürsten Carl Theodor in Mannheim.
Um 1760-1770, Länge 15,5 cm.
Messing, gegossen, ziseliert und feuervergoldet

Johann Georg Krünitz schreibt im Jahre 1773 dazu:
Kammer=Herr, im mittl.Lat Cambellanus,Cambrerius, Fr.Chambellan, vornehme Hofbediente von Adel, welche die Aufwartung bey einer fürstlichen Person in ihren Wohnzimmern haben, und welchen an großen Höfen noch ein Ober=Kammerherr vorgesetzt ist; adelige Kammerbediente vom ersten Range, welche nach den hohen Hof=Aemtern die vornehmste Würde bekleiden, oder nach den sogenannten Grand=Maîtres folgen. Ihr wahrer Ursprung an den deutschen Höfen ist vermuthlich in die Zeit Carl's V., als die Epoche der Einführung des spanischen und burgundischen Ceremo-nielles, zu setzen. In der Erzählung des Gefolges bey dem Eintritte des Erz=Herzoges Ferdinand zu München, im J. 1568, findet man schon 5 Kammerherren. Ihr ältester und eigentlicher Nähme ist Kammerer oder Kämmerer, welche auch an den katholischen Höfen lange noch gebräuchlich war, da an den protestantischen dagegen der Nähme Kammer=Herr gebraucht wurde.

An dem kaiserl. Hofe findet man diese Charge zuerst, und noch bey Kaiser Rudolph II. war selbst ein Herzog Heinrich Julius zu Braunschweig wirklicher Kammerherr, welcher ihn auch nebst ändern Kammerherren zu Grabe hat tragen helfen. Heut zu Tage zählt man zwar unter denselben keine regierende alte Reichsfürsten mehr, wohl aber andere Fürsten, Grafen und Freyherren aus den vornehmsten Reichs^ span= ungarisch^ böheimisch= italiänisch= östreichisch= und niederländischen Geschlechtern. An churfürstl. Höfen werden sie erst seit den Zeiten des westphäl. Friedens allgemein angetroffen; und von Churf. Johann Georg II. in Sachsen weiß man zuverlässig dass unter seiner Regierung die ersten bey seinem Hof= State angestellt worden sind. Der legale Ursprung der Kammerherren=Würde an den alt fürstl. Höfen findet sich im Schlüsse des Fürstentages zu Nürnberg im J.1700, wodurch aber doch nicht gesagt wird, daß nicht ein oder der andere Hof schon vorher Kammer=Herren gehabt haben möge. Eben diesem Conventionsschlusse aber wurde noch angehänget, dahin zu reflectieren, daß der Kammer-herren=Titel solchen Personen gegeben werde,die schon in einem hohen Range und Character, gleich Räthen, General=Wachtmeister, Obristen, geringer aber nicht.damit sie wegen des Ranges bey den chur-fürstl Höfen, oder am dritten Orte, keine Schwierigkeit haben mögen. Allein wo man nur sonst auf den guten Adel strenge Rücksicht nimmt, pflegt es mit dem vorherigen Character nicht so genau genommen, und die Kammerherren=Würde auch Hauptleuten und Majors von altem Adel ertheilt zu werden. An den Höfen nicht wirklich regierender Fürsten ist diese Charge bisher nicht üblich.

Der Dienst wird entweder monathlich oder wöchentlich verrichtet. Es besteht derselbe in der sogenannten Aufwartung, daß sie in der Antichambre beständig zur Hand seyn, bey dem An= und Auskleiden, Ausfahren, Ausreiten, oder auf Reisen, den hohen Herrschaften zur Seite bleiben, diejenigen, welche Privat=Audienz verlangen, melden; die unmittelbar an die Herrschaften übergebenen Bittschriften annehmen, bey der Tafel vorschneiden, u.s.w. An einigen Höfen wird mehr, an ändern weniger, von einem Kammerherren gefordert. Wenn sie bey des Landesherren Gemahlinn oder ändern höchsten Prinzessinnen die Aufwartung haben, müssen sie noch ausser dem, in Abwesenheit oder Ermanglung eines Ober=Hofmeisters, dieselben führen, auch ihnen auf Erfordern bey dem Spiele Gesellschaft leisten. Man verschickt sie auch wohl an auswärtige Höfe, um Notificationen, Gratulationen, Condolenzen und andere Complimente abzulegen, so wie sie auch anwesenden fremden Herrschaften zu gebührender Bewirthung zugeordnet werden. Sie stehen insgesammt unter dem Ober=Kammerherrn oder Obrist=Kämmerer.

Die Rechte der Kammerherren sind ein vorzüglicher Rang, den sie sowohl bey Hofe, als auch ausserhalb, genießen, die Erlaubnis, das Zeichen ihrer Würde, welches in einem auf der rechten Hüfte zwischen zwey goldenen Knöpfen an einem Bande, goldener Schnur oder Quaste befestigten, goldenen, oder auch silbernen und vergoldeten Schlüssel besteht zu tragen, und eine ordentlicher Weise mit der Stelle verknüpfte Besoldung.

Das erste dieser Rechte wurde sogar ein Gegenstand der kaiserl Wahl=Capitulationen, worin, nach unterschiedenen Verhandlungen, den immediaten Reichs=Grafen und Herren, die im Reiche Sitz und Stimme haben, inn=und außerhalb der Reichs=Solennitäten, die Präcedenz vor den kaiserl. Kammerherren, wenn diese nicht von eben denselben Qualitäten sind, vorbehalten worden ist Der Schlüssel wird auf unterschiedliche Art, bisweilen immer, bisweilen nur im Dienste, an Bändern oder Haken von verschiedenen Farben und Figuren getragen, so wie er selbst von verschiedener Figur und Griffe ist. An etlichen Höfen sind diese Schlüssel zur Distinction bey wirklichen Kammerherren hohl und offen, bey anderen hingegen die keine wirkliche Aufwartung thun, massiv und verschlossen. Eben so wenig lasset sich die damit verknüpfte Besoldung bestimmen Die Anzahl der Kammerherren ist nicht nur an jedem Hofe, sondern auch an eben denselben Höfen nach den Zeiten verschieden. So hatte z.B. Kaiser Leopold, in seinem letzten Lebensjahre, 426 Kammer=Herren fürstlichen und gräflichen Standes; und Carl VI. machte im J. 1736, auf einmal 158 als die Decretisten, wie man diejenigen, welche bey der nächsten Promotion zur Wirklichkeit zu gelangen Hoffnung haben, zu nennen pflegt

Der Ober=Kammerherr in Frankreich, Fr. Grand Chambellan, ist ein hoher Kronbedienter deßsen Vorrechte ehemals weit beträchtlicher waren, als sie jetzt sind. Er hatte das Recht, dem Gerichte der Pairs mit beyzuwohnen, führte das Geheimsiegel des Königs, nahm von den Vasallen die Huldigung ein u.s.w. Heut zu Tage bestehen seine Functionen darin, daß er dem Könige bey dem Ankleiden das Hemd reichet; eine Ehre, die er sonst an niemanden, ausser an die Prinzen von Geblüte abtritt; bey der Krönung und Salbung des Königs legt er ihm die Halbstiefeln (Bot-tines) an, und hängt ihm die Dalmatica und den königl. Mantel um. Wenn der König Lit de justice hält, sitzt der Grand Chambellan zu den Füssen des Königs auf einem violett sammetnen Küssen, worin goldene Lilien gestickt sind; bey anderen Ceremonien hat er seinen Sitz hinter des Königs Thron oder Lehnstuhl. Die Zeichen seiner Würde sind zwey goldene Schlüssel, die hinter seinem Wappenschilde in Form eines Andreas=Kreutzes über einander liegen. An dem großbritannischen Hofe stellt der Lord Chamberlain ungefähr eben das vor, was an dem französischen der Grand Chambellan. Er kleidet bey der Krönung den König an und aus; bekommt eine gewisse Gebühr von den Bischöfen und Pairs, wenn sie den Eid der Treue ablegen, und ist der Gouverneur des königl. Pallastes zu Westminster, wo das Parlament gehalten wird..

 Carl Ludwig Fuchs

Literatur:

Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie oder allgemeines System der Land- Haus- und Staats-Wirthschaft: in alphabet. Ordnung, Berlin 1773 ff. Buchstabe K 5.383=387
Julius Bernhard von Rohr: Einleitung zur Ceremonialwissenschaft der grossen Herren, Berlin 1733, Kap 14 und 15

 

siehe auch:

Kammerherrenschlüssel Carl Theodors im Mainfränkischen Museum Würzburg
 

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