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Gebaut, wie geplant

Die Regelmäßigkeit von Heidelbergs Stadtgrundriss (2)

Während in Freiburg die historische Kellerforschung hier entscheidende Vorgaben leistete, war Nitz bei der Gründungsanlage von Heidelberg darauf angewiesen, das Grundmaß von 29,3 cm je Fuß oder 3,50 m je Rute im Straßensystem wieder zu finden.

Zunächst konstatiert Nitz eine Zweiteilung der Gründungsstadt, da sich das östliche Drittel der Stadt durch das großformatigere Parzellen und Gebäudegefüge vom Westteil unterscheidet. Der Ostteil dürfte also als die Ministerialensiedlung unterhalb der Burg anzusprechen sein, der Westteil als Bürgersiedlung. Beide stehen exakt im Längenverhältnis 1: 2 zu einander (60: 120 Ruten). Teilt man die Bürgerstadt in zwei Hälften, ergibt sich nach Nitz die Westseite der verlängerten Haspelgasse die Trennlinie zwischen beiden Teilen. Die Haspelgasse als relativ breite Straße führt an der Stelle zum Neckar hinab, wo offenbar die alte Fähre über den Neckar führte (und während des Mittelalters ein Tor die Reserve-Überfahrt neben der Brücke freihielt).

Nitz setzte seine Untersuchungen im Bereich der späteren Heiliggeist-Kirche an, wo das Gelände des pfalzgräflichen Marstalls (im Bereich der heutigen Jesuitenkirche) nicht mehr Parzellierung und Bebauung einengte, und vermaß zunächst den ursprünglichen Marktplatz mit 36 x 12 Ruten. Der Nordteil der Stadt, zwischen Unterer Straße und Neckar, lässt vom System seiner Straßen nur ein ungefähres Raster erkennen, das sich aber als regelmäßig zeigt, wenn man die 120 Ruten der Erstreckung in 5 Blöcke zu je 24 Ruten aufteilt. Dann ergeben sich die Bussemergasse, die Pfaffengasse, die Steingasse und die Fischergasse als trennende Straßenzüge, zwischen die erst in einer sekundären Aufschließung des Geländes die dazwischen liegenden „Hinter-gassen", die rückwärtige Begrenzung der Parzellen also, gelegt wurden. Dass die Dreikönigstraße als einzige von der Hauptstraße zum Neckar durchziehende Straße nicht in diesem Raster liegt, muss das Bild nicht stören.

Während diese Parzellen erst nach und nach durch Kleinsiedlung, vielleicht sogar durch „Lizenznehmer" des Stadtherrn, aufgeteilt wurden, lagen entlang der Hauptstraße („Obere Straße") die bevorzugten Hausplätze mit genau 6 oder 9 Ruten Grundstücksbreite und im Standardfall 12 Ruten Tiefe, was über die Strecke zwischen den beiden Toren der Bürgerstadt 27 (maximal 32) Hausplätze ergibt. Das ist wenig, gemessen an den 48 Hausplätzen von Freiburg (66 oder 69 nach der ersten Erweiterung). Rechnet man jedoch den Nordteil der Stadt dazu und legt man diese Groß-Parzellen entsprechend um, kommt man auf insgesamt 77 Parzellen. Das ist ein Maß, das einer herzoglichen oder pfalzgräflichen Residenz eher zusteht. Daraus ergibt sich, dass zum einen diese nördliche Erweiterung der Stadt zwischen Unterer Straße und Neckar gleichzeitig mit dem Straßenzug der Hauptstraße geplant wurde, dass aber andererseits eine solche Dimensionierung Heidelbergs erst nach der Übernahme der Pfalzgrafschaft durch die Wittelsbacher 1214 und dem planmäßigen Ausbau Heidelbergs zur Haupt-Residenz in der neugewonnenen Pfalzgrafschaft einen Sinn ergibt.

Nitz schränkt zum Schluss seiner Ausführungen ein, dass er damit nur weitere Indizien zur Frage liefern kann, wann Heidelberg in seiner heutigen Form (und an der heutigen Stelle) gegründet wurde und dass diese Diskussion zwischen Stadtgeschichtsforschung und Stadtarchäologie weitergeführt werden muss.

  • Erste Falluntersuchung: Freiburg
  • Heidelbergs Grundriss als regelmäßiges System
Hans-Jürgen Nitz: Die mittelalterlichen Gründungsanlagen von Freiburg i. Br. und Heidelberg - Metrologische Analyse und Interpretation. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins. Hg. von der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. 147. Band. Festschrift für Meinrad Schaab zum 70. Geburtstag. Stuttgart: Kohlhammer, 1999. S. 79 - 112.

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Badische Heimat e.V.
Bezirksgruppe Bergstraße - Neckartal (Heidelberg)


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