9.12.13
Mit Hightech der Vergangenheit auf der Spur
Diesjährige Ausgrabungskampagne in
Engen-Anselfingen beendet
(lkkn) Vor wenigen Tagen wurde die diesjährige
archäologische Ausgrabungskampagne der Kreisarchäologie
des Landratsamtes Konstanz im Kieswerk Kohler bei Engen-Anselfingen
beendet. Die archäologischen Untersuchungen finden seit 2009
immer in den Sommermonaten auf künftigen Abbauflächen
des Kieswerks statt, um die Spuren früherer Siedler zu dokumentieren
und zu bergen, bevor große Radlader mit dem Kiesabbau beginnen.
Die Ausgrabungen, welche der Kreisarchäologe Dr. Jürgen
Hald in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege des Regierungspräsidiums
Freiburg durchführt, haben in den letzten Jahren bedeutende
Siedlungszeugnisse der Kelten und Römer zwischen 500 v. Chr.
und dem dritten nachchristlichen Jahrhundert zutage gefördert.
Besonders eine sehr große keltische Siedlung des 5. - 2.
Jahrhunderts v. Chr., die sich über die langgedehnte Kiesfläche
zwischen Welschingen und Anselfingen über viele Hektare erstreckte,
ist von großem wissenschaftlichen Interesse, da eisenzeitliche
Siedlungen dieser Größenordnung im Land selten sind.

Der Archäologiestudent Benjamin Höpfer (li.) und Kreisarchäologe
Dr. Jürgen Hald (re.) vor einer freigelegten Feuerstelle eines
Hauses, das vermutlich im 2. Jahrtausend v. Chr. erbaut wurde.
Bild © Kreisarchäologie Landratsamt Konstanz, Foto:
Jürgen Ehrle
Bei der diesjährigen Kampagne legte Hald und sein Team aus
Archäologiestudenten und ehrenamtlichen Helfern, das bis zu
25 Personen umfasste, wieder 10 neue Hausgrundrisse unterschiedlicher
Siedlungsphasen auf einer etwa 1,3 Hektar großen Fläche
frei. Sie ergänzen den Siedlungsplan, der inzwischen 4,2 Hektar
der vorgeschichtlichen Siedlungen mit ihren Baustrukturen abbildet.
Mit großen Baggern und sogenannten Dumpern, riesigen Lastwagen,
welche das Erdreich abtransportieren, greift Thomas Kohler, der
Kieswerkbetreiber, den Archäologen unter die Arme. Beim Abtrag
der an dieser Stelle bis zu über einem Meter mächtigen
Erdauflagerungen wurde dann kurz vor Grabungsende eine große
Steinstruktur freigelegt, die den Forschern Rätsel aufgab.
Nach dem aufwändigen Freipräparieren zeigte sich eine
42 m lange und bis 8 m breiten Pflasterung aus Geröllen, Lesesteinen
und einigen großen Basaltbrocken, die auf einer dunkler streifenförmigen
Erdverfärbung lagen. Da die Steinstruktur allein aufgrund
ihrer Größe vom Boden nur schwer beurteilbar war, kam
neuste Technik zum Einsatz. Dr. Christoph Steffen vom Landesamt
für Denkmalpflege (Regierungspräsidium Stuttgart) reiste
aus Esslingen am Neckar an, um mit einer Drohne Luftbilder von
der rätselhaften Steinstruktur anzufertigen. Die mit acht
Rotoren ausgestattete Drohne, ein sogenannter Oktokopter, kann
mittels einer Fernsteuerung und GPS-Navigation zielgerecht über
dem Forschungsobjekt platziert werden. Mit Hilfe eines Überwachungsmonitors
und einer ferngesteuerten Digitalkamera, können so innerhalb
weniger Minuten exakte Fotografien aus bis zu 100 m Höhe angefertigt
werden.

Die freigelegte Steinstruktur aus dem Kieswerk Kohler auf einer
mit einer Drohne angefertigten Luftaufnahme. Sie zeigt eine teilweise
erhaltene Steinpflasterung, die vermutlich von Römern (1.-3
Jahrhundert n. Chr.) oder Kelten (1. Jahrtausend v. Chr.) als Unterbau
für eine Straße oder befestigten Weg angelegt wurde.
Bild © Landesamt für Denkmalpflege am Regierungspräsidium
Stuttgart: Foto: Ch. Steffen.
„Der Einsatz der Luftbilddrohne hat uns in diesem Fall sehr
weitergeholfen. Aus großer Höhe zeigt sich klar, dass
die Steinstruktur offensichtlich zu einem alten Weg oder ähnlichem
gehört“, so der Kreisarchäologe. Die Steine dienten
vermutlich als Unterbau für eine Straßen- oder befestigte
Wegetrasse, die sich in der Geländesenke, welche dieses Jahr
von den Archäologen freigelegt wurde, zumindest teilweise
erhalten hatte. Ob der Weg zu den römischen Gebäuden,
welche vor drei Jahren etwa 200 m südwestlich freigelegt wurden,
führte oder gar von Kelten vor über 2000 Jahren erbaut
wurde, ist derzeit noch nicht eindeutig zu entscheiden. „Wir
müssen zuerst abwarten, bis alle Funde aus der Steinstruktur
gewaschen und wissenschaftlich untersucht sind. Aufgrund der bisherigen
Beobachtungen dürfen wir jedoch von einem Alter von mindestens
1700 Jahren ausgehen“, erläuterte Kreisarchäologe
Hald, der sich über die erfolgreich verlaufene Grabungssaison
und das Erreichen des gesetzten Flächenzieles freut. Nächsten
Sommer sollen die Ausgrabungsarbeiten an dieser Stelle fortgesetzt
werden, denn die Kiesgewinnung schreitet voran und erfordert neue
Abbauflächen. |