Kunstwerk des Monats
September 2004

Hebräischer Inschriftenstein, 14. Jahrhundert

Mittelalterliches Zeugnis der Heidelberger Juden

Zeugnisse frühen jüdischen Lebens sind in Heidelberg rar. So gewinnt ein Zufallsfund aus dem Jahr 1971, der sich dazu noch wenig später als einer der ältesten erhaltenen hebräischen Inschriftensteine Baden-Württembergs erweisen sollte, besondere Bedeutung. Der Stein datiert vor das Jahr 1354 und gehört damit zur ersten Heidelberger Judengemeinde, die von ihrer frühesten Erwähnung 1275 bis zu ihrer Vertreibung durch Pfalzgraf Ruprecht II im Jahr 1390 einen wichtigen Anteil an der Entwicklung der Stadt hatten.

Der Stein wurde im Flur des Hauses Untere Straße 20 entdeckt, wo er als Bodenplatte sekundär verbaut worden war. 600 Jahre liefen Heidelberger Bürger über die Platte, deren Inschrift auf der Unterseite glücklicherweise geschützt war und so sehr gut lesbar blieb. Allerdings ist die Steinplatte nur zu einem Viertel erhalten, die Inschrift damit nicht sehr aussagekräftig. Sie besagt lediglich, dass ein Rabbi, Sohn eines Rabbi Israel diesen Gedenkstein/Grabstein errichten ließ. Ob das Denkmal einst in der nahegelegenen Synagoge aufgestellt war oder auf dem ältesten jüdischen Friedhof der Stadt im Areal Plöck/Sandgasse/Klingentor stand, bleibt damit unklar.

Pfalzgraf Ruprecht II beschlagnahmte alles Eigentum der reichen jüdischen Gemeinde. Er schenkte die Synagoge der Universität, ließ alle jüdischen Grabsteine und Steininschriften "vierteln" und verkaufte diese als Baumaterial. Mit der Vierteilung aller steinernen Schriftzeugnisse sollten auch alle in der Inschrift genannten Personen im übertragenen Sinne gevierteilt werden -die schimpflichste Art der Hinrichtung im Mittelalter. Somit wird der zunächst unscheinbar wirkende Fund zum erschütternden Zeugnis der rigorosen Judenverfolgung in Heidelberg und der Pfalz im 14. Jahrhundert.

Text: Renate Ludwig

Hebräischer Inschriftenstein, Sandstein, vor 1354, gefunden in Heidelberg, Untere Straße (1971)
Inv. Nr. HD-Alt 1988/90

 
 
siehe auch: Sammlungsblatt
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