Kurpfälzisches Museum Heidelberg:Das Kunstwerk des Monats |
März 2002 |
- Sammlungsblatt - | |
Endbeschlag einer Schwertscheide |
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Die Urnenfelderkultur gilt in Europa als eine der wichtigsten Kulturen der Spätbronzezeit Sie entwickelte sich im Laufe des 13. Jh. v. Chr und gelangte um die Jahrtausendwende zu voller Blüte Das Kultursystem vermochte sich vom nördlichen Balkan über die Donauländer bis zur Oberrheinregion auszubreiten. Charakteristisch und namengebend für die neue Epoche sind die ausgedehnten, manchmal Hunderte von Bestattungen umfassenden Friedhöfe, die Urnenfelder, auf denen die Hinterbliebenen die Knochenasche der auf dem Scheiterhaufen verbrannten Verstorbenen in Urnen beisetzten. |
Diese neue Form der Totenbehandlung war verbunden mit zahlreichen
Änderungen m der Glaubenswelt. Zwar stellte man sich ein körperhaftes
Leben nach dem Tod weiterhin vor, doch kam es dabei nicht mehr auf die
Unversehrtheit des Körpers an. Auch im Symbolgut dieser Zeit schlug
sich die neue Glaubenswelt nieder. So bekam etwa die Keramik ein neues eckig
und scharfkantiges Design, einzelne Bronzeformen verschwanden und andere
kamen hinzu Ursache dieses Wandels war ein Akkulturationspro-
zess, dessen wichtigstes Element die Übernahme eines neuen geistig-religiösen Gedankengutes war, basierend auf den weitreichenden Beziehungen zwischen den Völkern. Dies fand zu einer Zeit statt, in der zahlreiche Krisen, wie etwa die dorische Wanderung", die Hochkulturen des Mittelmeerraumes erfassten. So brachen die mv-kenische und die kretische Kultur und das Reich der Hethiter ebenso zusammen wie das Homerische Troja im trojanischen Krieg zerstört wurde und Ramses III. sich in Ägypten der sog. Seevölker erwehren musste. Die großen Urnenfelderfriedhöfe sind Spiegelbild der ersten Dörfer, die um 1000 v.Chr. entstehen Leider kennen wir nur sehr wenige urnenfelderzeithche Siedlungen, so dass die wichtigste Quel-engattung nach wie vor die Gräberfelder darstel-ten. Zu Beginn der jüngeren Urnenfelderzeit (Ha B) verändert sich das Siedlungsbild und damit auch die Quellenlage. Die kleinen älterurnenfelderzeitlichen Einzelhöfe lagen in einem dichten Netz und wuchsen nun zu weitläufigen Gruppen-Siedlungen von beträchtlicher Größe zusammen, die auch archäologisch um einiges leichter auszumachen sind. Auch im Heidelberger Raum weist ein Anstieg der Fundstellen auf einen kräftigen Bevölkerungszuwachs hin, nachdem am Ende der mittleren Bronzezeit fast keine Siedlungen mehr zu verzeichnen waren; Ursache hierfür scheint eine deutliche Klimaverbesserung gewesen zu sein. Hausgrundrisse konnten am Neckarhochuferrand in Heidelberg-Neuenheim, Mannheim-Wallstadt und Ladenburg beobachtet werden. In Heidelberg-Neuenheim, wo eine dieser großen Siedlungen ausschnittweise ergraben werden konnte, gruppierten sich um einen zentralen Hallenbau etwa 15 kleinere Häuser. Es müssen damals, am Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit, in Mitteleuropa sehr unruhige Zeiten geherrscht haben, denn es entstehen neben den offenen Flachlandsiedlungen zahlreiche befestigte Höhensiedlungen. Am Rande fruchtbarer Senkungen angelegt, lassen sie auf ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis schließen. Berühmtes Beispiel im südwestdeutschen Raum ist die mehrere Hektar umfassende Siedlung auf dem Heiligenberg. Nach Ausweis der zahlreichen Kleinfunde und besonders auch der Keramik, die von der Unter-mainisch-schwäbischen Urnenfeldergruppe geprägt ist, lässt sich auf dem Heiligenberg in der Spätphase der Stufe Hallstatt B ein erster Besiedlungsschwerpunkt erkennen. In dieser Zeit nimmt der Berg mit seinen topografischen Vorzügen im Siedlungsgefüge des Neckarmündungsgebietes eine herausragende Stellung ein. Dies belegen auch einzelne Funde, darunter auch der bronzene Scheidenendbeschlag (Ortband) eines Schwertes. Einerseits weist er auf die Anwesenheit einer wohlhabenden Oberschicht, geführt von einem lokalen Machthaber, andererseits belegt er Fernkontakte, denn schon damals war der Heiligenberg ein wichtiger Punkt an einer europaweit bedeutenden Fernhandelsstraße. Das Ortband wurde 1980 bei Grabungen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Heidelberg im Bereich der Basilika St. Michael zwischen frühmittelalterlichem Bauschutt entdeckt. Das nur 3 cm hohe Fundstück hat eine größte Breite von 3,2 cm und eine Wandungsstärke von 0,1 cm. Die Grundform des Ortbandes ist beuteiförmig mit einschwingenden Flanken, hochgezipfeltem Mündungsansatz und spitzovaler, kräftig eingesattelter Mündung, Ortbandbasis ist ein 0,2 - 0,4 cm starker Wulst. Die jeweils drei Löcher auf der Ortbandplatte wurden mitgegossen. Die Außenpatina ist glatt und dunkelgrün; die Innenseitenpatina dagegen nur im oberen Bereich glatt, ansonsten rau. Solche Metallkappen verstärkten das untere Ende der Schwertscheiden und verhinderten ein allzu schnelles Durchstoßen der Klingenspitzen. Das Ortband saß wohl an einer organischen Schwertscheide, die in die Mündungsöffnung eingeschoben wurde, Befestigung und Halt erfolgten mittels der drei Löcher. Die Nägel bzw. Niete müssen große Zierköpfe gehabt haben, deren Durchmesser den besonders am linken Nietloch sichtbaren konzentrischen Kreisen entsprach; die Ziernägel bestimmten damit wesentlich das Aussehen des gesamten Schwertes. In der Mittleren und Späten Bronzezeit war das Schwert nicht mehr so sehr Waffe, sondern in erster Linie Prestige- und Statussymbol; so rangierte es als Indikator der sozialen Stellung noch vor dem Gold und anderen wertvollen Beigaben. Die Krieger dieses sog. Schwertträgeradels" trugen neuerdings bronzene Schutzausrüstungen wie Helme, Schilde, Panzer und Beinschienen. Zur Bewaffnung gehörten bronzene Dolche, Lanzen, Speere sowie Pfeil und Bogen und eben die Schwerter. Mit Beginn der Urnenfelderkultur werden Gräber von Schwertträgern immer seltener und sind bald gar nicht mehr zu finden. Der neue Verbrennungsritus vereinheitlichte die Bestattungszeremonie und ließ die Schwertträger nach anderen Formen der Jenseitsausstattung suchen. So versenkten diese nunmehr die Waffenausrüstung in Gewässern und Mooren. Jedenfalls steigt die Zahl der Schwertfunde aus Flüssen und Mooren in dem Maße, in dem die Zahl der Funde aus Gräbern abnimmt und schließlich ganz aufhört. In Süd- und Westdeutschland ist das Heidelberger Ortband Singular, denn das Hauptverbreitungsgebiet lag in Südostengland und Nordfrankreich. Augenfällig belegt dieser Fund die Beziehungen der englisch-französischen Urnenfelder-kulturen zu Süddeutschland und Böhmen, die in erster Linie über die östlichen Nebenflüsse des Rheins und damit auch über den vom Heiligenberg kontrollierten Unterlauf des Neckar liefen. Renate Ludwig
Literatur: |
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siehe auch: Schwertträgeradel am Oberrhein | |
Bronze, um 900 v. Chr. gefunden 1980 in der Michaelsbasilika auf dem Heiligenberg Bronze, H 3 cm , B max. 3,2 cm Inv.Nr. HB 80/124 |
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