6.5.13
Schloss Rastatt
greift Besucherinteresse auf
Haben sich die Menschen im Barock gewaschen?
(ssg) Wie war das mit dem Waschen und dem Wasser im Schloss? „Fast
bei jeder Führung im Schloss kommt die Frage“, weiß Stephan
Hurst, der Leiter der Schlossverwaltung Rastatt, aus Erfahrung.
Zusammen mit Dr. Petra Pechacek, der neuen Konservatorin der Staatlichen
Schlösser und Gärten für die Schlösser am Oberrhein,
hat er jetzt für das notwendige historische Hintergrundwissen
gesorgt. Ab sofort geht das Führungspersonal im Schloss der
Markgrafen von Baden-Baden auf diese grundlegenden Fragen ein und
gibt die historisch korrekten Auskünfte – bei allen
Rundgängen. Ebenfalls neu in Schloss Rastatt: Ein bislang
nicht sichtbarer Nebenraum am Schlafzimmer der Markgräfin
ist jetzt zugänglich und zeigt historische Gegenstände
der alltäglichen Hygiene. Eine weitere Neuerung ist die Sonderführung „Das
stille Örtchen“: Premiere ist am 12. Mai.
Der barocke Alltag als Thema bei allen Führungen
Führungen als das wesentliche Element der Erschließung:
Für die Staatlichen Schlösser und Gärten seien sie
eine zentrale Aufgabe, sie seien es, die das Erlebnis der historischen
Monumente des Landes erst richtig möglich machten. Stephan
Hurst führt aus: „Das ist der Grundsatz unserer Arbeit
bei der Präsentation der Schlösser: Wir nehmen unsere
Besucher und ihre Fragen ernst.“ Die Frage danach, wie das
nun eigentlich war mit dem Waschen und der Sauberkeit in den Zeiten
des legendären „Türkenlouis“ und seiner klugen
Frau, der Markgräfin Sibylla Augusta, komme regelmäßig.
Die Konservatorin Petra Pechacek ergänzt: „Und die Frage
ist nicht abseitig, sondern gibt uns bei den Führungen ganz
viele Möglichkeiten, den Alltag des 18. Jahrhundert in seiner
Fremdheit und seiner Nähe zu unserer Zeit zu zeigen“.
Was genau wird künftig im Rastatter Schloss zu erleben sein?
Die Schlossverwaltung hat einen kleinen Raum der Beletage des Schlosses
geöffnet, der bisher nicht zugänglich war. Das Zimmer
ist eine sogenannte „Retirade“, ein kleiner Nebenraum,
erreichbar durch eine Tapetentürm neben dem Prunkbett im Schlafzimmer
der Markgräfin. Hier sehen die Führungsgäste ab
sofort Dinge des Alltags: einen Nachtstuhl, Nachttöpfe – auch
einen speziell für Damen –, Waschgeschirr, sie hören
von Hausrezepten und Schminken, von Riechsalz und Parfums. Die
Staatlichen Schlösser und Gärten greifen dabei auf Stücke
des 19. Jahrhunderts und auf Reproduktionen von Darstellungen der
Barockzeit zurück: Grade Alltagsgegenstände früherer
Jahrhunderte sind nur selten erhalten. „Wir haben für
unseren neuen didaktischen Bereich zur Hygiene einen Raum gewählt,
der schon zu Zeiten der Markgräfin Sibylla Augusta wahrscheinlich
für solche Zwecke genutzt wurde“, sagt Pechacek.
Für die Führerinnen und Führer im Schloss hat die
Konservatorin einen inhaltlichen Leitfaden ausgearbeitet. Die Textzusammenstellung
enthält Informationen zu Hygiene und Körperpflege im
Barock im Allgemeinen und ganz besonders auch im Umfeld der Markgräfin
Sibylla Augusta. „Damit geben wir allen unseren Führerinnen
und Führern die historischen Grundlagen, um bei Führungen
das Thema korrekt zu präsentieren.“ Das neue Wissen
wird künftig bei allen Führungen einfließen. Außerdem
auf dem Programm: eine neue Sonderführung, die sich ausschließlich
dem barocken Umgang mit Wasser und Parfüm widmet. Der Titel
der neuen Sonderführung: „Das stille Örtchen“ oder „Von
Töpfen, Nachtstühlen und Flohfallen“. Starttermin
der neuen Führung ist Muttertag, 12.Mai, um 14.30 Uhr.

Barocke Wasserscheu mit medizinischem Hintergrund
Und wie war es nun mit dem Waschen tatsächlich? Pechacek: „Im
Barock war man sehr vorsichtig beim Kontakt mit dem Wasser.“ Die
Konservatorin erklärt, dass die Medizin damals der „Säftelehre“ folgte
und davon ausging, dass Wasser über die Haut in den Körper
eintrete und damit das Gleichgewicht des Organismus störe.
Gebadet wurde eher aus medizinischen Gründen – etwa
bei einer Kur – und statt der regelmäßigen Wäsche
rieb man sich beispielsweise mit sauberen Tüchern ab und mit
Parfüm und wechselte oft die Wäsche – wenn man
das Glück hatte, zu den vornehmen Herrschaften zu gehörten
und über genügend Wäsche verfügte.
Anmeldungen für die Sonderführung „Das stille Örtchen.
Von Töpfen, Nachtstühlen und Flohfallen“ am 12.Mai,
um 14.30 Uhr:
Service-Center Telefon 0 72 22 . 93 49 88 1 und 97 81 78
E-Mail: service@schloss-rastatt.de
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