Kapitel 34: Neurogenetik

34.5.4.7 Synchronisation circadianer Rhythmen durch Licht

Der wichtigste, vielleicht sogar einzige exogene Faktor für die Synchronisation von Aktivitätsrhythmen ist Licht. So ist es nicht verwunderlich, daß die zentralnervösen Zentren für endogene Oszillationen fast immer direkt oder indirekt mit photorezeptiven Strukturen in Kontakt stehen. Als Rezeptoren für Lichtreize dienen bei höheren Wirbeltieren die Augen, aber auch andere neurale Strukturen, die Photorezeptoren ähnlich sind, wie das Pinealorgan der Vögel und Reptilien, welches trotz seiner anatomischen Position als Lichtrezeptor dient. In Invertebraten existieren zahlreiche extraretinale photorezeptive Strukturen sowohl in Form von Ocellen, einzelnen Photorezeptorzellen im Gehirn, aber auch in Abdominalganglien (z. B. Crustaceen).

Eine typische Eigenschaft biologischer Schrittmacher ist ihre Fähigkeit, sich dem natürlichen Hell-Dunkel-Rhythmus anzupassen, bzw. auf experimentelle Phasenverschiebungen eines Hell-Dunkel-Regimes prompt zu reagieren. Dieser Effekt der Phasenverschiebung wird durch Inhibitoren der Proteinsynthese verhindert, was darauf schließen läßt, daß auch für die Wirkung externer Synchronisationsfaktoren Genexpression notwendig ist. Während die clock-, period- und frequency-Gene aus verschiedenen Organismen zweifelsfrei essentielle Bestandteile der Schrittmacher sind, haben sich bisher keine Hinweise darauf ergeben, daß Mutationen in diesen Genen den Synchronisationsmechanismus der Uhr betreffen. Selbst Allele des clock-Gens der Maus, die nach einigen Tagen in Dunkelheit zum vollständigen Verlust jeglicher Periodizität führen, lassen sich durch eine 6stündige Beleuchtung wieder auf ihre Periode einpegeln. Der Rezeptormechanismus für den synchronisierenden Reiz oder "Zeitgeber" ist daher von Mutationen in diesem Gen nicht betroffen.

In Drosophila führt ein kurzer Lichtpuls zu einer raschen Konzentrationsabnahme des timeless-Genproduktes in der Zelle und damit zu einer Phasenverschiebung des circadianen Zyklus; es wird deshalb gemutmaßt, daß es den Kontakt zum Zeitnehmer für externe Einflüsse darstellt. Der sekundäre Effekt der Timeless-Konzentrationsabnahme ist eine Dissoziation des Period-Timeless-Komplexes, eine Verzögerung der Phosphorylierung und der Eintritt von Period in den Zellkern. Diese Verzögerung geht Hand in Hand mit einer Phasenverschiebung des period-Regelkreises. Eine analoge Situation findet sich in Neurospora, wo kurze Lichtpulse zu einer raschen Zunahme der frequency-Transkription führen. Sowohl die Größenordnung als auch die Geschwindigkeit dieser Reaktion läßt vermuten, daß frequency das primäre Ziel der Synchronisation durch einen Zeitgeber ist.

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