24.11.14
Aus der Ablage gefischt: Meldungen dieses Jahres,
die keinen Eingang in unseren Nachrichtenüberblick gefunden
haben.
Nachlese 2014
Aus der Notsituation die Weiterentwicklung. Der Schlossgarten
Weikersheim
wird sich verändern
(ssg)
Buchspilz und Zünsler-Raupen: Die Buchsbaum-Bestände
in den Schlossgärten sind in ernster Gefahr – und
das schon eine ganze Weile. Der Schädlingsbefall zwingt
derzeit in allen Schlossgärten dazu, über Ersatz nachzudenken.
Denn das historisch korrekte Bild eines Schlossgartens gilt es
zu erhalten. Auch die Staatlichen Schlösser und Gärten
Baden-Württemberg arbeiten an Lösungen für die
veränderte Situation in den Gärten. Im Schlossgarten
von Weikersheim stieß man dabei auf eine außergewöhnliche
Entdeckung.

Schlossgarten Weikersheim. Im Hintergrund die Orangerie.
Auf der Suche nach Alternativen zum Buchsbaum
Die Wissenschaftler und Gartenfachleute suchen nach Alternativen,
um den auf den Buchs spezialisierten Schädlingen auszuweichen – nicht
nur in Baden-Württemberg. Buchs ist die traditionelle Rabattenpflanze,
die man wie selbstverständlich mit Schlossgärten verbindet.
Im Schlossgarten Weikersheim musste diese Rahmenpflanzung bereits
vor bald drei Jahren wegen des Schädlingsbefalls vollständig
gerodet werden. Seither werden im Orangerieparterre mögliche
Ersatzpflanzen in einem mehrere Jahre dauernden Freilandversuch
unter Realbedingungen erprobt.
Spektakuläre Funde in den Archiven
Mindestens genauso wichtig für den Eindruck des barocken Gartens
sind die kunstvoll in geometrische Formen gestutzten Kübelpflanzen – und
auch dabei handelt es sich häufig um Buchsbaum. Für diese
Formbäumchen konnten jetzt die Fachwissenschaftler der Staatlichen
Schlösser und Gärten, die die historischen Gärten
betreuen, eine ganz andere historische Situation ermitteln. Mittelmeer
und duftende Gewächse standen hier im 18. Jahrhundert auf
der Pflanzliste der Gärtner! Rosmarin und Zypressen – das
fand Prof. Dr. Hartmut Troll, den Leiter der historischen Gärten
bei den Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg
mit seinem Team in den Inventaren.
Typisch barock: Der Garten von Schloss Weikersheim
Der Weikersheimer Schlossgarten ist berühmt für seinen Reichtum auf
kleinem Raum. Ganz typisch für einen barocken Garten ergänzen sich
eine Vielzahl von mythologischen Figuren und Wasserspiele mit den geometrischen
Formen der Rabatten und Kübelpflanzen. Graf Carl Ludwig von Hohenlohe Weikersheim
und seine Frau Elisabeth Friederike Fürstin von Öttingen-Öttingen
schufen in der Mitte des 18. Jahrhunderts in der ländlichen Abgeschiedenheit
der Hohenlohe einen barocken Garten nach allen Regeln der Zeit – ein außergewöhnlich
ambitioniertes Projekt für einen Grafen mit einer kleinen Grafschaft. Was
für den Schlossgarten Weikersheim ein besonderes Glück ist: Hier liegen,
erhalten im Hohenlohe-Zentralarchiv, viele Dokumente aus der Zeit vor, in der
der Garten entstand. 
Ludwig Friedrich Carl Fürst zu Hohenlohe-Neuenstein-Öhringen
(23.5.1723 - 27.7.1805) und seine Familie auf der Terrasse von
Schloss Weikersheim mit dem Schlossgarten und der Orangerie im
Hintergrund. Deutlich sichtbar: die Zypressen. Gemälde von
Georg Adam Eger, 1773. Privatbesitz. Unten: Detail mit Zypressen
Die erste Spur im Familienporträt
Bei der Suche nach einer Problemlösung für die Buchspflanzungen
im Schlossgarten von Weikersheim gelang eine erstaunliche Entdeckung.
Prof. Dr. Hartmut Troll stieß dabei im Hintergrund eines
Familienportraits der Fürsten von Hohenlohe-Neuenstein-Öhringen
auf eine Darstellung des Gartens. Die Abbildung des Gartens war
zwar bekannt, allerdings hatte man das Gemälde wohl noch nie
unter dem aktuellen Blickwinkel betrachtet: Was für Kübelpflanzen
sind es, die in den Rabatten des Schlossgartens die senkrechten
Akzente setzen? Im genauen Blick des Fachmanns zeigte sich: Hier
standen keine Buchsbäume, sondern schlanke, blaugrüne
Säulen – eindeutig Zypressen. Den optischen Verdacht
konnten die Fachleute auch anhand der Inventarlisten für die
Weikersheimer Orangerie von 1757 und 1769 bestätigen: Große
Mengen Zypressen gehörten zum Bestand. Etwa im Jahr 1745: „Cupressen
2 gr. sehr hohe u. schöne, 12 kl. in Scherben“; 1757: „2
Kisten von den hohen Cupresen, 17 Kisten und 40 Scherben Kleinere
Cupressen a 20xr“; 1769: „2 große und 36 geringere
Cupressen“. Ganz typisch für die Verwaltung von Schloss
Weikersheim sind die Dokumente akribisch. Die genauen Angaben auch
für die Höhe und die Größe der Pflanzen ist
nun Maßstab für die Arbeit der Gartenfachleute: Nicht
nur die Pflanzenart wird entsprechend den Quellen im Archiv korrigiert – sondern
gleichermaßen der Maß.
Mittelmeer in Hohenlohe
„
Der Garteneindruck wird sich verändern“, sagt Prof.
Hartmut Troll: „Die vertikalen Akzente der Kübelpflanzen
verdichten und ergänzen die skulpturale Ausstattung des Gartens“.
Mit den Zypressen und Rosmarinbüschen werde vielleicht sogar
eine leicht mediterrane Stimmung aufkommen. „Wir freuen uns,
dass wir durch diese Erkenntnisse die authentische Atmosphäre
des historischen Schlossgartens verstärken können und
dass jetzt versuchsweise mit der Neupflanzung begonnen werden kann, “ sagte
Frank Krawczyk, der Leiter des Bereichs Kommunikation der Staatlichen
Schlösser und Gärten, bei der Präsentation gegenüber
den Medien. Der Abschluss der Arbeiten wird im Jahr 2016 sein.
KONTAKT: Schloss und Schlossgarten Weikersheim, Marktplatz 11,
97990 Weikersheim, Telefon +49(0)79 34.9 92 95-0, Telefax +49(0)79
34.9 92 95-12ÖFFNUNGSZEITEN SCHLOSS WEIKERSHEIM
April bis 31. Oktober Mo – So 9.00 – 18.00 Uhr, letzter
Einlass 17.00 Uhr
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