30.1.12
325. Geburtstag: Balthasar Neumann – ein
Genie auf dem zweiten
Bildungsweg
(bsv) Europa hat ihm einige der schönsten und berühmtesten
Werke der Barockarchitektur zu verdanken: Balthasar Neumann. Morgen
vor 325 Jahren wurde der geniale Baumeister im böhmischen
Eger (Cheb) geboren. Er schuf die Treppenhäuser der Schlösser
in Bruchsal und Brühl, die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen
und die Abteikirche Neresheim. Am berühmtesten ist aber wohl
sein Lebenswerk, die Würzburger Residenz. Sowohl Schloss Augustusburg
in Brühl wie auch die Residenz in Würzburg, die von der
Bayerischen Schlösserverwaltung betreut wird, stehen heute
auf der exklusiven UNESCO-Liste des Weltkulturerbes.
Eine so ruhmreiche Karriere konnte niemand vorhersehen, als Balthasar
Neumann am 30. Januar 1687, vermutlich am dritten Tag nach seiner
Geburt, als siebtes Kind eines Tuchmachers getauft wurde. Es war
sein Wissensdurst und Ehrgeiz, der ihn auch nach der Lehrzeit in
Eger als Glocken- und Geschützgießer nicht ruhen ließ.
Er ging auf Wanderschaft nach Würzburg, wo er 1711 den Lehrbrief
der "Büchsenmeister-Ernst- und Lustfeuerwerkerey" erwarb.

Treppenhaus der Residenz Würzburg, eines der Hauptwerke
Balthasar Neumanns. Bild: © Bayer. Schlösserverwaltung
Die Heimatstadt half trotz leerer Kassen mit einem Stipendium
Ein Jahr später trat der junge Neumann bei der fränkische
Kreisartillerie in den Militärdienst ein. Nur dort hatte ein
mittelloser Handwerker wie er die Chance, sich in der "Militär-
und Zivilbaukunst", sprich als Ingenieur und Architekt, weiterzubilden.
Auf diesem zweiten Bildungsweg förderte ihn der Rat seiner
Geburtsstadt Eger, der ihm trotz der "gegenwärtigen geldklemmen
Zeiten" ein Darlehen von rund 100 Gulden als Stipendium gewährte.
Eine Investition, die sich lohnen sollte: Neumann machte eine
glänzende Karriere. Beim Militär stieg er vom gemeinen
Soldaten bis zum Oberst auf. Als Architekt trat er bald in fürstbischöfliche
Dienste. Beides ermöglichte ihm schon nach zehn Jahren die
komplette Rückzahlung des Stipendiums.
Ein riesiges Projekt wird dem unerfahrenen jungen Architekten
anvertraut
Der neu gewählte Fürstbischof von Würzburg, Johann
Philipp Franz von Schönborn, legte 1720 den Grundstein für
den Neubau einer repräsentativen Stadtresidenz. Es sollte
sich als Glücksgriff erweisen, dass er den jungen, als Architekt
noch wenig erfahrenen Ingenieurhauptmann Neumann mit der Leitung
dieses riesigen Bauvorhabens betraute. Neumann erfüllte alle
in ihn gesetzten Erwartungen sowohl als Bauleiter wie auch als
Planungskoordinator und selbständig entwerfender Architekt
aufs Beste.

Bildnis Balthasar Neumanns im Deckenfresko über dem Treppenhaus
der Residenz Würzburg, gemalt von Giovanni Battista Tiepolo,
1753. Bild: © Bayer. Schlösserverwaltung
Ein Gesamtkunstwerk entsteht
Neumann wetteiferte während der Bauzeit der Würzburger
Residenz mit dem Mainzer Hofbaumeister Maximilian von Welsch und
dem kaiserlichen Hofbaumeister Lukas von Hildebrandt in Wien, deren
Entwürfe er teilweise in die eigenen Planungen integrierte.
Auf einer Studienreise nach Paris 1723 suchte er zudem den Rat
der führenden Architekten Frankreichs, Robert de Cotte und
Germain Boffrand. 1744 konnte das Richtfest der Residenz Würzburg
gefeiert werden. "Das einheitlichste und außergewöhnlichste
aller Barockschlösser" – so das Urteil der UNESCO
1981 – war im Rohbau fertig gestellt.
Als Neumann am 19. August 1753 in Würzburg starb, war die
Residenz auch im Inneren weitgehend vollendet. Im gleichen Jahr
signierte Giovanni Battista Tiepolo das weltberühmte Deckenfresko über
dem genialen Treppenhaus Neumanns, den er dort in nachdenklicher
Pose, auf einem Kanonenrohr sitzend, dargestellt hat. Bis vor zehn
Jahren existierten in Deutschland noch Zigtausend kleinere Porträts
von Balthasar Neumann: Sie zierten die letzte Auflage der 50-Mark-Scheine. |