6.8.15
Archäologische Bodenuntersuchungen
im Mittleren Schlossgarten in Stuttgart
Grabfund sowie weitere römische und
germanische Siedlungsspuren | Archäologen
des Regierungspräsidium Stuttgart und die Deutsche Bahn in
engem Austausch
(rps) Seit nun fast einem Jahr begleiten Mitarbeiter des Landesamtes
für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart den
laufenden Erdaushub zur Herstellung der Baugruben für den
Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Bereits im Spätsommer
und Herbst 2014 waren hier in verschiedenen Baufeldern archäologische
Funde der Römer- und Völkerwanderungszeit sowie der Renaissance
gemacht worden. Weitere Teile der damals
erkannten Bodenzeugnisse liegen noch in den Baufeldern, die erst
in den kommenden Jahren geöffnet werden können und dann
bauvorgreifend archäologisch untersucht werden sollen. Die
hierzu notwendigen umfangreichen Rettungsgrabungen werden vorrausichtlich
im Frühjahr 2016 beginnen.
Germanische
Bügelfibel (Gewandschließe) aus Bronze (Foto: LAD
im RPS, Y. Mühleis)
Momentan begleiten die Archäologen die laufenden Erdarbeiten
am Düker Cannstatter Straße. Im Bauabschnitt 16 liegt
der bestehende Abwasserkanal dem neuen Hauptbahnhof im Weg, weshalb
dessen Verlauf unter die Bahnsteighalle verlegt werden muss.
Im Norden des Baufeldes im Bereich des Düker-Unterhauptes
stießen die Archäologen des Regierungspräsidiums
Stuttgart in den vergangenen Tagen auf weitere Zeugnisse der
Römerzeit aus dem 2. und 3. Jahrhundert nach Christus sowie
auf germanische Siedlungsspuren aus der Mitte des 4. Jahrhunderts – darunter
Keramikscherben, Holzreste aber auch eine Gewandschließe
aus Bronze. Wie schon 2014 lagen die Funde verstreut in einer
Torfschicht, die einen Nebenarm oder zumindest Hochwasserbereich
des damaligen Nesenbachs anzeigen dürfte. Dank der neuerlichen
Untersuchungen ließ sich nun die östliche Grenze der
Fundstreuung lokalisieren und damit die Ausdehnung der frühgeschichtlichen
Siedelstelle abgrenzen. Im
Süden des Baufeldes im Bereich des Düker-Oberhauptes
fanden sich in einer Tiefe von etwa vier Metern unter der heutigen
Oberfläche drei Skelettgräber. Die Toten waren auf
der Seite liegend mit angewinkelten Armen und Beinen beigesetzt
worden. Beigaben oder sonstige Funde, die das Alter dieser isolierten
Bestattung anzeigen, fanden sich nicht. Derartige, sogenannte „Hockergräber“ sind
typisch für die ausgehende Jungsteinzeit ab ca. 5.500 vor
Christus und blieben bis in die Frühe Bronzezeit ca. 2000
vor Christus die häufigste Bestattungsform in Süddeutschland.
Derzeit werden die Knochen in der Konstanzer Arbeitsstelle des
Landesamtes für Denkmalpflege naturwissenschaftlich, insbesondere
anthropologisch untersucht. Die Ergebnisse werden in einer weiteren
Mitteilung veröffentlicht.
Fundstelle (im Vordergrund) der Hockergräber (Foto:
LAD im RPS, S. Papadopoulos) Für eine reibungslose Durchführung der weiteren archäologischen
Rettungsgrabungen insbesondere in den Baufelder 15 und 18 ohne
Beeinträchtigung der dort anstehenden Bauarbeiten, werden
das Land und Deutsche Bahn eine Vereinbarung abschließen.
Ein entsprechender Vertragsentwurf wird derzeit vorbereitet.

Detailfoto eines Skelettfundes (Foto: LAD im RPS, S. Papadopoulos)
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