2.7.14
Schloss Schwetzingen
Der Schlossgarten als Naturdenkmal für alle: Lösung
für Gänseherden gesucht
(ssg)
Prächtige Tiere, die im historischen Garten Probleme bereiten:
Im Schlossgarten von Schwetzingen nehmen die Herden der zugeflogenen
Kanada- und Nilgänse immer mehr zu. Um der Ausbreitung der
großen Vögel in diesem berühmten Naturdenkmal Herr
zu werden, müssen die Staatlichen Schlösser und Gärten
Baden-Württemberg nach neuen Wegen suchen.
Wildgänse im Schlossgarten
Es ist ein Problem, das inzwischen viele Kommunen kennen: Die Gänsepopulationen
in den Grünanlagen wachsen immer mehr. Die Wildvögel
finden in den Städten ein überreiches Nahrungsangebot:
So wurden innerhalb weniger Jahre aus wilden Zugvögeln Einheimische.
Und weil sie obendrein keine Feinde in den Städten haben,
wachsen jedes Jahr viele Gänseküken auf. Sehr zum Verdruss
der Menschen, die auf Wegen und Wiesen die Hinterlassenschaften
der großen Vögel finden. Eine weitere Folge: Die Gänse
verschieben die Balance der einheimischen Tierwelt im Naturdenkmal
Schlossgarten.
Kanada- und Nilgänse als neue Arten
Auch im Schlossgarten Schwetzingen kollidieren die Lebensgewohnheiten
der Wildgänse mit den Notwendigkeiten des Schlossgartens.
Wie fast überall sind es Kanada- und Nilgänse, die
sich hier in wachsender Schar angesiedelt haben. Kanada- und
Nilgänse sind sogenannte Neozoen, d.h. wildlebende Tierarten,
aus anderen Erdteilen stammend, die sich inzwischen in Mitteleuropa
angesiedelt haben. Im Bundesjagdgesetz sind zwar Jagd- und Schonzeiten
für Wildtiere geregelt, Kanada- und Nilgänse sind darin
allerdings nicht vorgesehen – und damit gilt ein Jagdverbot.
Verstärkend kommt hinzu, dass auch während der Brut-
und Setzzeiten bis zum Selbstständig Werden der Jungtiere
die Elterntiere – auch bei Wild ohne Schonzeiten – nicht
bejagt werden dürfen.
Auf die besondere Situation im Schlossgarten Schwetzingen wies
Michael Hörrmann, , der Geschäftsführer der Staatlichen
Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, bei einer
Begehung in Schwetzingen hin: Der Schlossgarten ist ein Naturdenkmal,
kein Naturschutzgebiet. Es handele sich um ein „von Menschen
gestaltetes, hochkomplexes Naturgebilde, dessen Bewahrung viel
Sensibilität verlangt“, so beschreibt Michael Hörrmann
die Situation in Schwetzingen. Selbstverständlich werde das
Vorgehen aller für den Garten Verantwortlichen von Respekt
vor den Tieren und strikter Beachtung des Tierschutzes getragen. „Ziel
unserer Bemühungen ist es aber immer, das einzigartige authentische
Naturdenkmal zu erhalten.“
Weg ins Wasser soll erschwert werden
Um den Gänsen wenigstens ein bisschen Einhalt zu gebieten,
haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
jetzt den Weg ins Wasser erschwert: Am großen Weiher wurde
ein Netz gespannt. Der Sinn der Aktion: Zäune sollen den flugunfähigen
Jungtieren und ihren Eltern den Weg zum Ufer versperren und ihnen
damit den Schlossgarten als Lebensraum weniger attraktiv machen. „Wir
bauen darauf, dass unsere Besucher die optische Beeinträchtigung
durch die Absperrung mit Verständnis aufnehmen“, sagt
Michael Hörrmann.

Schutzzaun am Großen Weiher
- diesmal soll der Weiher vor den Gänsen geschützt werden. Bild: © ssg
Beeinträchtigungen für Besucherinnen und Besucher
Der Kot der Gänse im Schlossgarten ist nicht nur ein optisches
Problem. Die Verschmutzung der Wege und Rasenflächen verursachen
einen enormen Reinigungsaufwand. Zu befürchten sei, dass künftig
womöglich einmal aus hygienerechtlichen Aspekten sogar einzelne
Rasenflächen gesperrt werden müssten. „Wir suchen
derzeit nach Wegen, wie wir mit der Situation umgehen können“,
so Michael Hörrmann.
Zunehmende Schäden und Verschmutzungen
Noch gravierender aber sind die Schäden, die durch den ätzenden
Vogelkot ausgelöst werden: Die berühmten Statuen im Schlossgarten
leiden darunter. Das Wasser des Gartens in den Kanälen, Teichen
und Springbrunnen wird verschmutzt; Folge davon ist die verstärkte
Algenbildung. Schließlich hat die wachsende Gänseherde
ordentlich Appetit: „Die Schlossgärtner stellen zunehmende
Fraßschäden im Bereich des Parterres fest“, konstatiert
Michael Hörrmann. Ein wichtiger Aspekt für den Artenschutz
im Schlossgarten sei zudem, dass die Gänseexoten die einheimischen
Wildenten und Schwäne verdrängen. „Auch diese traditionellen
Bewohner gehören zum Gesamteindruck des Naturdenkmals Schlossgarten.“
Beträchtlicher Reinigungsaufwand
Für die Staatlichen Schlösser und Gärten verursachen
die Vögel beträchtliche Kosten: Sie müssen viel
mehr in Reinigungsarbeiten investieren. Derzeit wird täglich
der Gartenbereich von den Gänse-Hinterlassenschaften gereinigt. „Aber
das reicht schon nicht mehr“, stellt Sandra Moritz, die Leiterin
der Schlossverwaltung, fest. Die Statuen des Gartens, bislang zweimal
jährlich im Reinigungsintervall, müssten derzeit beinahe
in wöchentlichem Abstand gereinigt werden, um sie ansprechend
präsentieren zu können – vor allem aber, um Ätzschäden
zu vermeiden. Und, ganz wichtig, so Sandra Moritz: Das Fütterverbot
für Gänse muss strenger eingehalten werden. „Da
hoffen wir sehr auf die Einsicht der Schlossgartenbesucher in die
problematische Situation.“ |