"Ernst und Agnes Haeckel - Ein Briefwechsel"
18. Brief
Jena, 11. August 1867.
In aller Eile mache ich Dir die neue, höchst
wichtige Mitteilung, liebste Freundin, daß heute morgen in der Stadt-
und Hauptkirche zu Jena Frl. Agnes Huschke und Herr Senator Professor
Dr. phil. et med. Mitgl. usw. Ernst Heinrich Philipp August Haeckel zum
zweiten Male öffentlich aufgeboten werden. Wenn Du also hiergegen, wie
mir scheint, Einspruch zu erheben hast, oder wenn Dir die Sache gar zu
bedenklich erscheint, wehre Dich bald! Übrigens bist Du heute mittag um
1 Uhr bei Herrn O. R. R. Hkl. zu Kalbsbraten eingeladen, wobei Du, wie
ich höre, obengenanntes Brautpaar sehen und danach Deine Maßregeln
treffen kannst.
Nun muß ich letzterem noch hinzufügen, liebstes,
bestes Herz, daß ich mich schon wieder auf Deine Herkunft
maßlos freue! Denke Dir, fast sollte es unglaublich sein. Da aber
Verstand und Vernunft mir durch Deine göttliche Zauberkraft
gänzlich abhanden gekommen sind, Du süßeste,
lieblichste Circe, so wundere ich mich über gar nichts mehr. Wenn
Du nur wüßtest, wie reizend Du gestern abend im Mondschein
warst, Du zierliche kleine Fee, so würdest Du vollkommen begreifen, in
welchem Zustand geistiger Zerrüttung sich der bedauernwürdige, sonst so
"gute" Professor befindet. Meine einzige Hoffnung beruht noch darauf,
daß der 20. August alles wieder gutmacht! . . . Auf ein
herziges Widersehen . . . Dein arger Schelm.
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