13.7.09
Klimaereignisse ließen Eiszeit-Mammute
bis weit über den 40. Breitengrad wandern
Dass Mammute offenbar gerne wanderten und einige
der Eiszeitriesen sogar bis weit in den Süden Spaniens gezogen sind, stellte
sich raus, als man dort die fossilen Überreste von vier
Mammutbullen entdeckte. Die Tiere lebten vor etwa 30 bis 40 Tausend
Jahren in der Nähe von Padul, einer kleinen Stadt im heutigen
Granada. Eine kürzlich veröffentlichte Studie beschreibt
die Funde und erläutert, was die Mammute in den Süden
zog und welche Relevanz die neuen wissenschaftlichen Ergebnisse
für das Verständnis globaler Klimaereignisse haben.
Europas südlichste Skelettfunde von Mammuthus primigenius
wurden in einem Moor auf dem 37. Breitengrad geborgen. Das ist
deutlich südlicher als die baumlos kargen und unwirtlichen
Gefilde, die man den Zottelriesen und dem typisch trocken-kalten
Klima zuordnet, das während der Eiszeit in Nord-Eurasien
herrschte.
Die fossilen Überreste der Padul-Mammute wurden in einem
wissenschaftlichen Kooperationsprojekt von einer internationalen
Forschergruppe untersucht. An der Studie beteiligt sind die Senckenberg
Forschungsinstitute mit der Abteilung für Quartärpaläontologie
in Weimar, die Universitäten Madrid und Oviedo sowie das
Naturmuseum Rotterdam.

Mammuthus primigenius, Gemälde v. K. K. Flerov. ©
Senckenberg Forschungsinstitute
"Die Fellmammuts haben damals zu den dauerhaften Bewohnern
Granadas gehört", sagt Diego Álvarez-Lao von
der Universität Oviedo und betont, dass es sich bei den
Padul-Funden nicht um einzeln versprengte Tiere handelt, die
sich rein zufällig in den Süden verirrt hatten. "Unsere
Untersuchungen belegen, dass die spanischen Mammute sich anatomisch
nicht von ihren Artgenossen in nördlicheren Regionen unterschieden
haben. Es war die gleiche Art", ergänzt Dick Mol, Eiszeitexperte
am Naturmuseum Rotterdam.
Nicht die Sehnsucht nach sommerlichen Temperaturen oder weiten
Sandstränden hat die Zottelriesen in den Süden gelockt,
sondern eine "Speisekarte" mit dem für sie genau
passenden Nahrungsangebot aus Gräsern, verschiedenen Kräutern
und niedrigem Buschwerk. Die Ausdehnung der Mammutsteppe mit
der für die typisch eiszeitliche Landschaft charakteristischen
Vegetation ist durch Klima- und Umweltdaten belegt.
Nuria García von der Universität Complutense de
Madrid stellt dazu fest: "Fossile Pflanzen, die wir in den
Bohrkernen von Forschungsbohrungen in Spanien und dem nahe gelegenen
Mittelmeer nachweisen konnten, wie auch die Untersuchungen der
Padul-Sedimente belegen, dass die Tiere sich von den typischen
Pflanzen einer Mammutsteppe ernährten."

Nahezu kompletter Unterkiefer eines eiszeitlichen Mammutbullen
aus Padul
© Senckenberg Forschungsinstitute
Zu dem internationalen Team von Eiszeitforschern, die Europas
südlichste Mammutfunde bearbeitet haben, gehört Ralf-Dietrich
Kahlke. Den Senckenberg-Wissenschaftler hat vor allem interessiert,
was Mammuthus primigenius und andere Eiszeittiere an vielen Ecken
der Nordhalbkugel über den 40. Breitengrad hinaus und weit
nach Süden wandern ließ. "Ein Vergleich mit weiteren
Fundorten, die zwischen dem 38. und 36. Breitengrad liegen, zeigt,
dass die Tiere vor 30 bis 40 Tausend Jahren auch außerhalb
Europas in Richtung Süden vorgestoßen sind," erläutert
der Paläontologe und dokumentiert das durch seine Kartierungsergebnisse.
Danach liegen die südlichsten Fundorte der Eiszeitriesen
auf einem Gürtel, der sich von Westeuropa über Georgien
und die sibirische Baikal-Region bis nach Ost-China und von Korea
bis in den amerikanischen Mittelwesten hinein erstreckt.
Hin und wieder wurden die Kolosse jedoch am Wandern gehindert.
In Padul setzten die unüberwindlichen Höhen der Sierra
Nevada einer weiteren Verbreitung der Tiere eine natürliche
Grenze. Ähnlich wirkten sich die Rocky Mountains in Nord
Amerika auf den Wandertrieb der Eiszeitriesen aus. Auch Regionen,
die nicht das typische Nahrungsangebot einer Mammutsteppe boten,
stoppten die Migration der Mammute. Dazu gehörten wüstenähnliche
Gebiete oder die weiten Prärien in Nordamerika, die sich
aufgrund von Vegetationsveränderungen zunehmend ausgedehnt
hatten.
Die aktuelle Studie belegt erstmals die südlichen Vorstöße
von Mammuthus primigenius in Europa und zeigt, dass die Migration
nach Spanien und Italien zur gleichen Zeit stattfand wie ähnliche
Wanderungen nach Ost-China, in den Norden Japans und nach Kamtschatka.
Die Wissenschaftler führen dieses Phänomen auf die
Koppelung von Klimaereignissen im Nordost-Atlantik und Nordwest-Pazifik
zurück. Ralf Dietrich Kahlke erklärt: "Dies ist
ein Beleg für globale Mechanismen, die das Klima schon während
der Eiszeit regulierten und damit auch die Vegetation und die
Wanderungen der Tiere maßgeblich beeinflusst haben." (dve)
Doris von Eiff,
Senckenberg Forschungsinstitute und Naturmuseen
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