"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"
101. Brief
Jena, 10. April 1875.
Geliebter Mann! Herzlich freue ich mich über Deinen
letzten Brief, Du glaubt nicht, wie ich mich immer um Dich sorge, und
ich kann Dir versichern, daß ich sehr glücklich sein werde, wenn
du wieder hier bist. Es lastet ziemlich viel auf mir, denn abgesehen
davon, daß ich viel mit den Kindern zu tun habe, von denen mir Walter etwas zu schaffen macht, kommen alle möglichen kleinen
Geschäfte oft nicht sehr angenehmer Art dazu . . . Von
Briefen ist nicht viel an Dich angekommen, einer von Bessels aus
Washington, der bis jetzt auf die Korrektur der Haeckelia gewartet hat,
ohne daß ihm ein Bogen zugekommen ist; da er in 6 Wochen nach der
Beringstraße abfahren werde, würde er die Bogen, falls sie nicht sehr
bald kämen, nicht mehr durchsehen können, und bittet Dich, es an
seiner Stelle zu tun.
Diese Woche war das Jubiläum des alten Frommann,
wo ich auch gratulierte und eine Masse Buchhändler aus nah und fern,
die als Deputierte gekommen waren, zu sehen bekam. Es war recht
feierlich, und der alte Frommann sehr
gerührt! . . .
Ich glaube, ich bin recht alt geworden, ich komme mir
so vor. Lieber Ernst, laß uns nicht mehr lange allein, wir sehnen uns sehr
nach Dir, Lisbeth und Walter sprechen jeden Tag von Deiner Rückkehr,
und solbald die Eisenbahn vorübersaust, rufen sie: "Mama, rasch, rasch,
da sitzt Papa drin im grauen Hut, der gute liebe Papa kommt!" So geht es
fast jeden Tag. Grüße die Hertwigs recht vielemal und gib mir bald wieder
gute Nachricht! Dein einsames Frauchen.
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