Kunst und Kultur am Oberrhein

Romanik, Gotik und Renaissance in der Pfalz

Ein Kulturreiseführer

Ein "Kulturreiseführer" aus der Feder des Kunsthistorikers Leonhard Emmerling, der in der Pfälzischen Verlagsanstalt in Landau erschienen ist, rückt den Begriff der "Pfalz" wieder einmal ins rechte historische Licht, denn die von den gängigen Standardwerken verfolgte Einteilung in Bundesländer ist, wie der Autor bereits in der Einleitung betont, ein Produkt des 19. Jahrhunderts und alle andere als historisch gewachsen. Folgerichtig umfaßt der Führer ein Gebiet, das sowohl die eigentliche Pfalz und Rheinhessen (insofern ist der Titel nicht ganz korrekt), als auch die rechtsrheinische Kurpfalz zwischen Mannheim, Weinheim und dem Dilsberg umschließt.
Emmerling beschränkt sich nicht darauf, die Kunstdenkmäler nur aufzulisten, sondern er diskutiert auch die kunsthistorischen Probleme, die sich bei der Einordnung der Werke in ihrem Zusammenhang ergeben - Fragen der Zugehörigkeit eines Ortes zu einer Kunstlandschaft z.B. So ist das Spätmittelalter der Gotik und die Frühe Neuzeit der Renaissance kulturell gekennzeichnet von der Ausstrahlungskraft der Heidelberger Universität, die eben Landesuniversität für die ganze Kurpfalz war, dann vom Heidelberger Humanismus und schließlich vom Calvinismus, den Friedrich III. einführte.
Die Fahrtrouten nehmen den Hauptteil des Werkes ein, vorangestellt ist ihnen eine geschichtliche und kulturgeschichtliche Einleitung, die von den Kurfürsten als Exponenten der Politik ausgeht, aber auch kulturelle Phänomene, wie "Spätmittellterliche Religiosität", "Die Stadt als Lebensform" oder "Der Tod und sein Bild" mit einschließt. Damit kommt Emmerling, das muß anerkennend betont werden, zu einer Gesamtwürdigung der Kurpfalz als Kulturlandschaft (auch wenn weder Worms noch Speyer zur "Kurpfalz" gehören).

Acht Routen sind es insgesamt, die durch die alte Kurpfalz, durch Rheinhessen und nch Speyer führen. Diese Routen sind keine Tagestouren, der Autor beabsichtigt keineswegs, den Kulturinteressierten an einem Tag beispielsweise im Nahegau an 16 verschiedene Orte zu führen. Demzufolge kann er auch auf Wegbeschreibungen oder landschaftliche Hinweise verzichten. Vorangestellt ist eine kurze Gesamtwürdigung der Region, die es erlaubt, den Gesamtcharakter (so es einen gibt) und die Höhepunkte der Kunst kurz und summarisch einzuschätzen. Eine Kartenskizze gibt einen kurzen Überblick, dann folgen die ausführlichen Beschreibungen der einzelnen Objekte. Deren Text ist flüssig zu lesen, er verzichtet auf allen Schnickschnack, das dem interessierten Laien das Verständnis ohnehin nur erschwert.

Eine einzige Anmerkung hat der Rezensent zu machen: Er hätte gerne irgendwo, am Anfang oder am Schluß, eine Übersichtskarte über den gesamten Raum gehabt, um selbst die Verbreitung der Kunstwerke aus Gotik und Renaissance einschätzen und überblicken zu können. Dann wäre auch - da der Blick immer zuerst auf eine solche Karte fällt - gleich klargeworden, daß "Pfalz" eben nicht die rheinland-pfälzische Pfalz ist, sondern die alte Kurpfalz. Und die Karte, die in der Einleitung als "fränkische Gaueinteilung" wiedergegeben ist, scheint doch schlichtweg Unsinn zu sein, da sie wohl einen spätmittelalterlichen Zustand wiedergibt, aber mit "fränkischer" Einteilung (Lobdengau, Oberrheingau etc.) nichts, aber auch gar nichts zu tun hat.

Das Werk setzt den bereits vor einigen Jahren erschienenen Reiseführer "Romanik in der Pfalz" fort, ein Werk, das ebenfalls nicht an der Rheingrenze stehenbleibt, sondern die rechtsrheinische Pfalz zwischen Lorsch und Lobenfeld mit einschließt.


Leonhard Emmerling: Gotik und Renaissance in der Pfalz. Pfalz Kulturreisen. Landau: Pfälz. Verlags-Anstalt, 1994
Richard W. Gassen: Romanik in der Pfalz. Das Zeitalter der Salier und Staufer. Pfalz Kulturreisen. Landau: Pfälz. Verlags-Anstalt, 1991


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