Zwangsarbeit - Lager vor Ort -
Sklavenarbeiter auf dem Flugplatz in Gablingen

1. Geschichte des Flugplatzes Gablingen

Im ersten Weltkrieg richtete das bayerische Fliegerkorps auf Veranlassung des Kriegsministeriums und mit Zustimmung König Ludwigs III in Gersthofen-Gablingen am 12. Oktober 1916 die Fliegerschule V ein. Der Flugplatz entstand.
Der Platz, wo 1971 die Amerikaner mit dem Bau einer Frühwarnanlage begannen, wurde 55 Jahre zuvor geebnet und es wurden Hallen, Motorprüfstände, Tankanlagen, Bomben- und Munitions-Magazine sowie ein Schießstand errichtet. Baracken und später auch Kasernen wurden im Gesamtwert von 3,7 Millionen Mark errichtet.
Schon damals setzte man zum Bau neben italienischen auch russische Kriegsgefangene ein. Auch Paul Klee blieb bis Ende 1918 auf dem Flugplatz als Rekrut und erlebt noch die Zeit, als ein revolutionärer Soldatenrat zur Beendigung der Kampfhandlungen und Machtübernahme an demokratisch gesinnte Kräfte installiert wurde.
Adolf Hitlers späterer Chefpilot, Hans Bauer, schulte vor seiner Versetzung als Kampfflieger nach Frankreich für kurze Zeit in Gablingen junge Piloten.
Schon am 8. Juli 1919 war die Ära des Militär-Flugplatzes Gersthofen-Gablingen beendet. Der Flugplatz verkam zur Schafweide. Gemäß dem Versailler Vertrag wurden die Hallen bis 1922 abgebrochen und an Frankreich abgeliefert. Diverse Kasernenbauten blieben jedoch stehen und wurden zur Ansiedelung von Heimatvertriebenen und Umsiedlern aus Elsaß-Lothringen benutzt.
Im Herbst 1934 hatten die Neuansiedler aber ihre Unterkünfte wieder zu räumen. Die Luftwaffe Hermann Görings zog ein, der Neuaufbau des Fluggeländes begann.
Per 20. November 1934 benannte das Reichsluftfahrt-Ministerium die Fliegerhorstkommandantur und den Kreisflugpark Gablingen-Gersthofen in "Gablingen" um.
Im Zuge der militärischen Aufrüstung des III. Reichs wurde auch der Flughafen Gablingen, der nie eine Betonstartbahn erhielt, aufgewertet.
Der Flughafen wurde kein großer Einsatzhafen, sondern wie im I. Weltkrieg lief ein umfangreiches Ausbildungsprogramm ab. Die Firma Messerschmitt unterhielt eine Reparaturwerft.
Im großen Stil wurden Transport- und Einsatzmaschinen hier abgefertigt, beispielsweise nach Stalingrad, Nordafrika und in den Kaukasus. Ende der 30-er Jahre war auch die Legion Condor in Spanien von Gablingen aus mitversorgt worden. Im nahegelegenen Luftpark Langweid war ein riesiges Nachschubdepot angelegt worden, von dort aus gingen Ersatzteile, Munition, Verpflegung dann in die besetzten Gebiete.

Nicht nur Schulmaschinen wurden in Gablingen eingesetzt, auch bekannte Typen wie die "Tante" Ju 52, Me 110, 210, 410, 108, 109, Ju 87, Do 17, 117, 23 oder die He 111.
Die geheimnisumwitterte Me 261 baute hier als Prototyp eine Notlandung. Dieser Zwei-Motor-Fernaufklärer mit einer Reichweite von 8900 km hatte den Beinamen "Adolfine" und sollte zu den geplanten Sommerspielen in Tokio nach Hitlers Wunsch das olympische Feuer 1940 direkt überbringen. Durch die Kriegsentfesselung durch Hitler selbst kam es dazu nicht mehr.

Unter dem Angriff der alliierten Bomber-Verbände auf Platz und Luftpark Langweid hatte natürlich auch die Zivilbevölkerung zu leiden. Einer der schwersten Angriffe fand am 24. April 1944 statt. Das Haus des Fliegerhorstkommandanten Alfred Traeger am Ortsrand von Stettenhofen erhielt einen Bombenvolltreffer; seine Frau wurde schwer verletzt, die vier Kinder im Alter von zwei, drei, vier Jahren und neun Monaten kamen ums Leben.

Im April 1945 besetzten die Amerikaner den Flugplatz. Er wurde genutzt für Panzer, Fallschirmtruppen, Heeresflieger und Hubschrauber.
Vorübergehend wurden auch Displaced Persons, von Deutschen verschleppte Zwangsarbeiter auf dem Platz untergebracht, darunter auch in der sogenannten Russen-Siedlung Soldaten der Wlassow-Hilfsarmee.

Ab 1951 wurde der Flugplatz zwar auch von Segelfliegern als Schulungsgelände genutzt. Anfang 1970/71 schien es so, als wolle BMW das Gelände erwerben um ein großes Zweigwerk zu errichten, das aber schließlich doch in Regensburg gebaut wurde.
So wurde das Gelände 1971/72 den Amerikanern verpachtet, die dort eine gigantische Lauschstation errichteten. Bis zu 3000 Personen waren zeitweise von den Amerikanern angestellt. Das kreisrunde mächtige Antennengitter der Anlage hat einen Durchmesser von rund 300 Metern, Höhe etwa 30 Meter. Viele der elektronischen Installationen liegen mehrstöckig bis zu einer Tiefe von 25 Metern unter der Erde. Über die unterirdische Zahl der Stockwerke machen die Amerikaner keine näheren Angaben, es wird nur betont, dass die Anlage atomsicher sei. Trotz Satelliten war und ist das Riesenohr eine streng geheime Angelegenheit. Die Anlage, von amerikanischen und britischen Facharbeitern errichtet, soll über eine Milliarde Mark gekostet haben. Auf dem 143 Hektar großen Areal sind mehrere Einheiten der Amerikaner stationiert, sowohl von US Army, Navy als auch Airforce. Britische und kanadische Verbindungsleute sind ebenso noch präsent.
Wie wichtig die US Field Station ist, zeigen die regelmäßigen Besuche von der in Frankfurt stationierten sowjetischen Miltiärmission vor der Ost-West-Entspannung.
Die Aufgabe der Gablinger Großanlage beschrieb der ehemalige Standortkommandeur General Harvey D. Williams folgendermassen: "Sie ist ein Teil des weltweiten, von den USA entwickelten Nachrichtennetzes zur schnellsten Nachrichtenübermittlung und zur Sicherung der Verbindungen zur Verteidigung der USA und der freien Welt".
Auch eine deutsche Einheit ist auf dem Gablinger Gelände untergebracht: die Fernmeldestelle Süd der Bundeswehr. Im nahen Industriegelände Langweid-Foret, dem früheren Luftwaffenpark, ist seit einigen Jahren ein streng bewachtes Bundeswehr-Korps-Depot angesiedelt.
Der Bund übernahm ab 1985 das Gelände vom Freistaat Bayern.

Der Flughafen von Gablingen als KZ-Außenlager

Bombardierung des KZ-Außenlagers in Haunstetten

Seit 9. Februar 1943 bis Mitte 1944 waren in der Gemeinde Haunstetten im KZ Außenlager 2.700 Häftlinge untergebracht, die bei der Messerschmitt AG in der Flugzeugfertigung arbeiteten. Das Außenlager wurde am 13. April 1944 bei einem Bombenangriff zerstört, wobei viele Häftlinge umkamen. Aufgebaut wurde das Lager nicht mehr.

Verlegung nach Gablingen

Sechshundert der überlebenden Häftlinge kamen hierauf in das ungefähr 10 km nördlich von Augsburg gelegene KZ-Außenlager Gablingen. Das Lager wurde am 21.Februar 1944 erstmals, am 24.April 1945 letztmals erwähnt. Das Lager wurde von der SS unter der Nummer 14/5a-4 Messerschmitt AG Augsburg, Gablingen verwaltet (Archiv Dachau, Dokument Nr. 205089).
(Cezary Cholewinski bei dem Interview während des Besuchs von ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern bei der DASA, Werk Augsburg, am 5.5.1993)
In einer Aufstellung des Chefs des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes, Pohl, über den Häftlingseinsatz in der Luftfahrtindustrie vom 21.Februar 1944 wird für den Februar 1944 eine geringe Belegung des Außenlagers Gablingen angegeben, während für Januar keine Arbeitsleistung dortiger Häftlinge eingetragen wurde.
Wie viele Menschen insgesamt hier gefangengehalten wurden und wie lange das Lager bestand, wird kontrovers diskutiert. Es wurde jedenfalls am 25. April nach einem Bombenangriff der Amerikaner zerstört. (Siehe Luftbildaufnahmen der Bombenangriffe).

Lokalisierung des Lagers

Das Lager, wann immer es errichtet wurde, lag zwischen der Bahnlinie Augsburg-Donauwörth und der Bundesstraße 2 am Schienenstrang, der vom Bahnhof Gablingen zur damaligen IG Farben, Gersthofen (heue Clariant) führt, also in der Nähe des Geländes der früheren US-Abhöranlage. Auf diesem damaligen Flugplatzgelände wurde es mit Holzbaracken und eventuell Wachtürmen, ähnlich dem Haunstetter Lager, aufgebaut. Neben den Holzbaracken scheinen auch zumindest zeitweise die von den Luftwaffensoldaten geräumten Kasernengebäude zur Unterbringung genutzt worden zu sein. (Kucera, S. 91)

Belegung

Die Gefangenenzahl stieg schnell von 352 im Januar/Februar 1944 auf später mehr als 1000 Männer an. Diese Zunahme beruhte hauptsächlich auf der Überstellung von etwa 600 Überlebenden des zerstörten Haunstetter Lagers im April 1944.
"Nach dem Bombardieren sind wir nach Gablingen gekommen. Wir waren in Holzbaracken untergebracht. Kasernen waren auch da, aber die waren schon leer, die deutschen Soldaten waren an der Front. Von hier sind wir in die Waggons eingeladen worden und wurden nach Haunstetten zu Messerschmitt gebracht. Wir waren nur ein paar Tage hier, nicht lang. Dann wurde auch Gablingen bombardiert." (C.Cholewinski, 5.5.1993)
Der ehemalige Häftling Edmund Falkuss erinnert sich an 3 große Baracken, in denen die Häftlinge untergebracht worden seien. Die Ausstattung sei überaus primitiv gewesen, die Häftlinge hätten sich zu zweit und zu dritt ein Bett teilen müssen. (Aussage Edmund Falkuss, 3.8.2001)
Die Gefangenen wurden in dieser Phase ohne Unterschied auf Nationalität untergebracht, was zählte war einzig und allein die Arbeitsleistung. Bewacht wurden sie von SS-Männern und ehemaligen Wehrmachtssoldaten.

Sklavenarbeit

Die Gefangenen waren in zwei Gruppen geteilt. Die kleinere Gruppe von etwa 200 bis 300 Männern arbeitete in den etwa eine Viertelstunde Fußmarsch entfernten Hangars auf dem Gablinger Flugplatz an Teilen von Düsenflugzeugen, wahrscheinlich der Me 262. Die zweite Gruppe der Häftlinge arbeitete weiterhin in 12-Stunden-Schichten im Augsburger Messerschmittwerk. Edmund Falkuss berichtet, dass die Häftlinge morgens um 4 Uhr in Güterwaggons zur Arbeitsstelle transportiert worden seien, vor 23 Uhr seien die Häftlinge nicht ins Bett gekommen. Häftlinge wurden auch als Bombensuchkommandos in Augsburg oder für Arbeiten auf dem Flugplatz eingesetzt.

Hinrichtung wegen Lebensmitteldiebstahl: Abschreckung der Mitinsassen

Ein ehemaliger KZ-Häftling glaubte sich zu erinnern, dass bei einem der Transporte aus Haunstetten auch Tote zurückgebracht wurden. Einige Häftlinge erinnern sich noch genau an Hinrichtungen durch die SS. Unabhängig voneinander wurde das Erhängen von sechs Häftlingen wegen Lebensmitteldiebstahls genannt. Sechs Häftlinge sollen dort wegen Lebensmitteldiebstahls erhängt worden sein.
Czestaw Kordylewski, der den Ort des Lagers 1993 besuchte, äußerte sich hierzu:
"Hier hat sich eine traurige Situation ergeben. Sechs Häftlinge, fünf Russen und ein Pole, haben irgendwo nach dem Bombenangriff auf das Lager Haunstetten im Splittergraben oder in der Küche etwas zum Essen, Brot und ein kleines Stück Speck, mitgenommen. Die SS hat das entdeckt und alle sechs aufgehängt hier im Lager. Die mussten sich alle auf einen Stuhl stellen mit einem Seil um den Hals. von hinten kam der Kapo und zog den Stuhl heraus. 24 Stunden später bis zum nächsten Tag sind sie gehangen. Auch Zygmund Sucharski hat das wie ich mit eigenen Augen gesehen." (W. Kucera, S. 92)

Es ist zu vermuten, dass kurz nach der Zerstörung des Gablinger Lagers etwa Ende April 1944 ein neues Lager in der damaligen Luftnachrichtenkaserne in Augsburg-Pfersee eingerichtet wurde. Dorthin dürften die meisten Überlebenden der bombardierten Lager überstellt worden sein, um wieder an ihrer alten Arbeitsstelle in Haunstetten eingesetzt werden zu können.
Viele Gefangene berichteten, in den Lagern Haunstetten, Gablingen und Pfersee interniert gewesen zu sein, teilweise mit Zwischenaufenthalt in Leonberg bei Stuttgart.

Nach: Wolfgang Kucera, Fremdarbeiter und KZ-Häftlinge in der Augsburger Rüstungsindustrie, Augsburg 1996, S. 71f, 88f, 91ff.


Flugplatzplan (1)


Flugplatzplan (2)


Flugplatzplan (3)


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Crashreport 17.04.45


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