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20.3.25

Erkenbert-Museum Frankenthal

Seltene Tapisserie aus dem 16. Jahrhundert kehrt nach Frankenthal zurück

Ein bedeutendes Stück Frankenthaler Kunstgeschichte

(emf) Ein einzigartiger Bildteppich aus dem späten 16. Jahrhundert mit dem Titel „David und Abigail“ kehrte jetzt ins Erkenbert-Museum Frankenthal zurück. Das hochqualitative Kunstwerk, das mit wertvollen Gold- und Silberfäden veredelt ist, repräsentiert die erstklassige Tapisserieproduktion der damaligen Frankenthaler Werkstätten und wird künftig einen zentralen Platz in den neu gestalteten Ausstellungsräumen des Erkenbert-Museums einnehmen.

Tapisserie mit dem alttestamantarischen König David und Abigail. David steht, Abigail kniet vor ihmTapisserie "David und Abigail"

Erkenbert-Museum Frankenthal (Pfalz) - erworben mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung.
Foto: Aljosha Wohlgemuth

Der Bildteppich wurde der Stadt Frankenthal aus dem Londoner Kunsthandel (S Franses Gallery) angeboten. Der Ankauf dieses bedeutenden Kunstwerks, vermittelt durch den renommierten Tapisserie-Experten Dr. Hanns Hubach (Universität Bern), stellt einen Meilenstein für die Kunst- und Stadtgeschichte Frankenthals dar.

„Das Erkenbert-Museum Frankenthal stand vor einer einmaligen Gelegenheit und nutzte die Chance, dieses Stück unserer Kulturgeschichte zurück zu holen“ bedankt sich Oberbürgermeister Dr. Nicolas Meyer bei der Leiterin des Museums, Dr. Maria Lucia Weigel. Für die Museumsleiterin unterstreicht der Erwerb und die Präsentation dieses einzigartigen Stücks die Bedeutung des Erkenbert-Museums und seiner Sammlung für das Kulturerbe der Region und darüber hinaus.

Die sogenannte Frankenthaler Tapisserie – „David und Abigail“
„Uns ist es ein besonderes Anliegen, kulturgeschichtlich bedeutsame Kulturgüter für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Im Schulterschluss mit weiteren Förderern ist es im vergangenen Jahr gelungen, mit dem Erwerb des Bildteppichs „David und Abigail“ aus dem Londoner Kunsthandel ein Stück Frankenthaler Stadtgeschichte für das Erkenbert-Museum zu gewinnen. Die einzigartige Tapisserie besticht durch die ausgesprochen virtuose Gestaltung des biblischen Motivs, dessen hohe bildwirksame Qualität sowie ihren sehr guten Erhaltungszustand. Besonders beeindruckend ist zudem die Materialität des Bildteppichs: während der Grund aus einfachen Wollfasern besteht, wurden neben buntgefärbter Seide auch wertvolle Silber- und Metallfäden verwendet, die den ideellen wie materiellen Wert des Teppichs steigern.
Mit diesem schönen Objekt kehrt eine herausragende handwerkliche Leistung des späten 16. Jahrhundert zurück in ihren ursprünglichen Entstehungskontext“, freut sich Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung.

Kulturstaatssekretär Jürgen Hardeck vom Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz betonte: 
„Der Bildteppich ‚David und Abigail' ist eine hervorragende Ergänzung der umfangreichen Sammlung des Frankenthaler Stadtmuseums und ein wahrer Glücksfall. Denn er stammt mit großer Wahrscheinlichkeit aus einer Frankenthaler Werkstatt und repräsentiert die hohe Kunstfertigkeit der hiesigen Teppichproduktion im 16. Jahrhundert. Es ist daher besonders erfreulich, dass dieser Bildteppich nun wieder am Ort seiner Herstellung zu sehen ist. Das Stück fügt sich wunderbar in die Sammlung des Museums neben der Malerei und dem Kunsthandwerk niederländischer Glaubensflüchtlinge ein – denn diese brachten damals auch ihr Wissen und Können zur Teppichkunst mit in die Region.“

Die Tapisserie
Die Tapisserie, gefertigt in einem Frankenthaler Wirkatelier und datiert auf etwa 1575/80, ist ein seltenes „Kaminstück“ von nur 119 x 117 cm. Sie zeigt eine außergewöhnliche Komposition, die Einflüsse aus Oudenaarde und Brüssel vereint und stilistische Gemeinsamkeiten mit Werken der berühmten Frankenthaler Wirkerfamilie von Jakob und Moritz De Carmes aufweist. Diese flämischen Einwanderer prägten die Tapisseriekunst Frankenthals im 16. Jahrhundert maßgeblich. Aufgrund dieser besonderen Merkmale wird das Werk dem Atelier von Moritz De Carmes zugeschrieben, das u. a. für Herzog Christoph von Württemberg arbeitete.

Finanzierung
Die Stadt Frankenthal hat den Ankauf mit einem Finanzierungsplan und den nötigen Gremienbeschlüssen in 2023 realisiert. Eigentümer sind nun die Stadt Frankenthal und die Ernst von Siemens Kunststiftung. Der Großteil der Summe wird durch Fördermittel vom Kultusministerium des Landes Rheinland-Pfalz, der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Sparkasse Rhein-Haardt und der Sparkassenstiftung Frankenthal gedeckt.

Gutachten
Unabhängige kunsthistorische und technische Gutachten überprüften die Zuschreibung und den Zustand der Tapisserie. Sie kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Bildteppich von hohen künstlerischen Wert und von technisch virtuoser Ausführung ist. Auch die Verwendung kostbarer Metallfäden weist ihn als außerordentlich qualitätvolles Beispiel der an Oudenaarde und Brüssel orientierten Teppichwirkerei in Frankenthal aus. Es handelt sich bei dem kleinformatigen Kaminstück wahrscheinlich um einen Teil einer umfangreicheren Serie.

Das Objekt hat einen enormen Seltenheitswert. Es zeigt die Stellung Frankenthals als Produktionsstätte von Kunsthandwerk auf höchstem Niveau. Es hat nicht nur große Bedeutung für die Stadtgeschichte, sondern allgemein - im Zusammenhang mit dem Zuzug niederländischer Glaubensflüchtlinge - für die Kurpfalz.

Zum Motiv:

Die Geschichte um David und Abigail aus dem 1. Buch Samuel, 25, V. 2 - 13 (nicht 1. Könige, wie auf der Tapisserie angegeben) beginnt mit der Aufforderung des Königs an den Schaf- und Ziegenzüchter Nabal, ihn für einen Feldzug mit Proviant zu unterstützen. Daviid erwartet diese Hilfe, da er Nabal zuvor dessen Herde gegen Feide geschützt hatte. Nabal lehnt ab und David rüstet sich zu einer Strafexpedition gegen ihn. Allerdings kommt ihm Nabals Frau Abigail zuvor und bietet dem König, ohne Nabals Wissen, zweihundert Brote und zwei Krüge Wein und fünf zubereitete Schafe und fünf Maß Röstkorn und hundert Rosinenkuchen und zweihundert Feigenkuchen an. Auf dem Teppich dargestellt ist die Szene, wie sie vor David niederfällt. David nimmt die Gabe erfreut an. Aigail kehrt zu Nabal zurück, der dabei ist, ein Festmahl auszurichten, und berichtet ihm alles. Da erstarb sein Herz in seinem Leibe und er ward wie Stein. Wenige Tage später stirbt er. David heiratet daraufhin Abigail.

Eine ganze Tapisserie-Serie (aus anderer Werkstatt) mit Darstellungen dieser Geschichte hängt in Schloss Bruchsal und ist dort die älteste der ausgestellten Tapisserien.

    im Detail:  
Icon obenPexels, Ksenia Chernaya   siehe auch:  
     

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