14.9.09
Archäologische Rettungsgrabung in Tengen-Watterdingen,
Landkreis Konstanz
Bei einer Routinekontrolle zu Beginn der Erschließungsarbeiten
im neuen Gewerbegebiet "Breitenplatz" in Tengen-Watterdingen
entdeckte Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald am 31. Juli
2009 einige auffällige Erdverfärbungen, die auf eine
prähistorische Siedlung hindeuteten. Im Verlauf des Oberbodenabtrags
kamen auf den abgeschobenen Erschließungstrassen schließlich über
700 archäologische Fundstellen zutage. Es handelt sich meist
um Fundamentgruben von Holzpfosten, welche frühe Siedler
in Watterdingen zum Bau von Häusern in den steinigen Boden
eingegraben haben.
Noch während der Baggerarbeiten wurde eine Rettungsgrabung
eingeleitet, um die gut erhaltenen Siedlungsspuren vor ihrer
endgültigen Zerstörung zu dokumentieren. Die Ausgrabungen
wurden vom Kreisarchäologen des Landratsamtes Konstanz in
Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege des Regierungspräsidiums
Freiburg während den vergangenen zwei Wochen durchgeführt.
Das engagierte Grabungsteam aus Archäologiestudenten und
freiwilligen Helfern hat unter Leitung von Dr. Jürgen Hald
in kürzester Zeit alle Fundstellen exakt vermessen und ausgehoben
um die genaue Lage und Tiefe der Hauspfosten festzustellen.
In dem nun vorliegenden Siedlungsplan zeichnen sich deutlich
mehrere Grundrisse von bis zu 30 m langen Häusern ab. Die
exakte Vermessung und die Erfassung der Pfostentiefe wird eine
Rekonstruktion der fachwerkartigen Bauten erlauben, die hier
in siedlungsgünstiger Lage schon vor etwa 3000 Jahren angelegt
wurden. Innerhalb der Häuser zeichnen sich zudem Herdstellen
und unterschiedliche Räume der antiken Bewohner ab. Die
verschiedenen Baufluchten der Häuser sowie die ausgegrabenen
Funde lassen darauf schließen, dass der Platz mehrmals
besiedelt war. Die ältesten Keramikscherben stammen beim
derzeitigen Auswertungsstand wohl aus der ausgehenden Bronzezeit
um 1000-800 v.Chr. Aus einer Grubenhütte am östlichen
Rand des Baugebietes konnten zahlreiche Geweihfragmente mit Bearbeitungsspuren
geborgen werden. Sie zeigen, dass hier ein Knochen und Geweih
verarbeitender Handwerker seine Werkstatt errichtet hatte. Aus
der in den Boden eingetieften Werkhütte stammen Scherben
von auf der Töpferscheibe hergestellten Gefäßen
sowie einfacher Gebrauchskeramik, die wohl von frühen alamannischen
Siedlern etwa im fünften Jahrhundert n.Chr. hergestellt
wurden. Vermutlich handelt es sich bei diesem Siedlungsbereich
um eine der Keimzellen aus denen sich das alamannische Dorf Watterdingen
dann spätestens ab dem 6. Jahrhundert n.Chr. herausgebildet
hat. Genauere Aussagen werden jedoch erst nach der wissenschaftlichen
Auswertung der Funde möglich sein.
Zu den weiteren Highlights gehört ein etwa 2,5 m tiefer
Brunnen, der teilweise mit Brandschutt verfüllt wurde. „Die
Brandschicht deutet darauf hin, dass eines der nachgewiesenen
Dörfer bei einem Schadensfeuer niederbrannte“, erläuterte
Dr. Hald. Der Brunnen wurde mit dem Schutt der verbrannten Häuser
aufgefüllt und nicht wieder instand gesetzt. Die Funde aus
dem Brandschutt und auch naturwissenschaftliche Daten sollen
nach Abschluss der Ausgrabungsarbeiten helfen, den Zeitpunkt
des Unglücks näher einzugrenzen.
Durch die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Tengen, dem Ingenieurbüro
Reckmann sowie der Fa. SKS konnten die frühgeschichtlichen
Ausgrabungen der Kreisarchäologie während den Handwerkerferien
in Rekordzeit durchgeführt werden, so dass keine erheblichen
Verzögerungen der Bauarbeiten entstanden. „Obwohl
wir die archäologischen Untersuchungen unter großem
Zeitdruck in kürzester Zeit durchführen mussten, konnten
wir völlig neue Hinweise zur Ortsgeschichte von Watterdingen
gewinnen“, so Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald.
Die Ausgrabungen werden in den nächsten Tagen beendet sein.
Ab Mittwoch rollen bereits die Planierraupen über die frühgeschichtliche
Siedlung.

Bild: Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald vor dem teilweise
freigelegten Brunnenschacht in der vor- und frühgeschichtlichen
Siedlung von Watterdingen (ca. 1000 v.Chr. - 5. Jahrh. n. Chr.).
Der Erdbrunnen wurde nach einem Feuer in der Siedlung mit Brandschutt
verfüllt (Foto: Kreisarchäologie Konstanz).
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