Pilotversuch Gesichtserkennung fehlgeschlagen
11. Jul 2007 15:57
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Erfolgloser Versuch:
Gesichtserkennung im Mainzer Hauptbahnhof
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Foto:
dpa | |
Rückschlag für den Anti-Terror-Kampf:
Das Bundeskriminalamt hat über Monate hinweg versucht,
Probanden per Kamera in der Menge der Passanten am Mainzer
Hauptbahnhof zu identifizieren – ohne Erfolg.
Im Oktober
vergangenen Jahres nahm das Bundeskriminalamt die Kameras am
Mainzer Hauptbahnhof in Betrieb. Auf der Suche nach neuen
leistungsstarken Fahndungssystemen wollte die
Sicherheitsbehörde in der rheinland-pfälzischen
Landeshauptstadt herausfinden, ob die Gesichtserkennung anhand
biometrischer Merkmale, also Gesichtszüge oder Augenfarbe,
funktioniert.
An dem Feldversuch hatten 200 Menschen freiwillig
teilgenommen - überwiegend Pendler, die den Bahnhof regelmäßig
besuchen. Ihre zuvor fotografierten und vermessenen Gesichter
verglichen die Gesichtserkennungs-Computer mit den Bildern der
Kameras, die an einer Treppe und einer Rolltreppe im
Eingangsbereich des Bahnhofs Bilder der täglich rund 23.000
Passanten aufnahmen.
Am Mittwoch verkündete BKA-Präsident Jörg Ziercke die
niederschmetternde Bilanz des weltweit ersten öffentlichen
Versuchs dieser Art: Die Trefferrate heutiger biometrischer
Systeme sei zu niedrig, um sie der Polizei als
Fahndungsinstrument zu empfehlen. Selbst bei besten
Lichtverhältnissen habe keines der drei erprobten Systeme mehr
als 60 Prozent der Probanden erkannt, sagte Ziercke. Der
Durchschnitt habe bei 30 Prozent gelegen.
Schäuble abraten
Die Trefferrate hing vor allem vom Licht ab
und war späten Vormittag bis zum frühen Nachmittag am
höchsten. Später fiel sie auf 10 bis 20 Prozent. Ungünstig
wirkte sich auch Bewegung aus: Bei stillstehenden Personen auf
der Rolltreppe lag die Quote zwischen fünf und 15 Prozent
höher als auf der Fußtreppe. «Das Ziel, eine Gefahr zu
verhindern, erreiche ich damit nicht», sagte Ziercke.
Erforderlich sei eine Quote von nahezu 100 Prozent.
Das polizeiliche Ziel, Terrorverdächtige, Hooligans
oder Vermisste mit Hilfe von computergestützten Kamerasystemen
aus einer Menschenmenge herauszufischen, sei mit der derzeit
zur Verfügung stehenden Technik in den kommenden fünf Jahren
nicht zu erreichen. Er werde dem Bundesinnenminister insofern
von dem System abraten. Insofern ist es eine Frag der Zeit,
dass die biometrische Gesichtserkennung die erforderliche
Trefferquote erreicht.
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Ziercke am Mittwoch in
Wiesbaden |
Foto:
dpa | |
210.000 Euro umsonst?
Das Problem dabei: Gesichtszüge oder die
Farbe und Struktur der Regenbogenhaut des Auges – all das aus
dem Strom der Bilderdaten schnell und zuverlässig zu
separieren. Hinzu kommt, dass sich aus Gesicht, Iris oder auch
aus Fingerabdrücken zwar unverwechselbare Datenmuster gewinnen
lassen.
Doch mit Ausnahme der Fingerabdrücke ändern diese
äußeren Merkmale - etwa wegen ihres Alterns. Die biometrische
Gesichtserkennung konzentriert sich deshalb auf Details, die
diesem Prozess möglichst wenig unterliegen: Die Ränder der
Augenhöhlen, sowie bestimmte Partien des Kieferknochens und
des Mundes. Doch schon eine Sonnebrille verdeckt Teile dieser
Anhaltspunkte.
Von Oktober 2006 bis Ende Januar hatten die Kameras im
Mainz gefilmt, die Computer an den Bildern gerechnet. Die
Projektkosten von etwa 210.000 Euro muss das BKA nun vorerst
abschreiben. (nz/AP/dpa)