20.5.09
Jugendstil am Oberrhein: Der „Kunschthaafe“ kommt
(blm) Fast einen Monat lang war in der Vitrine nur
der Stellvertreter zu sehen. Nun trifft das letzte Exponat der
großen Sonderausstellung „Jugendstil am Oberrhein – Kunst
und Leben ohne Grenzen“ im Badischen Landesmuseum ein:
Der bronzene „Kunschthaafe“, zu deutsch: „Kunsttopf“,
wird am Mittwoch, 20. Mai, 11 Uhr, von seinem heutigen Besitzer
in die Ausstellung gebracht. Als Zeugnis eines lebhaften elsässischen
Künstlerzirkels zur Zeit des Jugendstils wird er bis zum
9. August 2009 in der Ausstellung zu sehen sein.
Der „Kunschthaafe“-Kreis entstand 1896 auf Anregung
des Gänseleberfabrikanten Auguste Michel in Straßburg-Schiltigheim.
Regelmäßig trafen sich die Mitglieder der Gruppe zum
gemeinsamen Tafeln und Debattieren. Zu jedem Treffen entwarf
einer der Künstler eine aufwändig gestaltete Menükarte.
Der Name des Kreises symbolisierte einen „Kochtopf der
Kunst“, in dem die Ideen aufwallten und emporsprudelten.
Eine aus dem Topf sprießende Lilie wies auf das Symbol
Frankreichs hin. Dem „Kunschthaafe“ gehörten
elsässische Schriftsteller und Industrielle an, aber auch
durchreisende Künstler wie René Bazin, Maurice Barrès,
Hans Arp und Sarah Bernhardt. Zu seinen Hauptakteuren zählten
Léon Hornecker, Joseph Sattler, Alfred Marzolff, Georges
Ritleng, Leo Schnug und François Laskowski. Insgesamt
gehörten rund 40 Künstler und Intellektuelle dem Kreis
an.

Wohnzimmer des Schlössels Schiltigheim von Auguste Michel,
Blick in den Flur: Die Fotografie zeigt die Veranda des Schloessel,
Schiltigheim, mit dem Blick zum Salon. Die Künstlergruppe „Kunschthaafe“ traf
sich in diesem von Stoskopf, Hornecker, Bischoff und Spindler
dekorierten Raum. Auf dem Tisch ist der „Kunschthaafe“ zu
sehen.
Dem Elsass widmet die Sonderausstellung „Jugendstil am
Oberrhein“ im Badischen Landesmuseum eine eigene Sektion.
Darin zeichnet sie das Porträt einer Kulturlandschaft, in
der Kunst, Politik, Geschichte und Wirtschaft eng miteinander
verflochten waren. Neben dem „Kunschthaafe“ beleuchtet
die Abteilung auch das Werk des elsässischen Kunsthandwerkers
Charles Spindler, des Straßburger Kunstgewerbelehrers Anton
Seder oder des herausragenden Künstlers Jean-Jacques Waltz.
Mit Hilfe unterschiedlichster Kunstgattungen, geschichtlicher
Ereignisse und persönlicher Schicksale macht die Sektion
die Kunst um 1900 im Dreiländereck Frankreich – Deutschland – Schweiz
in ihrem vielschichtigen Erscheinungsbild lebendig.
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