Per Nilsson (*1954): So lonely (1992)

Seitenangaben nach dtv München 1999

Die Geschichte spielt in Schweden. - In einem dreistöckigen Mietshaus in einer Wohnung sitzt um ein Uhr nachts ein Junge, ein junger Mann, 16, und verarbeitet eine Geschichte: Er reiht Erinnerungsstücke vor sich auf, knüpft daran seine Erinnerungen und vernichtet schließlich die Stücke der Reihe nach. Er wartet darauf, dass das Telefon klingelt.
Das ist auch die Struktur, das Ordnungsprinzip und Spannungsmoment des Romans.

Es beginnt mit der Busfahrkarte.
In seinem Bus zur Schule fährt mehrmals die Woche ein Mädchen mit roten Haaren und grüner Jacke mit (14), das ihn von Anfang an fasziniert.

Er zündet eine Ansichtskarte an, auf der eine Katze abgebildet ist. (20)
Es dauert ein halbes Jahr, bis es zum ersten Gespräch kommt (22). Ihr früherer Spitzname war wohl Foxi.

(29) Er zerreißt die deutsche Grammatik, in die er ihre Telefonnummer geschrieben hatte.
(30) Dies Grammatik hatte sie im Bus liegen lassen, sie lernt Deutsch, er lernt Französisch. Im buch ist ihre Telefonnummer, er ruft - wen auch mit viel Herzklopfen - an, sie gibt ihm ihre Adresse, damit er das Buch vorbeibringen kann.

(38) Einen Topf mit Zitronenmelisse wirft er den Balkon hinunter.< (40) er ist bei ihr zu hause. sie schenkt ihm einen ihrer zitronenmelissen, auch herztrost geheißen, das ist ihr duft. die erste berührung, das erste kompliment.

(46) Er zerreißt ein Liedblatt von "Herztrost" und isst das Papier auf.
(50) Sie treffen sich regelmäßiger bei ihr.

(53) Er zerkratzt eine Schallplatte und wirft sie in die Nacht hinaus.
(55) Er erinnert sich an Vaters Auszug vor 10 Jahren. Er hatte ihn und die Mutter verlassen und nur einen Stapel Platten zurückgelassen. Jetzt sucht er in diesem Stapel nach Spuren des Vaters und entdeckt einen Song: red hair”. - Sie besucht ihn überraschend, es stellt sich heraus, auch sie ist ohne Vater, sie war 13, als er ging. Sie hören das Lied an. Die erste Umarmung.

(62) Er spült eine Plastikschachtel aus.
(63) Er durchsucht sein Zimmer nach Überbleibseln ihrer Anwesenheit, findet ein Haar, das er in eine Plastikschachtel verschließt. - Im Bus sprechen sie von den bevorstehenden Sommerferien, er wird in die USA gehen, sie nach Norwegen.

(66) Er macht Löcher in Kondome.
(68) Da seine Mutter und ihr Freund Krister für das Wochenende wegfahren, verabreden sie sich für den Samstagabend. Er klaut eine Packung Kondome, weil er sich nicht traut, sie zu kaufen.

(74) Er steckt ein Bettlaken die Kochwäsche.
(76) Sie kommt am Abend, sie kochen zusammen, sie schlafen miteinander, die Kondome werden nicht gebraucht wegen "Vollmond", sie ist erfahren, er ist es nicht, sie beruhigt ihn. Am Morgen dann Abschied für den Sommer, denn er fliegt in die USA.

(92) Er zerschneidet eine amerikanische Flagge.
(94) Er schreibt 12 Briefe an sie, in denen er vom typischen American way of life berichtet, aber nichts von einer Susan, die scharf auf ihn war. Sie schreibt nur eine Postkarte.

(109) Er zerreißt die Seiten eines Notizbuches, in das er Verse geschrieben hatte.
(113) In den USA war doch einiges anders gewesen, als er in den Briefen berichtet hat: Die meiste Zeit war er zu Hause geblieben und hatte Gedichte an und für sie, Ann-Katrin, geschrieben.

(116) Er legt ein Geschenkpapier dem alten Nachbarn vor die Tür.
(118) Am Morgen nach seiner Rückkehr aus den USA geht er zu ihr, sie ist etwas verlegen, denn da ist schon ein anderer, dein deutscher Strahlemann namens Hans, der aus dem Schlafzimmer kommt. Er zieht mit seinem Paket wieder ab.

(132) Er steckt eine Kinokarte in ein zurückzugebendes Buch (Werthers Leiden)
(134) Abends geht er mit den Beiden (und noch zwei Freunden) ins Kino und merkt dann endlich, was los ist. Er ist verstört und radelt nach Hause. Hier gibt es mehrere Versionen.

(144) Er denkt über Todesarten nach, landet bei Schlaftabletten, wartet aber noch ein Weilchen, denn das Telefon könnte doch noch klingeln.
(147) Er steht tagelang nicht auf und leidet. Wenn das Telefon klingelt, geht er nicht ran: Liebeskummer, Eifersucht, Alpträume vom Nazi-Hans. Die Mutter tröstet ihn, mit Liebeskummer kennt sie sich aus.

(155) Er will sie anrufen, schafft es aber dann doch nicht.
(157) Sie kommt in die Wohnung, will einen Irrtum” aufklären, bittet um seine Freundschaft, was immer sie damit meint, sie verspricht ihm, bei ihrer Rückkehr vom Segelurlaub noch am Samstag Abend anzurufen.

(167) Er entdeckt eine Tüte mit Melissensamen und beginnt diese zu kauen.
(169) Er überlegt sich die Reaktionen seiner Mutter und Schwester, wenn sie ihn tot auffinden, der gekaute Melissensamen bringt ihn auf andere Gedanken, er bringt die Tabletten wieder zurück in den Schrank. Da klingelt das Telefon. Er kaut noch den Melissensamen und nimmt nicht ab. Er hat es geschafft.


Kurzkommentar: Eine intelligent und originell konstruierte Geschichte, etwas für erfahrenere Leser, fast zu kunstvoll konstruiert; zwar gut eingefühlt, aber auch mit zu vielen Lese-Hindernissen/Hemmnissen, um zur Identifikation oder zur Faszination einzuladen.

Sekundärliteratur: Besprechungen, Unterrichtsvorschläge, Links:

  • Praxis Deutsch 164 (Nov. 2000)
  • Deutschunterricht Berlin 52 - Sonderheft: Kinder- und Jugendliteratur der 90er Jahre Seite. 63 ff: Michaela Kirsch: Ein Plädoyer für das Jugendbuch in Klasse 9 - Erfahrungen mit einer Unterrichtssequenz zu Per Nilssons 'So Lonley'.

Schreibanlässe (© Klaus Dautel)

1. Aufgabe: Eine Fix-und-Foxi-Episode mit Dialog

    Erfinde eine "Herztrostreliquie" und baue darum herum eine kleine Episode.

    Z.B. aus der Frühphase der Beziehung: Ein altes, zerfleddertes "Fix und Foxi"-Heft! Es gehört ihm, er will es ihr zeigen, sie kennt Fix und Foxi nicht, oder findet sie blöd oder findet sie gut, jedenfalls wird ein Gespräch daraus, das mit dem Aussteigen aus dem Bus endet.
    Bitte berücksichtigt,

    • dass der Name Foxi für sie eine noch ungeklärte Bedeutung hat,
    • dass es sich noch um ein frühes Stadium des Sich-Kennens handelt
    • dass ihm Fix und Foxi viel bedeutet
    • dass dieses Heft schließlich irgendwie vernichtet oder entsorgt werden muss.
2. Aufgabe: Herztrosts innerer Monolog

    Anknüpfend an eine Stelle auf Seite 60: Sie haben sich gerade über ihre davongelaufenen Väter verständigt, einen Song gehört, nun schaut das Mädchen ihn nachdenklich an und beginnt einen Satz, den sie aber nur in Gedanken weiterführt:

    "Du darfst nicht .." Was? Warum? Oder doch?

    Verfasse einen inneren Monolog, der schließlich zu dem führt, was dann auch geschieht.

3. Aufgabe: Der dreizehnte Brief

    Die Sache mit Susan

    Denken wir uns, er wäre ganz ehrlich und verschwiege nichts, auch nicht die Geschichte mit Susan (S. 106ff). Wie, in welchem Ton würde er darüber berichten, wie könnte sich dieser Brief - der dreizehnte übrigens - anhören? Nicht vergessen: Der ganze Brief, also mit Einleitung und Schluss.


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