| |
|
Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel |
"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"
171. Brief
Jena, 7. April 1887.
Liebster Mann! Von Tag zu Tag habe ich einmal wieder
auf Nachricht gewartet und noch immer umsonst, das fängt an, mich zu
sorgen. Von Rhodos aus muß doch der Verkehr ein rascherer sein? Vor
allen Dingen hatte ich an Lisbeths Konfirmationstag ein Lebenszeichen
von Dir erwartet, und Braasch meinte, als guter Vater müßtest Du doch
sicher telegraphieren! - Die Einsegnung war sehr feierlich und schön
und der Tag verlief, nachdem die Woche vorher die ganze Familie
nacheinander krank gewesen waar, doch noch recht befriedigend. Ich
hatte die lieben Geraer eingeladen, die denn auch früh 9 Uhr sämtlich
erschienen. Clara war einige Tage vorher angelangt und half mir mit.
Heinrich war zu Mittag und Abend bei uns und sehr liebenswürdig, er
beschenkte Lisbeth mit einem reizenden Bild (den Engeln aus der
Sixtinischen Madonna) als ersten Schmuck ihres zukünftigen
eigenen Zimmers. Braasch hielt eine wirklich ergreifende Rede an die
Konfirmanden, und die Kinder waren sichtlich ergriffen. Lisbeth sah
äußerst lieblich in ihrem schwarzen Kleid und andächtigen Gesichtchen
aus. Schöne reine Gedanken geben jedem Gesicht doch einen edlen
Ausdruck. Heute ist das Abendmahl, wozu wir nach mancher
Schwierigkiet auch Walter so weit gebracht haben, daß er mitgehen wird.
Der Junge hat es noch gar nicht genommen, und er ist noch viel zu jung,
um aus der Christengemeinde auszutreten, er bekommt dadurch eine
innere Rohheit, er bedarf ganz entschieden den Halt der Kirche wie so
viele. Otto und Klotilde, auf welche er sehr hört, haben ihm dringtend
zugeredet, und ich bitte Dich, lieber Ernst, bestärke Du ihn etwas darin,
wenn Du zurück sein wirst, sage ihm, daß auch Du früher andächtig den
Worten der Schrift lauschtest. Das ist Deine Pflicht, das arme Kind wird
sonst unglücklich. - Lisbeth hat reizende Sachen bekommen und soviel
Glückwünsche, daß sie ganz erstaunt war. Eine Masse Menschen kamen
zum Gratulieren, so daß ich gänzlich hin war! Nun ade, mein herzlieber
Ernst, und schreibe rasch und viel, am liebsten komme gleich selbst.
Alle drei Kinder großen natürlich 1000mal! Deine treue Agnes.
Brief 170..........................................................................................Brief 172
 zurück zum Inhaltsverzeichnis
Diese Seite ist Teil von Kurt Stübers online library
erstellt von Christoph Sommer am 6.10.1999
|
|
Diese Seite wurde seit dem (17-Apr-2008) mal besucht. |
|
|