13.9.12
Staatliche Schlösser und Gärten stellen neuen Flyer
zum Naturschutz in Schloss Heidelberg vor
Schloss Heidelberg als wichtiges Winterquartier für die Fledermäuse
der Region und der Schlossgarten als Lebensraum und Laichplatz
für Amphibien: Das bedeutende Kulturdenkmal hat mehr Seiten,
als die meisten seiner Besucher ahnen. Die Staatlichen Schlösser
und Gärten Baden-Württemberg verstehen es als ihre Aufgabe,
in einem der meistbesuchten Monumente Deutschlands die Interessen
des Millionenpublikums mit den Bedürfnissen der bedrohten
Tierarten in Einklang zu bringen. Im neuen Flyer werben die
Staatlichen Schlösser und Gärten für Verständnis
und zeigen, was alles im Schloss lebt: von der Zwergfledermaus
bis zum Bergmolch.

Feuersalamander
„Hier ist tierisch was los“ – so lautet der
Titel des Faltblattes, das die Staatlichen Schlösser und Gärten
bei einem Pressetermin in Schloss Heidelberg vorstellten. Der informative
Flyer soll helfen, mehr Bewusstsein für die besondere Fauna
rund um das Heidelberger Schloss zu wecken. Ob Zwergfledermäuse
oder Große Mausohren: Für die seltenen nächtlichen
Flieger sind die Mauern des Schlosses sichere Orte für den
Winterschlaf. Im Bereich des Hirschgrabens und des Großen
Altans, der West- und Ostkasematte, im Gesprengten Turm, im Torturm,
im Ludwigsbau, im Gläsernen Saalbau, Glockenturm und im Englischen
Bau hängen die Tiere in Mauerfugen und Deckenlöchern.
Für Besucherinnen und Besucher heißt das: Diese Bereiche
bleiben weitgehend gesperrt für den Publikumsverkehr. Die
Staatlichen Schlösser und Gärten haben in diesem Sommer
zum ersten Mal Schloss Heidelberg als Lebensraum dieser ungewöhnlichen
Tiere präsentiert und eine Fledermausführung ins Programm
aufgenommen. Die Nachfrage war enorm. „Das zeigt uns, wie
lebhaft das Interesse der Schlossbesucher am Thema Artenschutz
ist“, so Michael Bös, der Leiter der Schlossverwaltung
Heidelberg.
Auch für Amphibien ist das Gelände rund um das Schloss
ein wichtiger Lebensraum: Erdkröten, Grasfrösche, Bergmolche
und Feuersalamander, die vorwiegend in den Wäldern oberhalb
des Schlosses leben, nutzen im Frühjahr den Schlossgarten
als Laichplatz. Für Molche und Salamander sind die Mauerritzen
in den Stützmauern des Schlossgartens Tagquartier und bieten
Raum zum Überwintern. Ein weiteres Naturschutzthema beim Heidelberger
Schloss: Die Friesenbergwiese gehört seit dem Mittelalter
zur Kulturlandschaft um Heidelberg. Das Gelände ist allerdings
so steil, dass die ständige Pflege durch Gärtner nicht
nur aufwendig, sondern sogar gefährlich wäre. Seit einigen
Jahren weiden hier Skudden, eine alte ostpreußische Schafrasse,
für die die steilen Wiesen der perfekte Standort sind. Sie
sorgen dafür, dass die Grasflächen nicht mit Gebüsch
zuwachsen und dass das Ökosystem Friesenbergwiese unterhalb
des Schlosses erhalten bleibt.

Zwergfledermaus. Foto M. Braun

Mausohr-Fledernaus. Foto N.N.
Wie sehr die Staatlichen Schlösser und Gärten im ganzen
Land Belange des Naturschutzes berücksichtigen, zeigte Frank
Krawczyk, der Leiter des Bereiches Kommunikation bei den Staatlichen
Schlössern und Gärten. Ein Beispiel: Die Festungsruine
Hohentwiel im Süden des Landes liegt auf einem Berg, der in
seiner Gesamtheit wegen der seltenen Tier- und Pflanzenarten, die
dort zusammen leben, unter Naturschutz steht. In vielen Klöstern
wie etwa in Bebenhausen nisten Falken: Historische Monumente sind
oft seit Jahrhunderten Teil eines komplexen Ökosystems. „Damit
gehen wir täglich um, wenn wir ein Monument für die Besucherinnen
und Besucher nutzen“, so Frank Krawczyk. So bieten auch viele
Schlösser und Klöster Veranstaltungen zum Naturschutz
an. In Schloss Weikersheim befassen sich etwa besondere Führungen
mit Wildkräutern und Heilpflanzen im Schlossgarten und wecken
damit Verständnis und Interesse für die heimische Flora.
In Kloster Bebenhausen, das auf einer weiten Lichtung im Naturpark
Schönbuch bei Tübingen liegt, arbeitet man eng mit Forstverwaltung
und Naturschutz zusammen und bietet immer wieder Veranstaltungen
an, in denen es um das Ökosystem Wald geht.
Schloss Heidelberg ist ein Ort mit ganz besonderen Herausforderungen – kein
Wunder: Die berühmteste Schlossruine der Welt, Flaggschiff
der baden-württembergischen Denkmälerlandschaft, ist
so stark besucht wie kein zweites Monument im Land. In einer Umfrage
der deutschen Zentrale für Tourismus belegte es unlängst
den ersten Platz unter den 100 wichtigsten Sehenswürdigkeiten
Deutschlands. Die Abstimmung der Besucherwünsche mit den Belangen
des Naturschutzes ist eine ständige Aufgabe, der sich die
Staatlichen Schlösser und Gärten gerne stellen. „Wir
sind froh, dass die Staatlichen Schlösser und Gärten
dabei von den Institutionen, die im Naturschutz arbeiten, so gut
unterstützt werden“, so Michael Bös. Der Prospekt
sei ein Zeugnis dieser guten Kooperation. Mit dem neuen Prospekt
will man um Verständnis werben und sensibilisieren. Er soll
Informationsmedium sein – für die Heidelberger ebenso
wie für Touristen. „Wer weiß, dass hier bedrohte
Tiere leben, versteht auch besser, warum immer wieder Bereiche
im Schlossgelände gesperrt werden müssen“, so der
Leiter der Schlossverwaltung. „Wir sind auf einem guten Weg“,
zogen Frank Krawczyk und Michael Bös als Fazit.

Selbst im Laichbecken gefährdet: Feuersalamander und Bergmolche
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