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Seit
16. September 2014 ist im Bröhan-Museum in einer veränderten
Ausstellungsarchitektur eine Neupräsentation der reichen
Bestände aus der Epoche des Jugendstil zu sehen. Gezeigt
werden beispielsweise Werke von der Pariser Weltausstellung 1900,
der Arts and Crafts-Bewegung, der Wiener Werkstätte, von
Künstlern und Firmen wie Alfons Mucha, Alfred Grenander,
Henry van de Velde, Johann Loetz Wwe., Peter Behrens und Bruno
Paul. Die Ausstellung präsentiert Möbel, Grafik, Porzellan,
Glas, Textilien und Metall.
Hermann Keimel/Vereinigte Kunstanstalten A.G., München,
Plakat "Arche Noah Künstlerfest", 1913. Farblithografie,
Bröhan-Museum, Berlin. Foto: Martin Adam, Berlin
Der Jugendstil wird in der Neupräsentation als gesellschaftliches
Phänomen dargestellt. Wie immer man die Bewegung bezeichnet – ob
Jugendstil, Art Nouveau, Secessionsstil oder Stile Liberty – sie
war mehr als nur eine Stilrichtung. Dahinter stand vielmehr der
Versuch, eine neue, alle Lebensbereiche umfassende Ästhetik
zu entwickeln. Es wurden gestalterische Antworten gesucht auf
Widersprüche, die direkt oder indirekt mit der Industrialisierung
zusammenhingen. Die Natur war nicht nur Inspirationsquelle für
eine neue Ornamentik, sondern auch Leitbild für ein besseres
Lebensmodell. Symbolismus, Traum- und Märchenwelten prägten
die Motivik und ließen die oftmals wenig erfreuliche Realität
des Alltags vergessen.
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Der
Rundgang beginnt mit den Zeitschriften „Jugend“ – die
der Bewegung in Deutschland ihren Namen gegeben hat – und „Simplicissimus“.
Beide Zeitschriften erschienen seit den 1890er Jahren. Sie hatten
zum Ziel, neue, unverbrauchte Ausdrucksformen zu entwickeln und
diese auch in der Gesellschaft zu verbreiten. Dialogisch dazu
werden Beispiele moderner Möbel und Silberarbeiten aus Großbritannien
gezeigt. Die englische Arts and Crafts-Bewegung kann als wichtiger
Impulsgeber für die Erneuerung der Angewandten Kunst angesehen
werden.
Walter Crane/Edmund Evans, Buch "A floral fantasy
in an old english garden." 1899. Papier, illustriert.
Bröhan-Museum, Berlin. Foto: Martin Adam, Berlin
Der zweite Raum ist der Pariser Weltausstellung von 1900 gewidmet.
Historische Ansichten der gigantischen Ausstellungsbauten werden
mit Jugendstilobjekten aus Glas, Porzellan und Zinn konfrontiert.
Ein weiterer Themenschwerpunkt der Neupräsentation betrifft
die Art Nouveau-Bewegung in Frankreich, für die die Pariser
Galerie „L’Art Nouveau“ von Siegfried Bing
namensgebend wurde. Das im Bröhan-Museum gezeigte Speisezimmermobiliar
von Eugène Gaillard entstand im Auftrag von Bing. Die
lothringische Variante des „neuen Stils“ wird mit
Mobiliar von Louis Majorelle sowie Glasobjekten von Émile
Gallé und Daum Frères veranschaulicht.
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Mit
Hector Guimard und Alfred Grenander wird an zwei Gestalter erinnert,
die sich nicht nur der Einrichtungskunst, sondern auch dem neuen
Verkehrsmittel Untergrundbahn widmeten: der Métro in Paris
und der U-Bahn in Berlin. Im Paris der Jahrhundertwende war neben
Siegfried Bings Galerie „L‘Art Nouveau“ das
Einrichtungshaus „La Maison Moderne“ eine bekannte
Adresse. Eine Vorstellung von den Dingen, die man dort kaufen
konnte, vermitteln verschiedene Porzellane, Metallobjekte und
ein Plakat von Maurice Biais. Der flämisch-belgische Künstler
Henry van de Velde ist in der Neupräsentation im Bröhan-Museum
mit seinem sogenannten „Uccle-Mobiliar“ vertreten.
Hector Guimard: Buffet, 1899. Kirschholz, Messingbeschläge,
Glas. Bröhan-Museum, Berlin. Foto: Martin Adam, Berlin
Dass der Jugendstil in seinen regionalen Varianten zu sehr
unterschiedlichen Gestaltungsformen fand, wird bei der Auswahl
von Werken der Wiener Werkstätte, der Darmstädter
Mathildenhöhe und von Heinrich Vogeler aus Worpswede deutlich.
Zwischen Handwerk und Industriedesign wiederum bewegen sich
die Entwürfe von Peter Behrens, Richard Riemerschmid und
Bruno Paul. Der Rundgang endet mit dem „Typenmöbel“-
oder „Werkbundstreit“ der Kölner Werkbundausstellung
von 1914 und weist damit bereits über die eigentliche
Jugendstilepoche hinaus in die weitere Designgeschichte des
20. Jahrhunderts.
Kuratoren der Ausstellung: Dr. Tobias Hoffmann, Dr. Claudia
Kanowski, Alexandra Panzert M.A.
Öffnungszeiten: Di bis So von 10 bis 18 Uhr und an allen
Feiertagen (Pfingstmontag geschlossen)
Eintritt: 8,- €, erm. 5,- €
Icon-Motiv: Alphonse Mucha, Plakat "JOB", 1898.
Bröhan-Museum, Berlin. Foto: © Mucha Trust 2014
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