6. Abschnitt: Titicacasee und Puno.
Nachdem noch der Indiomarkt von La Paz besucht und die letzten Päckchen
Herrn Bayer zur Weiterbeförderung an die Botschaft übergeben waren,
konnten wir zur Weiterfahrt starten. Wir beabsichtigen über Tiahuanaco
und die Grenzstation Desaguadero am Titicacasee Peru zu erreichen.
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Lamas auf der Weide.
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Kaum waren wir indessen mit einer Sondergenehmigung für Nachtfahrt in
El Alto, als der Motor bockte. Diesmal schien es ernst zu sein. Wir mussten
wieder hinunter, noch einmal übernachten und versuchen am anderen Morgen
(es war Ostersonntag) eine Autowerkstätte zu finden, die uns den Wagen
wieder instand setzte. Nie werden wir Herrn Königsfest vergessen der,
ein aus Deutschland emigrierter Jude, sich hierzu bereit fand und mit seinem
Mechaniker den ganzen Ostermorgen am Motor arbeitete. Wo der Fehler lag,
wurde uns nicht klar, aber der Wagen lief schließlich wieder. Seit
dieser Zeit hatte er aber öfter Mucken.
Wir erreichten noch am selben Tage die Grenzstation Desaguadero, die an dem
Abfluss des Titicacasees zum Pooposee liegt. Die Brücke über den
Desaguadero war in einem mehr als schlechten Zustand. Selbst wenn der
Brückenkommandant mit dem Brückenschlüssel von den
Osterfeierlichkeiten in La Paz zurückkehren und uns die Überfahrt
erlauben sollte, schien sie uns doch mit dem Dodge zu gewagt. Wir
verließen daher Desaguadero, wo wir übrigens auf der
Polizeistation übernachteten und in einer Indiohütte aßen,
um uns zunächst in Tiahuanaco mit dem Direktor des dortigen
archäologischen Institutes zu treffen. Die Doktoren Ponze und
Loza erklärten uns das Sonnentor, die eigenartigen Monolithen
und die übrigen weltbekannten Ruinen der Tiahuanacokultur, die
die Wiege der Inkakultur ist. Es war unstreitig einer der Höhepunkte
der Reise.
Von besonderem Interesse war ein verkohltes Stück Chuño,
das eben in Schichten der frühen Periode um 700 v. Chr. gefunden
war. Es ist der älteste Fund einer Kartoffel auf dem Altiplano.
Chuño wird aus S. juzepcukii hergestellt. Diese triploide,
frostfeste Kulturart ist ein Bastard zwischen S. acaule und S.
stenotomum. Sehr wahrscheinlich konnten Indianer ohne das frostfeste
S. juzepczukii und die beiden anderen frostfesten
S. acaule-Bastarde
mit S. ajanhuiri und S. curtilobum
nicht auskommen. Ohne diese Bastarde,
die taxonomisch mit S. andigena wenig zu
tun haben, hätte vielleicht
die Tiahuanaco-Kultur nicht entstehen können. Es wird sich lohnen,
dieser Frage nachzugehen.
Nachdem wir eine Weile noch dem Ostertanz der Indios in dem Ort Tiahuana
in ihren prächtigen Tanzkostümen zugesehen hatten, wobei sie
uns auf den Schultern um die Plaza trugen, versuchten wir den nächsten
Grenzübergang, bei Yunguyo, zu erreichen. Hierzu mussten wir um den
See herumfahren und mit dem Wagen über die Enge von Tiquina
übersetzen. Ein, wie es zunächst schien, schwieriges
Unternehmen auf schmalen kleine Floßbooten, die mit Segeln
oder Rudern betrieben wurden. Es glückte aber doch. Am anderen
Ufer fanden wir eine noch unbeschriebene Solanumart in einer mesophilen
Felsformation.
Die Grenzkontrolle in Yunguyo verlief infolge des ministeriellen Schreibens
bei dem Gepäck sehr rasch. Doch beim Wagen war es schwieriger, weil das
Carnet de passage nur für ein halbes Jahr ausgestellt und dieser Termin
überschritten war. Aber auch hier ging es schließlich mit etwas
Geduld. Wir machten überhaupt die Erfahrung, daß die
südamerikanischen Behörden es lieben, nichts ahnende Reisende
durch Hinweisung auf unerfüllbare amtliche Vorschriften zu erschrecken.
Nach ausführlicher Diskussion wurde aber stets ein modus vivandi
gefunden. Wenn es sich nicht um Hafenstädte handelte, sogar ohne die
ekelhafte Bestechung.
Auf peruanischem Gebiet waren die Straßensperren sehr hinderlich.
Alle paar Kilometer war in den Grenzprovinzen eine Kette über die
Straße gespannt, und man verlangte unsere Personalien und die
Wagenpapiere.
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Titcacasee bei Puno
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Am 1. 4. langten wir in Puno an, wo uns Professor Vargas mit seinem
Assistenten Perez erwartete. Wir fanden in Herrn Prof. Vargas einen sehr
aufgeschlossenen Kollegen, den besten Kenner der Flora Perus, der auch an
Solanum hervorragende taxonomische Arbeit geleistet hat. Landwirtschaftliches
Interesse hat er allerdings nicht. Er ist ein humorvoller Mann, der wir sehr
schätzen gelernt haben.
Wir führten zusammen zwei Exkursionen mit Standquartier Puno durch.
Die eine führte nach Salcedo, wo wir in der Punaformation das
S. soukupii fanden. Die andere ging mit einem Chevrolet Pick-up des
örtlichen Büros des Landwirtschaftsministeriums nach Putina
nördlich des Titicacasees. Neben S. megistacrolobum fanden wir hier
zum ersten Mal S. canasense.
Sonst aber lag das Hauptmoment dieser Exkursion
auf den Versuchen des "Programa de Papa", das von Ing. Ochoa in Lima geleitet
wird. Dies Programm, weitgehend eine persönliche Schöpfung Ochoas,
will mit Versuchsstellen in ganz Peru die ertragsreichsten alten Sorten
feststellen. Aber auch die viel ertragreicheren Neuzüchtungen Ochoas
Renacimiento und Mantaro werden so geprüft und dem Indio nahe gebracht.
Außerdem fiel noch auf die Sorte Casablanca, deren Herkunft nicht
feststeht. Durch die Freundlichkeit der Behörden erhielten wir auch
Proben einer in Puno stationieren Kultursortenkollektion.
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