Kapitel 34: Neurogenetik

34.3.1.9 Die molekulare Architektur von Notch und Delta und ihre Strukturverwandtschaft zum epidermalen Wachstumsfaktor der Vertebraten

Bei den Notch- und Delta-Genprodukten handelt es sich um Transmembranproteine mit einer extrazellulären Domäne, die ein dem epidermalen Wachstumsfaktor von Säugern homologes repetitives Sequenzmotiv aufweisen (EGF-Repeat, Abb. 34-14). EGF-Repeats werden in zahlreichen Rezeptor-Liganden-Systemen unterschiedlichster Funktion gefunden. Inzwischen ist auch molekularbiologisch erwiesen, daß Delta und Notch miteinander heterophile Interaktionen eingehen, wenn sie auf der Oberfläche von Zellen exprimiert werden. Da sich Delta auf der Seite der Neuroblasten und Notch auf der Seite der Epidermoblasten befinden und epigenetisch wechselwirken (Abb. 34-13), fällt ihren Genprodukten die Rolle des Signals bzw. des Rezeptors zu: Delta verhält sich dabei als Ligand von Notch; ein spezielles bei allen Notch-Liganden gefundenes Sequenzmotiv (DSL = Delta-Serrate-Lin) bildet die eigentliche Notch-Bindungsregion. Die intrazellulären Regionen der beiden Proteine unterscheiden sich allerdings beträchtlich; Notch besitzt eine recht große intrazelluläre Domäne, die ein Lokalisationssignal für den Transport in den Nucleus einschließt, und eine Ankyrin-ähnliche Region, bestehend aus 6 repetitiven Elementen. Ankyrin-Sequenzmotive kommen als Interaktionsdomänen ubiquitär in zahlreichen Proteinen unterschiedlicher Funktion vor. Die intrazelluläre Domäne von Notch kann mit einer Reihe von cytoplasmatischen und nucleären Faktoren interagieren, zum Beispiel mit Su(H), dem Produkt des Suppressor of Hairless-Gens, bei dem es sich ebenfalls um ein neurogenes Gen handelt. Außerdem enthält die intrazelluläre Domäne von Notch eine sogenannte PEST-Region, die oft in Molekülen mit hoher Umsatzrate vorkommt, sowie eine Strecke von Polyglutamin, das sogenannte OPA-repeat.

Sowohl aufgrund der molekularen Struktur zahlreicher neurogener Gene, als auch durch genetische Befunde ist klar, daß die wesentlichen Entscheidungen für die Entwicklung einer Zelle zum Neuro-, bzw. Epidermoblasten im Zellkern durch ein Zusammenwirken von aktivierenden und reprimierenden Transkriptionsfaktoren getroffen werden. Wie aber wird das durch die Bindung des Liganden Delta an den ebenfalls membrangebundenen Notch-Rezeptor verursachte Signal an den Zellkern weitergegeben?

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