18.8.15
Steinriegellandschaft zwischen Weikersheim und Elpersheim
seit 20 Jahren Naturschutzgebiet
(rps) Das vom Regierungspräsidium Stuttgart ausgewiesene
Naturschutzgebiet „Steinriegellandschaft zwischen Weikersheim
und Elpersheim“ blickt in diesem Jahr auf sein 20-jähriges
Bestehen zurück. Darauf weist Regierungsvizepräsident
Dr. Christian Schneider hin und unterstreicht, dass die Trockenhänge
im Main-Tauber-Kreis in Baden-Württemberg einzigartig sind
und besonders dort, wo der Weinbau schon lange aufgelassen wurde,
eine seltene und besondere Tier- und Pflanzenwelt aufweisen.
Von den 256 Naturschutzgebieten im Regierungsbezirk Stuttgart
liegen 36 und damit überdurchschnittlich viele im Main-Tauber-Kreis,
teilt das Regierungspräsidium mit. Einer der ausgedehntesten
Steinriegelhänge des Tauberlands befindet sich am Nordhang
des Taubertals zwischen Weikersheim und Elpersheim, wo sich eindrucksvolle,
mit Hecken bewachsene Steinwälle hangabwärts ziehen.
Regierungsvizepräsident Schneider: „Die landschaftliche
Wirkung in Sichtweite des Schlosses Weikersheim ist einzigartig.
Direkt in der Verlängerung der Parkachse gelegen, begeistert
dieses Ensemble jeden Besucher der Kulturregion Taubergrund.“
Dieser Steinriegelhang – der größte im gesamten
Regierungsbezirk – wird gut gepflegt. Der Landschaftserhaltungsverband
im Kreises sorge im Auftrag des Regierungspräsidiums hierfür.

Steinriegellandschaft im Taubertal bei Weikersheim. Foto: RP Stuttgart
Das Regierungspräsidium hatte gute Gründe, das Gebiet
1995 als Naturschutzgebiet auszuweisen: Viele Steinriegel sind
in den letzten Jahrzehnten aus den Muschelkalkhängen verschwunden.
Entweder störten sie bei der Bewirtschaftung oder mussten
bei der Rebflurbereinigung als Schotterlieferant für den Wegebau
herhalten. Auch bei zahlreichen Siedlungserweiterungen waren Steinriegel
im Weg und wurden beseitigt. Für den Natur- und Artenschutz
sind die Steinaufschüttungen jedoch sehr wertvoll: Insbesondere
offene, noch nicht bewachsene Steinriegel bilden einen guten Wärmespeicher
und sind damit ein idealer Lebensraum für wärme- und
sonnenhungrige Tiere und Pflanzen. Seltene Insekten, Schnecken,
Reptilien und Felspflanzen finden hier ein Rückzugsgebiet.
Aber auch Steinriegel, die mit Hecken bewachsen sind, bieten Vögeln,
Eidechsen, Igeln und anderen Kleintieren einen prima Unterschlupf.
Im Naturschutzgebiet und der unmittelbaren Umgebung wurden über
50 Vogelarten festgestellt, darunter Dorngrasmücke, Neuntöter,
Gartenrotschwanz, Wendehals und Rebhuhn. 16 Schneckenarten besiedeln
allein die Steinriegel, darunter die stark gefährdete Schwäbische
Grasschnecke. Zauneidechsen und Schlingnattern tanken auf den Steinen
Wärme und lauern auf Beute. Die meisten Steinriegel im Naturschutzgebiet
sind mit Hecken aus Rosen, Schlehe und Weißdorn bewachsen.
Sie gliedern das Gelände in Kammern und verbinden unterschiedliche
Lebensräume: magere Salbei-Glatthafer-Wiesen, Schaf- und Rinderweiden,
Obstbaumwiesen, Getreidefelder, kleine Wäldchen und Heideflächen.
In diesem Mosaik von Lebensräumen kommen über 300 verschiedene
Pflanzenarten vor. Typisch ist der Wiesen-Salbei, der mit seiner
satten dunkelblauen Blüte im Frühsommer die Wiesen bestimmt.
Auch viele Arten der Roten Liste, wie die Orchideen Mücken-Handwurz
und Weißes Waldvögelein, Küchenschelle, Fransen-Enzian,
Runder Lauch, Acker-Wachtelweizen und das Ackerwildkraut Blauer
Acker-Gauchheil kommen hier wegen des geringen Eintrags von Düngern
und Pflanzenschutzmitteln vor.

Steinriegel, durch Aufhäufung von aufgelesener Steine über Jahrhunderte
gebildet. Heute ein Natur- und Kulturdenkmal gleichermaßen
Das Regierungspräsidium weist darauf hin, dass die offene
Kulturlandschaft ohne Pflege innerhalb weniger Jahrzehnte verbuschen
und zu Wald werden würde. Die Steinriegel verschwänden
unweigerlich im höher wachsenden Gehölz. „Pflege
bedeutet in erster Linie, die Bewirtschaftung der Wiesen langfristig
sicherzustellen“, so Schneider. Da sich die Arbeit vielerorts
für die Bauern kaum noch lohnt, gibt es staatliche Zuschüsse
für die Bewirtschaftung. Für mehr als 20 Flurstücke
hat die Naturschutzverwaltung Verträge nach der Landschaftspflegerichtlinie
(LPR) abgeschlossen, die die Beweidung von elf Hektar Grünland
sicherstellen. Bei der Beweidung werden auch Ziegen eingesetzt,
die auch undurchdringliches Gebüsch abfressen und damit besonders
nachhaltig die weitere Verbuschung verhindern. Schon in den 1990er-Jahren
hatte das Land Baden-Württemberg das Modellprojekt „Pflege
der Trockenhänge im Taubertal“ gegründet, aus dem
2000 der Landschaftserhaltungsverband im Kreis hervorging. Der
Verband arbeitet eng mit Landwirten und Artenschutzexperten zusammen,
um die Kulturlandschaft dieses und anderer Trockenhänge zu
erhalten. Einen Großteil der Grundstücke im Naturschutzgebiet
hat das Land Baden Württemberg erworben. Das war möglich
durch die Unterstützung bei der Flurneuordnung, bei der allein
23 Hektar für Naturschutzzwecke bereitgestellt wurden.
Für die weitere Entwicklung des Naturschutzgebiets ist von
Bedeutung, dass es in das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Taubergrund
Weikersheim–Niederstetten“ einbezogen wurde und damit
zum Europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000 gehört.
Insbesondere die auf extensive Nutzung angewiesenen Flachland-Mähwiesen,
ein für Natura 2000 bedeutender Lebensraumtyp, kommen hier
auf größerer Fläche noch vor. Für das Gebiet
liegt ein Managementplan (MaP) vor, der Ziele zur Erhaltung und
Entwicklung der Arten und Lebensraumtypen festlegt und Maßnahmen
für eine geeignete Nutzung und Pflege aufzeigt. Der MaP bildet
die Grundlage für weitere Fördermöglichkeiten und
steht im Internet zur Verfügung ( www.lubw.baden-wuerttemberg.de> Natur
und Landschaft > Natura 2000 > Management und Sicherung > Managementpläne).
Hinweise für Besucher:
Zwischen Weikersheim und Elpersheim führt der Radweg „Liebliches
Taubertal“ stellenweise direkt am Naturschutzgebiet entlang.
Außerdem gibt es einen beschilderten Rundweg durchs Naturschutzgebiet,
der an der Straße Weikersheim–Pfitzingen (Pfitzinger
Steige) bei einem kleinen Parkplatz mit Informationstafel beginnt.
Die drei Kilometer lange Strecke führt an allen typischen
Lebensräumen des Naturschutzgebiets vorbei und bietet schöne
Ausblicke auf das Taubertal. In einem Faltblatt des Regierungspräsidiums
Stuttgart finden Interessierte weitere Informationen zum Naturschutzgebiet
und eine Karte. Besucher werden gebeten, Tiere und Pflanzen zu
schonen, Hunde an die Leine zu nehmen, kein Feuer zu machen und
keine Luftfahrzeuge in Betrieb zu nehmen.
Hintergrundinformation Steinriegel:
Lesesteinriegel, allgemein Steinriegel genannt, sind Überbleibsel
der früheren Nutzung. Die vielen Muschelkalksteine im Boden
waren bei der Bewirtschaftung lästig. Sie wurden deshalb mühsam
herausgelesen und entlang der Grundstücksgrenzen aufgehäuft,
wo sie lange, zu Tal ziehende Wälle bilden. Für die Steinriegel
gibt es regional unterschiedliche Begriffe, wie Schüttmauern,
Steinmauern, Steinwälle, Lesesteinwälle oder Steinrasseln.
Eine ausführliche Beschreibung dieser wie auch aller übrigen
Naturschutzgebiete im Main-Tauber-Kreis findet sich im Buch „Die
Naturschutzgebiete im Regierungsbezirk Stuttgart“ von Reinhard
Wolf und Ulrike Kreh (Hg.), Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2007.
Weitere Informationen zu dem Thema auch auf www.rp-stuttgart.de/Themen/Umwelt/Natur-
und Artenschutz
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