29.1.13
Die Straßburger Eide: Das erste Schriftstück in französischer Sprache
Noch bis 10. Februar 2013 im
Historischen Museum der Stadt Straßburg
Am 14. Februar 842 trafen sich in Straßburg zwei Enkel Karls
des Großen, Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle, um sich
gegen ihren älteren Bruder Lothar zu verbünden, der die
Oberhoheit über das gesamte Reich für sich beanspruchte.
Zur Bekräftigung ihrer Übereinkunft leisteten die beiden
Verbündeten einen Eid in der Sprache des anderen. Karl, der
die Westfranken anführte, schwor auf Althochdeutsch bzw. in
einem rheinfränkischen Dialekt, der ostfränkische Herrscher
Ludwig in einer romanischen Sprache. Mit dem ein Jahr darauf abgeschlossenen
Vertrag von Verdun wurde die Teilung des von Karl dem Großen
im Jahr 800 neubegründeten Reiches besiegelt. Ab dieser Zeit
bildeten sich die verschiedenen europäischen Völker mit
eigenen Sprachen und unterschiedlichen politischen Systemen heraus.
In den Straßburger Eiden gelobten sich Ludwig und Karl Beistand
gegen ihren Bruder Lothar. Bekräftigt wurde das Versprechen
durch den öffentlich geleisteten Schwur der beiden Heere,
die sich verpflichteten, ihrem Herrscher den Gehorsam zu verweigern,
sollte dieser nicht Wort halten. Die beiden Brüder waren zwar
nicht durchgängig zusammen aufgewachsen, verstanden aber die
Sprache des anderen gut und waren in der Lage, den Eid in der anderen
Sprache nachzusprechen. Ihre Gefolgsleute schworen dagegen in ihrer
eigenen Sprache.
Die Straßburger Eide wurden in zwei gleichlautenden Fassungen
aufgesetzt und sind damit auch der erste zweisprachige Vertrag.
Im 9. Jahrhundert war Latein die alleinige Schriftsprache in Europa,
daher können die Straßburger Eide als die Geburtsurkunde
der französischen Sprache gelten; die althochdeutsche Fassung
stellt das zweite oder dritte Dokument in deutscher Sprache dar.
Der Geschichtsschreiber Nithard, ein unehelicher Sohn der Tochter
Karls des Großen, beschrieb die Umstände des Zustandekommens
der Straßburger Eide und nahm in seine Chronik auch die beiden
Texte auf, die er vermutlich direkt vom Original abschrieb. Überliefert
wurden die Eide in einer in Soissons angefertigten Abschrift dieser
Quelle aus dem 10. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert kaufte die schwedische
Königin Christina das Manuskript und nahm es mit nach Rom,
wo sie 1689 starb. Es wurde daraufhin vom Papst für die Bibliothek
des Vatikans erworben. 1798 besetzte die französische Armee
Rom und nahm eine Reihe von Manuskripten mit nach Paris. 1815 wurden
diese mit Ausnahme der Straßburger Eide zurückgegeben.
Heute befinden sie sich in der Bibliothèque Nationale de
France in Paris.

Der Eid in altfranzösisch: Pro Deo amur et pro christian
poblo et nostro commun salvament, d'ist di en avant, in quant
Deus savir
et podir me dunat, si salvarai eo cist meon fradre Karlo, et in
adiudha et in cadhuna cosa, si cum om per dreit son fradra salvar
dist, in o quid il mi altresi fazet, et ab Ludher nul plaid numquam
prindrai qui meon vol cist meon fradre Karle in damno sit. (Pour
l'amour de Dieu et pour le salut commun du peuple chrétien
et le nôtre, à partir de ce jour, pour autant que
Dieu m'en donne le savoir et le pouvoir, je soutiendrai mon frère
Charles, ici présent de mon aide matérielle et en
toute chose, comme on doit justement soutenir son frère, à condition
qu'il m'en fasse autant et je ne prendrai aucun arrangement avec
Lothaire qui, à mon escient, soit au détriment de
mon frère Charles. - Für die Liebe Gottes und des christlichen
Volkes und unser aller Erlösung, von diesem Tage an, soweit
mir Gott Wissen und Können gibt, werde ich meinem Bruder Karl
beistehen, sowohl in der Hilfeleistung als auch in jeder anderen
Angelegenheit, so wie man seinem Bruder beistehen soll, auf dass
er mir genauso tue, und ich werde niemals ein Abkommen mit Lothar
treffen, das willentlich meinem Bruder Karl zum Schaden sei.- Übersetzung
nach Wikipedia)
Text
und Bild (und Ausschnitt) Musées de Strasbourg, Foto: E. Laemmel |