12.4.10
Bachmuseum in Leipzig wieder eröffnet
(lmt) Sie wurden Nachbarn, als die Kutschen im
Mai 1723 auf den Thomaskirchhof bogen, beladen mit dem Hausrat
und
der
Familie des neuen Thomaskantors Johann Sebastian Bach. Später
dann war Bachs Familie häufig zu Gast schräg gegenüber
im Wohnhaus des Handelsherrn Georg Heinrich Bose. Der Geburtstag
Bachs wird in Leipzig jedes Jahr gefeiert, mit Festgottesdiensten,
mit einem Ständchen der Thomaner und mit dem Tortenanschnitt
am Bachdenkmal. Doch dieses Jahr, zu seinem 325. Geburtstag am
21.3.2010, bekamen nicht nur Johann Sebastian Bach, sondern auch
die Leipziger ein besonderes Geschenk: Die Eröffnung des
erweiterten und neu gestalteten Bach-Museums im Bosehaus.

Das neu eröffnete Bach-Museum am Thomaskirchhof in der
Leipziger Innenstadt. ©
LTM/Andreas Schmidt
Hinter
dem Tor des barocken Kleinods wartet eine multimediale Ausstellung
auf die Besucher. Bacharchiv, Museum, Bibliothek und Forschungsstätte
machen das Leben und Wirken von Johann Sebastian Bach interaktiv
begreifbar. Vorbei an der museumspädagogischen Werkstatt,
in der für das Kleinkind bis zum Studenten Projekte rund
um das Thema Musik angeboten werden, geht es über den Hof
ins Museums-Foyer im Hintergebäude. „Die erste Sonderausstellung
im neuen Anbau wird sich mit Bachs Einstand in Leipzig beschäftigen“,
erklärt Museumsleiterin Kerstin Wiese. Hier erfährt
der Besucher Interessantes über die Zwistigkeiten zwischen
dem Komponisten und den Ratsherren der Stadt Leipzig, die ihn
nur als „kleineres Übel“, als Mittelmaß auf
die Stelle des Thomaskantors setzten. Haben Sie schon mal eine
Bach-Handschrift datiert oder einen Bach-Choral nach den eigenen
Wünschen instrumentiert? Das und noch viel mehr ist in der
Dauerausstellung möglich, zu der auch die „Schatzkammer“ gehört.
Relikte aus Bachs Grab vom Johannisfriedhof und andere Kostbarkeiten
in Form von Dokumenten, Grafiken und Büchern sind hier thematisch
zusammengefasst. Wie kann man anhand der Zutaten von Tinte die
unterschiedlichen Verfasser von Schriftstücken identifizieren?
Dazu gibt die Bachforschung in einem separaten Raum dem Besucher
einen Einblick.

Das Museum ist Teil des Bach-Archivs und widmet sich dem
Leben und Wirken Johann Sebastian Bachs in Leipzig. Neben kostbaren
Handschriften, Grafiken und Notendrucken zeigt die Dauerausstellung
historische Instrumente und Möbel aus dem 18. Jh.
Zu Fuß oder mit dem Fahrstuhl gelangt man in die 1. Etage
des Museums. Im früheren Empfangsraum trifft man auf Bach
als Orgelexperten und darf den Spieltisch der Leipziger Johanniskirchenorgel,
die Bach selbst geprüft hatte, bestaunen. Akustisch umgesetzt
wird das Thema Orgel durch an der Decke angebrachte Klangrohre.
Auch ein Spaziergang durch das Leipzig von 1723 ist möglich.
Medienstationen erzählen hier Wissenswertes über Orte,
die für Bach von Bedeutung waren. Was ist ein Violone und
vor allem wie klingt er? Antworten auf diese Fragen erhält
man per Knopfdruck, und über Kopfhörer werden die barocken
Instrumente zum Leben erweckt. Dass die Musik und das Leben dahinter
mit allen Sinnen erfahrbar werden, dafür sorgen auch die „kleinen
geheimen Ecken“, verrät Kerstin Wiese. „Das
können Filmausschnitte sein oder Vitrinen mit Anekdoten
des Thomanerchors.“ Zum Schwelgen wird später hinter
dem Haus ein kleiner barocker Lustgarten einladen, den sich Kaufmann
Bose schon zu seiner Zeit gönnte. Und wer mag, kann den
Tag genüsslich im „Café Gloria“ ausklingen
lassen.
Es gibt wahrlich viel zu Entdecken in den historischen Gemäuern. „Nicht
Bach – Meer sollte er heißen.“ sagte Ludwig
van Beethoven einst. Dieser Eindruck entsteht auch beim Besuch
des völlig neu gestalteten Bach-Museums.
Bach-Museum Leipzig
Thomaskirchhof 15/16, 04109
Tel.: +49 (0)341 9137-202
www.bachmuseumleipzig.de
Text: Janet Schönfeld, Leipzig |