14.4.14
Bevor Würzburg zu Bayern kam
Sonderausstellung »So wohnte der Großherzog« erinnert
an die Regierungszeit des Habsburgers Ferdinand III. von Toskana
als Großherzog von Würzburg (1806–1814) (bsv)
Insgesamt 26 Räume in der Residenz Würzburg hatte
Großherzog Ferdinand mit kostbaren Stoffen und edlen
Möbeln im Empire-Stil einrichten lassen. Erstmals nach
70 Jahren zeigt die Ausstellung »So
wohnte der Großherzog. Die vergessenen Empiremöbel
der Residenz Würzburg« in der Residenz wieder eine
repräsentative Auswahl von über 80 Einrichtungsgegenständen.
Sie lässt den Besucher bis zum 31. Dezember eintauchen
in eine fast vergessene Epoche der Würzburger Geschichte: "Ferdinand
war ein Platzhalter höherer Mächte, aber bei Leibe
kein Platzhirsch, wie ihn sich die Würzburger, die sich
schon eine 'Würzburger Nation' erträumten, gewünscht
hatten“, erinnert der Präsident der Bayerischen
Schlösserverwaltung, Bernd Schreiber, bei der Eröffnung
der Ausstellung am Freitag an den diplomatischen und kunstsinnigen
Großherzog Ferdinand.
"Die exquisite Würzburger Empire-Ausstattung gehört
zum Besten, was diese prunkvolle Variante des Klassizismus
hervorgebracht hat. Da die Räume 1945 zerstört wurden,
zeigen wir die geretteten und jetzt restaurierten Möbel
vor raumhohen historischen Fotos", erklärt Dr. Werner
Helmberger, zuständiger Museumsreferent der Bayerischen
Schlösserverwaltung für die Residenz Würzburg
und Kurator der Ausstellung.
Zu bewundern sind Polstermöbel mit überraschend
farbigen Stoffen, vergoldete Bronzen, mannshohe Kandelaber
und Kronleuchter mit Ägypterköpfen oder Stühle,
die aus geschnitzten Schwertern, Säbeln und Pfeilen gebildet
sind. Die Garnitur aus dem Boudoir der Toskanazimmer ist ganz
mit Schwänen verziert, der Tisch wird von drei sehr aufwändig
geschnitzten und mit silbernen Augen und Schnäbeln versehenen
Schwänen getragen.
Ein Kinderkarussell: Vergnügen für Prinzen und Prinzessinnen Prunkstück der Ausstellung ist ein ganz besonderes Spielzeug,
das der Großherzog für seine Kinder anfertigen ließ:
Ein von Dienern angeschobenes Karussell, für das sich
noch viele Zubehörteile erhalten haben, diente dem Prinzen
und den Prinzessinnen als exklusives Vergnügen. Mit gefährlich
spitzen Lanzen konnten die jungen Reiter einem Holzkopf die
Pappnase abschlagen oder gleich einen ganzen Kopf abwerfen.
Das Karussell, eine Leihgabe des Wittelsbacher Ausgleichsfonds,
wurde anlässlich der Sonderschau auf Dauer von München
nach Würzburg gebracht.

Karussell für die Kinder Ferdinands III.
Bild oben: Tisch der "Schwanengarnitur" aus dem Boudoir
der Toskanazimmer
Fotos:
BSV / Maria Scherf Andrea Gruber, Rainer Herrmann
Wie kam ein Habsburger nach Würzburg? Großherzog Ferdinand III. von Toskana (1769–1824) – Sprössling
des Hauses Habsburg-Lothringen und Bruder von Kaiser Franz
II. – wurde von französischen Truppen während
der Koalitionskriege aus der Toskana verdrängt. Im Frieden
von Preßburg wurde ihm 1805 das säkularisierte Hochstift
Würzburg als Ersatz zugesprochen, das er von 1806 bis
1814 unter den wachsamen Augen Napoleons regierte. Ferdinand
III. – Witwer und Vater dreier Kinder – ließ drei
Appartements in der Residenz für sich und seine Familie
umgestalten. Den Auftrag zur Gestaltung erhielt der aus Frankreich
stammende Architekt Nicolas-Alexandre Salins de Montfort. Nach
Napoleons Absetzung fiel Würzburg 1814 an das Königreich
Bayern. Ferdinand III. übernahm wieder seine Herrschaft
in der Toskana und Kronprinz Ludwig (I.) von Bayern ließ die
unvollendeten Appartements weiter ausstatten. 1945 wurden die
Toskana-Zimmer zerstört, doch von etwa 400 Einrichtungsgegenständen
konnten rund 230, wenn auch teilweise beschädigt, gerettet
werden.
Spendenaktion: Geben Sie den Pharaoninnen ein neues Gesicht
Die Ausstellung erinnert auch daran, dass etwa 150 weitere
gerettete Möbel der Toskanazeit noch restaurierungsbedürftig
im Würzburger Depot stehen. Um die Restaurierungsarbeiten
an den Möbeln weiter fortführen zu können, wurde
die Aktion "Geben Sie den Pharaoninnen ein neues Gesicht" ins
Leben gerufen. Während der Laufzeit der Ausstellung können
sich die Besucher mit einem individuellen Beitrag an der Restaurierungskampagne
der wertvollen Empiremöbel beteiligen.
So wohnte der Großherzog. Die vergessenen Empiremöbel
der Residenz Würzburg (12. April bis 31. Dezember 2014)
Die Sonderausstellung ist im Museumsrundgang
der Residenz Würzburg integriert. Zur Ausstellung ist
ein Bildheft erschienen, das für fünf Euro im Museumsshop
erhältlich ist. |