Eine der ältesten Institutionen Mannheims ist der Maimarkt, der
bereits kurz nach Gründung von Stadt und Festung im Jahre 1607
auf Antrag der Bürgerschaft eingeführt und - abgesehen von Kriegs-
und Seuchenzeiten -wohl seit 1614 regelmäßig durchgeführt wurde.
Besaß der Maimarkt anfangs nur die Aufgabe, die Stadtbevölkerung
mit den nötigen Lebensmitteln und Gebrauchsgütern zu versorgen,
entwickelte ersieh im Laufe der Zeit zunehmend zu einer
überregionalen
Attraktion. Auswärtige und ausländische Händler boten ihre Waren
feil, darunter Mode- und Luxusgüter oder hochwertige Gebrauchsgegenstände.
Menschen aus der ganzen Region strömten zusammen: Kaufleute, Händler
und Bauern, Landarbeiter und Bürger, Adlige, Vagabundierende und
Bettler gaben sich ein Stelldichein.
So war der Maimarkt auch
ein wichtiges Forum zur Verbreitung neuer Nachrichten aller Art.
Den ausgesprochenen Reiz machten natürlich die mit ihm verbundenen
Vergnügungen wie Glücksspiele, Lotterien, Armbrust-
schießen,
Vorführungen der Marionettenspieler und Gaukler aus, an denen
sich auch der pfälzische Hof gern erfreute. Auch für die Vorgeschichte
des Nationaltheaters besaß der Mannheimer Maimarkt eine gewisse
Bedeutung, da Komödiengesellschaften ihn gerne für ihre Vorstellungen
nutzten. In enger Beziehung zum Maimarkt und daher im Zentrum
der allgemeinen Erinnerung stand immer auch die Meß, die Kerwe,
also die Vergnügungsmesse.
Besonders sensationell war der Auftritt
des legendären Buffallo Bill mit seinen zahlreichen Indianern,
Cowboys, Scharfschützen und Reitern auf dem Maimarkt von 1891.
Eine
besonders wichtige Rolle spielte bis in unsere Zeit der Vieh-
und Pferdemarkt; bereits 1869 fand eine erste Ausstellung landwirtschaftlicher
Geräte und Maschinen statt - ein Zeichen für die von Mannheim
ausgehenden neuen und interessanten Entwicklungen auf dem Weg
zur Technisierung der Landwirtschaft.
Eine Tradition, die sich
bis auf den heutigen Tag erhalten hat, stammt aus dem Jahr 1900:
das Rindfleischessen. Damals wurde die Eröffnung des neuen Schlachthofs
mit einem solchen Essen gefeiert.
Der erste Maimarkt nach dem
Zweiten Weltkrieg im Jahr 1949 wurde als Verbrauchermesse zum
Motor für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Mannheims.Mit seiner
zunehmenden Attraktivität und den zahlreichen Sonderschauen und
Veranstaltungen entwickelte sich der Maimarkt zur größten deutschen
Verbrauchermesse und bedeutendsten Regionalmesse in Südwestdeutschland.
Der vorläufig letzte Abschnitt in der Geschichte des Mannheimer
Maimarkts wurde 1985 mit der Eröffnung des neuen Ausstellungsgeländes
auf dem Mühlfeld eingeleitet.
Der Mannheimer Maimarkt blickt auf
eine beinahe 400-jährige Tradition zurück. Erstmals wird in diesem
vom Mannheimer Stadtarchiv herausgegebenen Buch seiner langen
und abwechslungsreichen Geschichte
Rechnung getragen. Udo Wennemuth
schildert die Entwicklung des Maimarkts von seinen Anfängen bis
in die jüngere Vergangenheit in fünf Kapiteln, wobei er vielfach
auf bislang unbekanntes Material - Akten, Berichte, Erinnerungen,
Urkunden und Bildquellen -aus verschiedenen Archiven zurückgreifen
konnte. Neue Erkenntnisse wurden dadurch nicht nur für das 17.
und 18. Jahrhundert erschlossen, sondern auch für die Zeit von
1890 bis 1945.
Ausführliche Quellenzitate aus den vier Jahrhunderten
vermitteln neben dem Wandel, dem der Maimarkt selbst häufig unterworfen
war, auch anschaulich ein Bild von den sich ständig ändernden
Lebensverhältnissen und Bedürfnissen der Menschen und zeigen so
die gegenseitige Abhängigkeit von Mensch und Markt auf. Ergänzt
durch zahlreiche z.T. farbige Abbildungen präsentiert sich dem
Leser ein kulturhistorisches Kaleidoskop, das den Kurpfälzer Mythos
"Maimarkt" in all seiner Vielfalt wiedergibt.