13.12.13
Ein neues Gesicht für das Deutsche Musikautomaten-Museum Bruchsal
(blm) Im prächtigen Bruchsaler Schloss präsentiert
das Deutsche Musikautomaten-Museum seit beinahe 30 Jahren eine
der weltweit größten öffentlichen Sammlungen selbstspielender
Instrumente. Auf drei Etagen erwarten den Besucher über 500
klingende Exponate, die eine heute fast vergessene Musik- und Mediengeschichte
dokumentieren.

Derzeit werden die Ausstellungsräume des Museums modernisiert
und die Präsentation inhaltlich überarbeitet. Die Umbauarbeiten
im Erdgeschoss sind bereits abgeschlossen; dort kann die Dauerpräsentation
vom Publikum schon wieder in Augenschein genommen werden. Die weiteren
Etagen folgen in den nächsten Monaten. Zur Feier der Neugestaltung
und des gleichzeitigen 30jährigen Jubiläums des Museums
sowie seines Freundesvereins wird vom 28. bis zum 29. Juni 2014
ein großes zweitägiges Fest veranstaltet - mit vielen
Konzerten, Mitmach-Aktionen und musikalischen Führungen. Mit
dieser letzten Amtshandlung begeht der Direktor des Badischen Landesmuseums
Karlsruhe Prof. Dr. Harald Siebenmorgen seinen Abschied.
In der Zeit von MP3-Playern oder YouTube ist Musik heutzutage
auf Knopfdruck allgegenwärtig. Doch dies ist erstaunlicherweise
kein Phänomen des 21. Jahrhunderts. Denn bereits im 19. Jahrhundert
gab es nicht nur volkstümliche Musikkapellen bei der Kirchweih
oder den Besuch in der Oper, um Musik zu erleben. Auch in großbürgerlichen
Salons, in Kneipen, Hinterhöfen oder auf Straßen erklang
Musik, ohne selbst zu musizieren. Im Deutschen Musikautomaten-Museum
taucht der Besucher in diese fast vergessene Geschichte der selbstspielenden
Instrumente ein und trifft auf schier grenzenlose Möglichkeiten,
nicht nur Pfeifen und Glocken, sondern auch "echte" Tasten-,
Blas-, Schlag- und sogar Saiteninstrumente zum Klingen zu bringen.
So steht man im Museum plötzlich vor Orchestrien gigantischen
Ausmaßes, Figurenautomaten mit faszinierender Menschenähnlichkeit
oder sitzt in einem kleinen Filmtheater, in dem ein Stummfilm von
einem Kinoorchestrion begleitet wird.
Mit der gerade abgeschlossenen Neueinrichtung im Erdgeschoss des
Deutschen Musikautomaten-Museums hat die Ausstellung der frühen
Flötenuhren aus den 1820er Jahren eine Aktualisierung erfahren.
Die Inszenierung einer Flötenuhrenwerkstatt führt den
Besuchern die Arbeitswelt der Hersteller vor Augen.

Die Geschichte von Instrumentenbauern, Drehorgelspielern und Moritatensängern
wird an modernen Medienstationen durch historische Bild-, Ton-
und Filmaufnahmen anschaulich vermittelt. Und noch etwas ganz Besonderes
gibt es zu entdecken: das historische Karussell "Die wilde
Jagd", das erstmals seit der Stilllegung um 1955 teilrekonstruiert
wieder gezeigt wird. Jedoch können die Besucher dies nicht
nur bestaunen, sondern auch auf den Pferden Platz nehmen. Das Schwelgen
in alten Kindheitserinnerungen gibt es inklusive! Ab Sommer 2014
wird das Museum dann die Lücke in der Entwicklungsgeschichte
selbstspielender Instrumente zwischen den Erfindungen der 1950er
Jahre und der Digitalisierung in der heutigen Zeit schließen.
So kann der Besucher sich auf eine spannende Tour durch die letzten
Jahrzehnte bis zum heutigen iPod begeben.
In der modernisierten Ausstellung dürfen jedoch auch die
klassischen Highlights des Deutschen Musikautomaten-Museums nicht
fehlen. Hierzu zählt etwa der legendäre selbstspielende
Flügel aus dem Besitz Konrad Adenauers. Im Vergleich zu zeitgenössischen
Abspielgeräten erzielte dieses Instrument mit der originalgetreuen
Wiedergabe von Einspielungen bedeutender Pianisten eine bislang
unerreichte Klangqualität. Ein weiteres Meisterstück
ist die Philharmonie Orgel der Freiburger Firma Weite, die sog. "Titanic-Orgel" mit
ihren 1269 Pfeifen - die der Legende nach für den Unglücksdampfer
Titanic vorgesehen, aber zu spät fertiggestellt wurde. Auch
das in den USA als "achtes Weltwunder" bezeichnete Orchestrion "Violina" der
Leipziger Firma Hupfeid darf in dieser Reihe nicht fehlen. Es galt
einst als undenkbar, Geigen mechanisch zum Klingen zu bringen -
mit der "Hupfeld-Violina" gelang jedoch diese technische
Meisterleistung.
Die ewige Sehnsucht der Menschen, den Zauber der Musik jederzeit
abrufbar zu machen, sorgte für einen unfassbaren technischen
Erfindungsreichtum. Das Spektrum der Innovationen reicht von der
scheinbar einfachen Flötenuhr zum hochkomplexen Androiden, über
Drehorgel und Musikdose, die kleine filigrane Taschenuhr bis zu
einer der schönsten Jahrmarktsorgeln, die in Deutschland gefertigt
wurde. 1912 wurde sie im Vergnügungspark von Coney Island
aufgestellt. Einen Eindruck vom Klang der unterschiedlichsten Musikautomaten
geben Tonbandaufnahmen, die die Besucher per Knopfdruck selbst
auslösen können.
Kostbare musikalische Dokumente, das Staunen über mechanische
Meisterleistungen und der Zauber vergangener Zeiten - das Deutsche
Musikautomaten-Museum lockt die Besucher ab Juni 2014 zu einem
faszinierenden, informativen und poetischen Streifzug durch die
Geschichte.
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