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THEMA:   Literatur zum Thema Essen

 3 Antwort(en).

Clauka begann die Diskussion am 24.05.06 (20:18) mit folgendem Beitrag:

Hallo Kollegen auf der anderen Seite der Grenze,
ich bin in den Niederlanden Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache und suche für meine Schüler deutsche Literatur oder Gedichte zum Thema "Essen". Sollte nicht zu lang/schwer sein, aber etwas mit Niweau.
Kann mir jemand weiterhelfen?
Im Voraus vielen Dank
Clauka


Elihu antwortete am 25.05.06 (11:17):

@clauka

Es gibt im Internet Seiten, auf denen man rechtefreie Werke bedeutender Autoren lesen kann.
Die Adresse der Seite ist: http://gutenberg.spiegel.de/
(eine weitere empfehlenswerte Seite ist: http://literaturnetz.org/pages )

Unter anderem ist auf http://gutenberg.spiegel.de/ auch Wilhelm Busch (auch mit vielen seiner Bildergeschichten)vertreten:

Wilhelm Busch
Geschmacksache

Dies für den und das für jenen.
Viele Tische sind gedeckt.
Keine Zunge soll verhöhnen,
Was der andern Zunge schmeckt.

Lasse jedem seine Freuden,
Gönn ihm, daß er sich erquickt,
Wenn er sittsam und bescheiden
Auf den eignen Teller blickt.

Wenn jedoch bei deinem Tisch er
Unverschämt dich neckt und stört,
Dann so gib ihm einen Wischer,
Daß er merkt, was sich gehört.

Wilhelm Busch
Das Brot

Ich selber war ein Weizenkorn.
Mit vielen, die mir anverwandt,
lag ich im lauen Ackerland.
Bedrückt von einem Erdenkloß,
macht' ich mich mutig strebend los.

Gleich kam ein alter Has gehupft
und hat mich an der Nas gezupft,
und als es Winter ward, verfror,
was peinlich ist, mein linkes Ohr,
und als ich reif mit meiner Sippe,
o weh, da hat mit seiner Hippe
der Hans uns rundweg abgesäbelt
und zum Ersticken festgeknebelt
und auf die Tenne fortgeschafft,
wo ihrer vier mit voller Kraft
im regelrechten Flegeltakte
uns klopften, daß die Scharte knackte!

Ein Esel trug uns in die Mühle.
Ich sage dir, das sind Gefühle,
wenn man, zerrieben und gedrillt
zum allerfeinsten Staubgebild',
sich kaum besinnt und fast vergißt,
ob Sonntag oder Montag ist.
Und schließlich schob der Bäckermeister,
nachdem wir erst als zäher Kleister
in seinem Troge baß gehudelt,
vermengt, geknebelt und vernudelt,
uns in des Ofens höchste Glut.
Jetzt sind wir Brot. Ist das nicht gut?
Frischauf, du hast genug, mein Lieber,
greif zu und schneide nicht zu knapp
und streiche tüchtig Butter drüber
und gib den andern auch was ab!

Wilhelm Busch
Pfannkuchen und Salat

Von Fruchtomletts, da mag berichten
Ein Dichter aus den höhern Schichten.
Wir aber, ohne Neid nach oben,
Mit bürgerlicher Zunge loben
Uns Pfannekuchen und Salat.
Wie unsre Liese delikat
So etwas backt und zubereitet,
Sei hier in Worten angedeutet.
Drei Eier, frisch und ohne Fehl,
Und Milch und einen Löffel Mehl,
Die quirlt sie fleißig durcheinand
Zu einem innigen Verband.
Sodann, wenn Tränen auch ein Übel,
Zerstückelt sie und mengt die Zwiebel
Mit Öl und Salz zu einer Brühe,
Daß der Salat sie an sich ziehe.
Um diesen ferner herzustellen,
Hat sie Kartoffeln abzupellen.
Da heißt es, fix die Finger brauchen,
Den Mund zu spitzen und zu hauchen,
Denn heiß geschnitten nur allein
Kann der Salat geschmeidig sein.
Hierauf so geht es wieder heiter
Mit unserm Pfannekuchen weiter.
Nachdem das Feuer leicht geschürt,
Die Pfanne sorgsam auspoliert,
Der Würfelspeck hineingeschüttelt,
So daß es lustig brät und brittelt,
Pisch, kommt darüber mit Gezisch
Das ersterwähnte Kunstgemisch
Nun zeigt besonders und apart
Sich Lieschens Geistesgegenwart,
Denn nur zu bald, wie allbekannt,
Ist solch ein Kuchen angebrannt.
Sie prickelt ihn, sie stockert ihn,
Sie rüttelt, schüttelt, lockert ihn
Und lüftet ihn, bis augenscheinlich
Die Unterseite eben bräunlich,
Die, umgekehrt, geschickt und prompt
Jetzt ihrerseits nach oben kommt.
Geduld, es währt nur noch ein bissel,
Dann liegt der Kuchen auf der Schüssel.
Doch späterhin die Einverleibung,
Wie die zu Mund und Herzen spricht,
Das spottet jeglicher Beschreibung,
Und darum endet das Gedicht.

Liebe Grüße aus Österreich

(Internet-Tipp: http://www.wolfgangwallnerf.com)


Magisterle antwortete am 25.05.06 (15:25):

Gruß nach Holland, von einem Ex-Niederländer, der entsprechend den deutschen Angehörigkeitsgesetzen wg. Lehrerberuf deutsch werden musste, aber vorsichtshalber "Europäer" wurde:

Essen und Trinken im Lied - im Gedicht:
Teilweise gesammelt in einen Forum des
www.seniorentreff.de

Theodor Fontane: Weisse Rübensuppe

„Rindfleisch schlage, stampfe, klopfe,
Brüh es ab im irdnen Topfe,
Spargelschnitzel, Portulacke
Nimm aus sauberm Sommersacke,

Morcheln, eine ganze Sippe,
Ziehe von der Fensterstrippe,
Petersilie, Kohl vom Wirsich,
Sellerie (den ‚Bowlenpfirsich’),

Gelbe Möhren, große, runde,
Laß sie kochen eine Stunde,
Laß sie kochen, bis die Trübe
Klar sich schäumt, dann Rübe, Rübe,
Weiße Rübe schnell hinein,
Und so wird's gelungen sein.«

(Fontane gibt zu diesem Gedicht an: „Macbeth, Koch“. Es ist dem Rezept der Hexenszene in Macbeth (IV,1) nachgebildet, für eine Einladung, die Fontane zum 19. Januar 1867 veranstaltete. – Portulacke ist das Bügelkraut, eine Gewürzpflanze.) Th.F.: Gedichte. Bd. 3. S. 185)

*
Carl Zuckmayer:

Ein Mensch beim Essen ist ein gut Gesicht,
wenn er nichts denkt und nur die Kiefer mahlen,
die Zähne malmen und die Blicke strahlen
von einem sonderbaren Urweltlicht.

Vorspeisen sind wie Segel über Buchten,
schlank und zum Hafen schnellend in erregter Fahrt,
indes die schweren Fleischgerichte wuchten
gewaltig über Wiesen und Gemüsen zart.

Welch ein entzückendes Spiel: zu hohen Festen
erlesener Bissen Liebreiz zu erflehen,
und welche Lust: sich mächtig vollzumästen
satt und mit Saft gefüllt vom Hals bis zu den Zehn.

Fischfleisch ist weiß und heilig oder rosen,
und manchmal rauchgebeizt und lauchgewürzt.
Auch kleine Fische gibt`s in blanken Dosen,
die man wie Schnäpse jach hinunterstürzt.

Wildbret: Du Perle Cumberlands, von edler Fäule
und nackter Horden rohgebratner Fraß!
Wohl dem, der Schneehuhn oder Rentierkeule
(gespickt mit Sahne) hoch im Norden aß.

Beefsteak tatare ist fast so stark an Gnade
wie ein am Grill gebratnes Lendenstück
und viele Götter leben im Salate,
saftrot und samenkerngeschwellt das Weib Tomate,
die kühlen Wässer und den warmen Mist.

Laßt mich hier schweigen vom Besoffensein,
vom tiefsten, tödlichsten Hinübergleiten,
vom hellsten, wachsten Indiewinde-Reiten,
die Welt ist groß und unser Wort ist klein.

Laßt mich hier schweigen von dem Blutgericht
geheimster Liebe in verrauschten Zeiten -
laßt mich nur essen, dankbar und bescheiden -
ein Mensch beim Essen ist ein gut Gesicht.

**

Mathias Claudius schrieb:

Pasteten hin, Pasteten her,
was kümmern uns Pasteten,
die Kumme ist hier auch nicht leer
und schmeckt so gut als "bonneschäär"
von Fröschen und von Kröten!

**

Eugen Roth: Das Schnitzel

Ein Mensch, der sich ein Schnitzel briet,
Bemerkte, daß ihm das mißriet.
Jedoch, da er es selbst gebraten,
Tut er, als wär' es ihm geraten,
Und, um sich nicht zu strafen Lügen,
Ißt er's mit herzlichem Vergnügen.


*
Unbekannt: Eintopf

Herr Karl muß heute in die Stadt,
weil er da was zu regeln hat.
Ein Mensch, den er nur flüchtig kennt,
ihm ein paar Restaurante nennt.
"Da gehen sie mal heute rein.
da können sie essen schniekefein."
Vorm Restaurant "Vier Eichen" dann
studiert er diese Karte dann.
Von achtzig bis zweihundert,
Herr Karl, der ist doch sehr verwundert.
Vier Häuser weiter ist ein Eßlokal,
und dort hin geht nun der Herr Karl.
Bei einem Korn und einem Bier,
studiert er nun die Karte hier.
So zwischendurch, da liest er dann,
wir preisen unsern Eintopf an.
So fein gekocht, Hausfrauenart,
Herr Karl glaubt, daß er das wohl mag.
Eine Terrine Eintopf bestellt er dann,
und fängt auch gleich zu essen an.
Dazu eine Bockwurst riesengroß.
Ein Essen, einfach grandios,
Ein Korn, ein Bier noch, die Zigarre hinterher,
Herr Karl, was willst du mehr ?
Beim nächsten Stadtbesuch allemal,
treffen wir Herrn Karl im Eßlokal.

(Autor unbekannt; siginiert als "T.heo 14.08.91")

*

Fridolin Tschudi:
Sauerkraut

Wohl denen, welche Sauerkraut und Speck vertragen
und Räucherwurst mit rosig zartem Rippenstück!
Die Backen glänzen feist vor Wohlbehagen,
und aus den Äuglein strahlt ein irdisch reines Glück.

Ein leichter Landwein muß die frohe Mahlzeit krönen,
nicht allzu säuerlich, jedoch auch nicht zu rund,
kredenzt von einer würtembergisch drallen Schönen
mit Wangengrübchen, blondem Haar und weichem Mund.

Dazu gehört ein warmes Jägerstübchen,
voll Zinngeschirr auf dunkelbrauner Täfelung,
und, wie gesagt, der Sinn für kecke Wangengrübchen,
nebst einem Schuß Romantik und Begeisterung.

Wohl denen, welche Sauerkraut zu schätzen wissen
und denen sich dabei der Magen nicht verkrampft
wenn zu den liebevoll geschilderten Kulissen
das Herz sich kindlich freut und die Kartoffel dampft.
*


gymnase antwortete am 14.06.06 (17:10):

Ich zitiere Wilhelm Busch aus dem Gedächtnis:

Ein Bauer schneidet sich 'nen Knarren
Vom trocknen Brot und kaut und kaut..
Dabei hat er hinaufgeschaut
Nach einer Wurst, die still und heiter
Im Rauche schwebt, dicht bei der Leiter.
Er denkt mit heimlichem Vergnügen:
"Wenn ick man wull, ick könn di kriegen!"


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