Rezensionen


 

Adam, Thomas: Joß Fritz - das verborgene Feuer der Revolution. 3. aktualisierte, überarbeitete und ergänzte Auflage. Unterstützt vom Ortschaftsrat Lehen, der Stadt Freiburg und dem Geschichtskreis Betzenhausen-Bischofslinde.
360 Seiten mit 173, z.T. farbigen Abb., fester Einband, verlag regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2013, ISBN 978-3-89735-777-8, 24,80 €

 

Jüngst feiert der Freiburger Ortsteil Lehen ausgiebig den 500. Jahrestag des Bauernaufstandes von 1513, bzw. genauer formuliert, die Aufdeckung zu einem geplanten Bauernaufstand, bei dem der legendäre Joß Fritz unter dem politischen Symbol des Bundschuhs und der Losung »Gerechtigkeit und Freiheit« wieder einmal in Erscheinung getreten war. Über den um 1470 in Untergrombach bei Bruchsal geborenen Bauernsohn weiß man herzlich wenig, umso verdienstvoller ist es, dass sich Thomas Adam auf langjährige Spurensuche begeben hat, die 2002 zu einer ersten Veröffentlichung zum Thema führte. Zuerst untersucht Adam die Situation am Herkunftsort, der zum Hochstift Speyer gehörte, mit der Dreiteilung der Lehensleute, die an die unterschiedliche Verteilung von Grundbesitz gebunden war.
In Untergrombach gab es 1740 nur eine Familie Fritz, sodass anzunehmen ist, dass Joß Fritz dieser Familie entstammt. Adam geht auch auf die immer wieder aufflammende Diskussion um den Namen des Bundschuhanführers ein, und führt Joß als Vorname auf »Jodocus« zurück, einen damals recht gebräuchlichen Namen.

Doch bei der Frage warum und wann im Leben des Bauernsohns eine Radikalisierung erfolgte oder sich ein Schlüsselerlebnis dazu festmachen lässt, kann man auf keinerlei Angaben, am wenigsten von Joß Fritz selbst, zurückgreifen. Schon um 1460 tauchen aufständische Bewegungen unter dem Zeichen des Bundschuhs in Engen am Hegau oder 1493 in Schlettstadt auf. »Frei sein wie ein Schweizer« war Losung und Ziel sogleich. 1502 organisierte »Joß Fritz seinen ersten Bundschuhaufstand«. Über mehrere Monate war er unterwegs und knüpfte Verbindungen zu Gleichgesinnten, die wie ein Geheimbund, eine »Untergrundorganisation« funktionierten. Für den öffentlichen Auftritt, der sich 1502 mit der Bitte um Ermäßigung der Abgaben bot, sollte auch eine symbolhaltige Fahne angefertigt werden, mit dem aufgemalten Leitspruch »Nichts denn die Gerechtigkeit Gottes«.

Auf einer Schafweide bei Untergrombach trafen sich an Ostern 1502 40 entschlossene Anhänger, jedoch war ihr Vorhaben verraten worden - rund 100 Mitglieder des Bundschuhs wurden gehängt, enthauptet, ihnen wurden die Augen ausgestochen und Finger abgehackt. Joß Fritz kann entkommen und sich fast zehn Jahre, und ohne ein offizielles Lebenszeichen zu hinterlassen, verstecken. In dieser Zeit verheiratet es sich mit Else Schmid aus Nenzingen bei Stockach, was ja in nicht all zu weit von der Schweizer Grenze entfernt liegt und vielleicht einen Hinweis auf einen möglichen Aufenthaltsort geben mag. Beide gelangen um 1510 in den Breisgau. Dort setzen sie ihre Werbemaßnahmen für die Sache des Bundschuhs erfolgreich fort.

Auf der Hartmatte, nördlich von Betzenhausen und Lehen gelegen, trafen sich um den 23. September 1513 einige Gleichgesinnte unter der neu angefertigten Bundschuhfahne, die eine Organisationsform beschlossen und einen Ort vereinbarten, an dem sie los zu schlagen gedachten. Als Ort der ersten Revolte hatte man den Kirchweihtag in Biengen ausgesucht. Jedoch wird auch dieser Versuch verraten - die Teilnehmer wiederum hart bestraft. Joß Fritz kann wiederum entkommen und trifft in Seewen, südlich von Basel ein, wo er sich im Oktober mit den wenig verbliebenen Getreuen von Lehen nochmals trifft.

Ab diesem Zeitpunkt taucht der umtriebige Joß Fritz an unterschiedlichen Orten auf, überall entlang des Hochrheins flackern kleinere Aufstände, die im weit verzweigten und geographisch ausgedehnten Bundschuh-Netzwerk des Jahres 1517 gipfeln, das »die Historiker immer wieder vor ein Rätsel gestellt hat«, wie Adam meint. 1524 waren es die Bauern in Süddeutschland »vom Hegau über den Schwarzwald bis zum Breisgau, vom Bodenseeraum bis ins Allgäu«, die an das Vermächtnis von Joß Fritz anknüpften und ihre »Artikel« aufstellten, deren Forderungen 1525 in den Auseinandersetzungen des Bauernkriegs mündeten. In Stühlingen soll Joß Fritz zum letzten Mal bei einem Bauernhaufen gesehen worden sein, doch sein dortiges Erscheinen kann realitätsgetreuer Überlieferung, aber auch hoffnungsfroher Projektion geschuldet sein. So wie der Lebensanfang des Joß liegt auch sein Ende im Dunkeln, dieser Umstand, vor allem aber sein unstetes revolutionäres Leben haben bis in die neuere Zeit Auswirkungen in der Literatur, Musik und darstellenden Kunst gezeitigt. Adams ausführliche Rezeptionsgeschichte zeigt die Verwendung der Bundschuhbewegung mit Joß Fritz in der NS-Zeit sowie in der DDR und BRD, dort gerade 1975 bei Anti-AKW-Demonstrationen in Wyhl, die sich zudem im Jahr der 450. Wiederkehr des Bauernkriegs ereigneten. Lohnend wäre in diesem Zusammenhang sicherlich eine Untersuchung der Frage, inwieweit historische Symbole (Bundschuhfahne, Heckerhut...) im Laufe der Zeit eine Veränderung ihres ursprünglichen Sinngehalts erfahren.

Unerwähnt bleibt leider die beeindruckende Arbeit, die der ehemalige Stühlinger Rektor Elmar Zimmermann mit seinen beeindruckenden Bildern und Schriften zum Bauernkrieg angefertigt hat und die lesenswerte Abhandlung des Dadaisten Hugo Ball. Zur praktischen Ergänzung der Lektüre empfiehlt sich in Freiburg-Lehen der Besuch des 3,4 km langen Bundschuhpfades mit 14 informativen Schautafeln und der Bundschuh-Eiche des Holzbildhauers Thomas Rees. Hubert Matt-Willmatt

Gustav Oberholzer: Zur Entwicklungsgeschichte von Herd, Kunst und Ofen im südlichen Schwarzwald. Schopfheim: Uehlin Print und Medien GmbH, Format DIN A4, 50 Seiten, ISBN 978-3-932738-64-7, 4,85 €
Was hat die Kunst mit der Kunst zu tun? Das ist der Autor schon viele Male gefragt worden, wenn er Fremden die Wirkungsweise unserer »Chunst«, der steinernen Ofenbank in unseren Stuben, erklärt hat. Das wird vor allem auch in Bauernhausmuseen, die noch eine »Chunst« haben, viel gefragt. Da zur Beantwortung dieser Frage nur spärlich Literatur greifbar ist, hat sich der Autor auf den Weg gemacht, nach den Ursprüngen dieses Namens zu suchen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass alle drei Wärmequellen in unseren Häusern, der Herd, die Kunst und der Ofen, in ihrem geschichtlichen Zusammenhang gesehen werden müssen. Der Autor beschreibt die Entwicklung für einen Zeitraum von rund 1000 Jahren, vom 9. Jahrhundert bis um 1900, und zeigt dabei auf, wie die »Chunst« eng mit der Erfindung des Sparherdes, also mit dem geschlossenen Herd, verbunden ist. Zuvor war der Herd eine offene Feuerstelle, so wie sie in fast allen Teilen Europas noch bis in das 19. Jahrhundert bestanden hat. Deshalb ist gerade der alemannische Raum so bedeutsam für die Entwicklung der Feuerungskunst; hier wurde die Grundlage für unsere heutigen Herde gelegt. Gustav Oberholzer, im Markgräflerland und im Wiesental aufgewachsen, war Professor für Landentwicklung an der Universität der Bundeswehr in München. Im Südschwarzwald und auf dem Hotzenwald hat er zahlreiche Museen mit eingerichtet, so unter anderem den »Schneiderhof« in Steinen-Kirchhausen und das Heimatmuseum in Görwihl. Für sein vielseitiges Engagement im Bereich der Einrichtung von ländlichen Museen und seiner heimatgeschichtlichen Aktivitäten erhielt Gustav Oberholzer im Jahre 1994 die Johann Peter Hebel-Gedenkplakette der Gemeinde Hausen im Wiesental verliehen. .

Elmar Vogt

4/2014
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