Jüngst feiert der Freiburger Ortsteil Lehen ausgiebig den
500. Jahrestag des Bauernaufstandes von 1513, bzw. genauer formuliert,
die Aufdeckung zu einem geplanten Bauernaufstand, bei dem der
legendäre Joß Fritz unter dem politischen Symbol des
Bundschuhs und der Losung »Gerechtigkeit und Freiheit« wieder
einmal in Erscheinung getreten war. Über den um 1470 in
Untergrombach bei Bruchsal geborenen Bauernsohn weiß man
herzlich wenig, umso verdienstvoller ist es, dass sich Thomas
Adam auf langjährige Spurensuche begeben hat, die 2002 zu
einer ersten Veröffentlichung zum Thema führte. Zuerst
untersucht Adam die Situation am Herkunftsort, der zum Hochstift
Speyer gehörte, mit der Dreiteilung der Lehensleute, die
an die unterschiedliche Verteilung von Grundbesitz gebunden war.
In Untergrombach gab es 1740 nur eine Familie Fritz, sodass anzunehmen
ist, dass Joß Fritz dieser Familie entstammt. Adam geht
auch auf die immer wieder aufflammende Diskussion um den Namen
des Bundschuhanführers ein, und führt Joß als
Vorname auf »Jodocus« zurück, einen damals recht
gebräuchlichen Namen.
Doch bei der Frage warum und wann im Leben des Bauernsohns eine
Radikalisierung erfolgte oder sich ein Schlüsselerlebnis
dazu festmachen lässt, kann man auf keinerlei Angaben, am
wenigsten von Joß Fritz selbst, zurückgreifen. Schon
um 1460 tauchen aufständische Bewegungen unter dem Zeichen
des Bundschuhs in Engen am Hegau oder 1493 in Schlettstadt auf. »Frei
sein wie ein Schweizer« war Losung und Ziel sogleich. 1502
organisierte »Joß Fritz seinen ersten Bundschuhaufstand«. Über
mehrere Monate war er unterwegs und knüpfte Verbindungen
zu Gleichgesinnten, die wie ein Geheimbund, eine »Untergrundorganisation« funktionierten.
Für den öffentlichen Auftritt, der sich 1502 mit der
Bitte um Ermäßigung der Abgaben bot, sollte auch eine
symbolhaltige Fahne angefertigt werden, mit dem aufgemalten Leitspruch »Nichts
denn die Gerechtigkeit Gottes«.
Auf einer Schafweide bei Untergrombach trafen sich an Ostern
1502 40 entschlossene Anhänger, jedoch war ihr Vorhaben
verraten worden - rund 100 Mitglieder des Bundschuhs wurden gehängt,
enthauptet, ihnen wurden die Augen ausgestochen und Finger abgehackt.
Joß Fritz kann entkommen und sich fast zehn Jahre, und
ohne ein offizielles Lebenszeichen zu hinterlassen, verstecken.
In dieser Zeit verheiratet es sich mit Else Schmid aus Nenzingen
bei Stockach, was ja in nicht all zu weit von der Schweizer Grenze
entfernt liegt und vielleicht einen Hinweis auf einen möglichen
Aufenthaltsort geben mag. Beide gelangen um 1510 in den Breisgau.
Dort setzen sie ihre Werbemaßnahmen für die Sache
des Bundschuhs erfolgreich fort.
Auf der Hartmatte, nördlich von Betzenhausen und Lehen
gelegen, trafen sich um den 23. September 1513 einige Gleichgesinnte
unter der neu angefertigten Bundschuhfahne, die eine Organisationsform
beschlossen und einen Ort vereinbarten, an dem sie los zu schlagen
gedachten. Als Ort der ersten Revolte hatte man den Kirchweihtag
in Biengen ausgesucht. Jedoch wird auch dieser Versuch verraten
- die Teilnehmer wiederum hart bestraft. Joß Fritz kann
wiederum entkommen und trifft in Seewen, südlich von Basel
ein, wo er sich im Oktober mit den wenig verbliebenen Getreuen
von Lehen nochmals trifft.
Ab diesem Zeitpunkt taucht der umtriebige Joß Fritz an
unterschiedlichen Orten auf, überall entlang des Hochrheins
flackern kleinere Aufstände, die im weit verzweigten und
geographisch ausgedehnten Bundschuh-Netzwerk des Jahres 1517
gipfeln, das »die Historiker immer wieder vor ein Rätsel
gestellt hat«, wie Adam meint. 1524 waren es die Bauern
in Süddeutschland »vom Hegau über den Schwarzwald
bis zum Breisgau, vom Bodenseeraum bis ins Allgäu«,
die an das Vermächtnis von Joß Fritz anknüpften
und ihre »Artikel« aufstellten, deren Forderungen
1525 in den Auseinandersetzungen des Bauernkriegs mündeten.
In Stühlingen soll Joß Fritz zum letzten Mal bei einem
Bauernhaufen gesehen worden sein, doch sein dortiges Erscheinen
kann realitätsgetreuer Überlieferung, aber auch hoffnungsfroher
Projektion geschuldet sein. So wie der Lebensanfang des Joß liegt
auch sein Ende im Dunkeln, dieser Umstand, vor allem aber sein
unstetes revolutionäres Leben haben bis in die neuere Zeit
Auswirkungen in der Literatur, Musik und darstellenden Kunst
gezeitigt. Adams ausführliche Rezeptionsgeschichte zeigt
die Verwendung der Bundschuhbewegung mit Joß Fritz in der
NS-Zeit sowie in der DDR und BRD, dort gerade 1975 bei Anti-AKW-Demonstrationen
in Wyhl, die sich zudem im Jahr der 450. Wiederkehr des Bauernkriegs
ereigneten. Lohnend wäre in diesem Zusammenhang sicherlich
eine Untersuchung der Frage, inwieweit historische Symbole (Bundschuhfahne,
Heckerhut...) im Laufe der Zeit eine Veränderung ihres ursprünglichen
Sinngehalts erfahren.
Unerwähnt bleibt leider die beeindruckende Arbeit, die
der ehemalige Stühlinger Rektor Elmar Zimmermann mit seinen
beeindruckenden Bildern und Schriften zum Bauernkrieg angefertigt
hat und die lesenswerte Abhandlung des Dadaisten Hugo Ball. Zur
praktischen Ergänzung der Lektüre empfiehlt sich in
Freiburg-Lehen der Besuch des 3,4 km langen Bundschuhpfades mit
14 informativen Schautafeln und der Bundschuh-Eiche des Holzbildhauers
Thomas Rees. Hubert Matt-Willmatt
Gustav Oberholzer: Zur Entwicklungsgeschichte von Herd, Kunst
und Ofen im südlichen Schwarzwald. Schopfheim: Uehlin Print
und Medien GmbH, Format DIN A4, 50 Seiten, ISBN 978-3-932738-64-7,
4,85 €
Was hat die Kunst mit der Kunst zu tun? Das ist der Autor schon
viele Male gefragt worden, wenn er Fremden die Wirkungsweise
unserer »Chunst«, der steinernen Ofenbank in unseren
Stuben, erklärt hat. Das wird vor allem auch in Bauernhausmuseen,
die noch eine »Chunst« haben, viel gefragt. Da zur
Beantwortung dieser Frage nur spärlich Literatur greifbar
ist, hat sich der Autor auf den Weg gemacht, nach den Ursprüngen
dieses Namens zu suchen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass
alle drei Wärmequellen in unseren Häusern, der Herd,
die Kunst und der Ofen, in ihrem geschichtlichen Zusammenhang
gesehen werden müssen. Der Autor beschreibt die Entwicklung
für einen Zeitraum von rund 1000 Jahren, vom 9. Jahrhundert
bis um 1900, und zeigt dabei auf, wie die »Chunst« eng
mit der Erfindung des Sparherdes, also mit dem geschlossenen
Herd, verbunden ist. Zuvor war der Herd eine offene Feuerstelle,
so wie sie in fast allen Teilen Europas noch bis in das 19. Jahrhundert
bestanden hat. Deshalb ist gerade der alemannische Raum so bedeutsam
für die Entwicklung der Feuerungskunst; hier wurde die Grundlage
für unsere heutigen Herde gelegt. Gustav Oberholzer, im
Markgräflerland und im Wiesental aufgewachsen, war Professor
für Landentwicklung an der Universität der Bundeswehr
in München. Im Südschwarzwald und auf dem Hotzenwald
hat er zahlreiche Museen mit eingerichtet, so unter anderem den »Schneiderhof« in
Steinen-Kirchhausen und das Heimatmuseum in Görwihl. Für
sein vielseitiges Engagement im Bereich der Einrichtung von ländlichen
Museen und seiner heimatgeschichtlichen Aktivitäten erhielt
Gustav Oberholzer im Jahre 1994 die Johann Peter Hebel-Gedenkplakette
der Gemeinde Hausen im Wiesental verliehen. .
Elmar Vogt |