28.9.09
Frühkeltischer Fürstensitz auf der
Heuneburg bei Herbertingen, Kreis Sigmaringen: Archäologen
des Landesamtes für Denkmalpflege stoßen bei erneuten
Grabungen auf Hausreste aus dem 6. Jh. v. Chr.
(rps) Archäologen des Landesamts für Denkmalpflege
beim Regierungspräsidium Stuttgart haben mit Unterstützung
eines internationalen Teams von Studenten aus Paris, Dijon, Bukarest,
Tübingen, Bamberg und Kiel seit Juli 2009 die archäologischen
Ausgrabungen auf der Heuneburg, Landkreis Sigmaringen, fortgesetzt.
Spektakuläre Entdeckungen der letzten Jahre haben den frühkeltischen
Fürstensitz ins Zentrum des Interesses der Forscher gerückt.
Auch bei der diesjährigen Grabung haben die Archäologen
einen außergewöhnlichen Fund gemacht, der heute an
Ort und Stelle vorgestellt wurde. Privatdozent Dr. Dirk L. Krauße
und Dr. Florian Westphal vom Landesamt für Denkmalpflege
präsentierten die neuen Funde und erläuterten ihre
Bedeutung für die Erforschung der keltischen Geschichte
und Kultur.

Als Ergebnis der geomagnetischen Untersuchungen auf der Heuneburg
kommen deutlich Hausgrundrisse zum Vorschein. Bild: LAD
Im Vorfeld der diesjährigen Grabungen wurde das Burgplateau
mit modernen geophysikalischen Messmethoden vermessen. Deutliche
Anomalien in den Messdaten ließen spannende Befunde erwarten.
Die anschließende Ausgrabung auf einer lediglich 5 x 5m
großen Fläche lieferte unerwartete Einblicke in das
Siedlungsgeschehen auf der Heuneburg. Nur etwa 0,5 m unter der
Humusschicht konnte ein spektakulärer Befund eines Hauses
aus dem 6. Jh. v. Chr. freigelegt werden. Die Wände des
Gebäudes bestanden aus einem Rutengeflecht, das mit Wandlehm
verputzt war. Bei einem großen Brandereignis ist das gesamte
Gebäude abgebrannt, wobei der Lehmverputz der Wände
durch die starke Hitze stark verziegelt wurde und dadurch hervorragend
erhalten blieb. Die Wände fielen in den Innenbereich des
Gebäudes und bilden so eine massive Schicht, unter der wahrscheinlich
der Innenraum und der Fußboden erhalten sind.

Das 5x5 m große Grabungsfeld auf der Heuneburg. Bild: LAD
Die Hoffnung der Archäologen ist nun, unter dem verziegelten
Wandverputz Reste einer einstigen Bemalung zu finden. Besonders
Reste von Verzierungen oder Wandmalereien wären eine Sensation.
Daher wird ein kleiner Bereich des Befundes nicht weiter gegraben
und soll stattdessen nach Abschluss der übrigen Arbeiten
im Block geborgen werden, damit eine Freilegung unter Laborbedingungen
mit Einsatz modernster Technik - wie z.B. Computertomographie
- in der Restaurierungswerkstatt des Landesamtes für Denkmalpflege
in Esslingen erfolgen kann.
Die Arbeiten an diesem außergewöhnlichen Befund werden
Mitte Oktober eingestellt und sollen im nächsten Sommer
fortgesetzt werden. Es ist zu erwarten, dass die Hausstrukturen
Teil eines größeren Gebäudes sind, wie die Ergebnisse
der geophysikalischen Prospektion vermuten lassen.
Die Heuneburg an der oberen Donau gehört zu den bedeutendsten
archäologischen Fundstätten Mitteleuropas und kann
als älteste frühstädtische Siedlung im gesamten
Raum nördlich der Alpen gelten. Großflächige
Ausgrabungen auf dem Burgberg fanden zwischen 1950 und 1976 statt,
die Vorburg und die Außensiedlung wurden in den letzten
zehn Jahren intensiv im Rahmen von Forschungsgrabungen untersucht.
Die Ausgrabungsbefunde lassen keinen Zweifel daran, dass sich
hier zwischen ca. 620 und 480 v. Chr. eines der bedeutendsten
Siedlungs-, Wirtschafts- und Machtzentren der älteren Eisenzeit,
ein so genannter frühkeltischer Fürstensitz, befand,
der weit reichende Beziehungen bis nach Etrurien und zu den griechischen
Kolonien unterhielt. Heute gilt die Heuneburg als einer der Entstehungsorte
der keltischen Kunst und Kultur. |