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Deutschordensmuseum
Bad Mergentheim

„Alfred Hrdlicka. Kunst aus der Sammlung Würth"
Sonderausstellung im Deutschordensmuseum Bad Mergentheim

20. Juli - 27. Oktober 2002

Rund 60 Werke von Alfred Hrdlicka aus der Sammlung Würth werden auf rund 450 qm in der gotischen Säulenhalle und in den Renaissance-Räumen des Museums gezeigt - ein spannender Dialog von Architektur und Skulptur. Sowohl Groß- als auch kleinere Skulpturen aus Stein und Bronze sind zu sehen, außerdem Gemälde, Zeich-nungen und Radierungen. Die Werke kommen überwiegend aus den Themenkreisen Kirche/Kreuz/Tod, Pasolini, Französische Revolution und Politische Arbeiten. Diese Zusammenstellung stammt aus der Sammlung Würth, die insgesamt über 6.000 Werke umfaßt.

Die persönliche Auswahl des Wirtschaftsmagnaten und Sammlers Prof. Dr. h. c. Reinhold Würth bestimmt die eindrucksvolle Wucht dieser Kollektion. Der politische Realist Alfred Hrdlicka hat als Künstler immer das Widerspiel von Mensch und Gesellschaft im Blick. Hrdlickas Skulpturen von Menschen zeigen oft einen expressiven Realismus. Die Dargestellten sind häufig in Affekte der menschlichen Wirklichkeit verstrickt: Betrug und Blut, Täuschung und Mord, Gier und Ehrgeiz, Intrige und Wahn, das Böse und das Unglück. Hrdlicka lotet die Tiefen der menschlichen Abgründe aus und imaginiert sie in existenziellen Situationen. Ein zentrales Thema in Hrdlickas Werk: Immer wieder spricht und handelt er vom Fleisch - vom Fleisch als der Hülle des Menschen, vom Äußeren, das die Spuren des Erlebten trägt. „Fleischwerdung" ist aber nicht zufällig auch ein zentraler Mythos des christlichen Glaubens. Hrdlicka wählt sich regelrechte Antihelden der Geschichte und der christlichen und klassischen Mythologie. Z. B. den Filmregisseur Pasolini, dessen Filme wegen seiner pornographischen und auch gesellschaftskritischen Elemente immer wieder verboten wurden. Eine Provokation, daß er diese, das Bürgertum verschreckende Persönlichkeit, als Schmerzensmann darstellt Der Künstler verbündet sich mit den Schwachen, den Ausgegrenzten, den Ohnmächtigen und Entrechteten - z. B. behandelt er immer wieder das Thema Prostitution. Er schöpft aus einem großen Wissen über Geschichte und Gesellschaft, Marxismus und Sozialismus, christliche und klassische Mythologie. Sein genaues Wissen über diese Themen ist immer verbunden mit seiner persönlichen Ausdeutung derselben. Ein weiteres Anliegen von Hrdlicka sind Auseinandersetzung mit und Kampf gegen den Faschismus. Er will kenntlich machen, wo in der Gesellschaft Vor-formen und Formen dieser zivilisatorischen Verrohung, oft versteckt, auszumachen sind.

Einige Beispiele aus der Ausstellung:

Kirche, Kreuz und Tod

Gezeigt werden an Großplastiken der rechte Schacher aus Stein und der Gekreuzigte (Torso) in Bronze aus der Kreuzigungsgruppe, außerdem Marsyas II. Lauter Werke, die in der frühen Zeit Hrdlickas, in den 50er und frühen 60er Jahren entstanden sind.

Pasolini

Der Filmregisseur Pier Paolo Pasolini (1922-1975) ist für den Bildhauer ein moderner Märtyrer. Er setzt sich besonderes mit dessen Schriften auseinander und bewundert dessen Radikalität des Denkens. Er reflektiert an diesem Beispiel das Verhältnis zwischen Künstler und Gesellschaft, den „Haß auf den zwar hofierten, aber nicht korrumpierten intellektuellen Künstler" (Hrdlicka). Hrdlicka empfindet hier eine Parallele mit dem umstrittenen Filmregisseur. Zu diesem Thema wird „Pasolini als Schmerzensmann" und ein umfangreicher Radierzyklus gezeigt.

Französische Revolution

Für Alfred Hrdlicka ist Revolution das Thema. Die Umkehrung gesellschaftlicher und politischer Verhältnisse, die Auflehnung gegen Unterdrückung beschäftigt den Künstler seit Jahrzehnten (Walter Schurian). Eine ganze Reihe Werke Hrdlickas zählen zum Themenkreis der Französischen Revolution: Bai des victimes, Marat, die Ermordung des Marat werden gezeigt, außerdem der umfangreiche Radierzyklus zur Französischen Revolution.

Politische Arbeiten

Zwei aufrüttelnde Gemälde handeln von der Vernichtung der Menschen im „Dritten Reich" - Opfer der Euthanasie werden in den großformatigen Gemälden „Kaltblütiger Mord" und „Euthanasie II" gezeigt. Der Betrachter erlebt hier zwei Martyrien. Begleitet werden diese Bilder von der Bronzeplastik des „Schreibtischmörders".

Der Künstler

Alfred Hrdlicka wurde 1928 in Wien geboren, wo er auch heute noch lebt und arbeitet. 1943-45 absolviert er eine Zahntechnikerlehre. Seit 1945 studiert er an der Akademie, zunächst Malerei (bis '52), dann von 1952-57 Bildhauerei bei Fritz Wotruba. Hrdlicka bleibt seiner realistischen Kunstauffassung treu, obwohl er nach dem Zweiten Weltkrieg lange gegen den allgemeinen Strom der nichtgegenständlichen Kunst schwimmt. Seit 1960 wird er in Einzelausstellungen in Museen und Galerien und den wichtigsten Ausstellungen zur zeitgenössichen Kunst bekannt. Mit seinen Platzgestaltungen für Wien und Hamburg, für die er Denkmäler gegen den Faschismus entwirft, löst er weitreichende kontroverse Debatten aus. 1971 und 75 wird er an die Akademie der bildenden Künste in Stuttgart berufen, 1973 an die Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Hrdlicka pflegt die Gattungen der Kunst - Malerei, Grafik, Bildhauerei - gleichermaßen. Seine Themenzyklen bearbeitet er in allen drei Gattungen, wobei die Skulptur die Krönung und das Zentrum eines solchen Zyklus ist.

Der Sammler

Prof. Dr. Reinhold Würth übernimmt 1954 mit 19 Jahren die Schraubengroßhandlung seines Vaters im Hohenlohischen (Baden-Württemberg). Er baut mit großem Erfolg das Unternehmen aus. Heute hat es 37.000 Mitarbeiter weltweit und einen Jahresumsatz von über 5 Mrd. Euro. Reinhold Würth sammelt seit den 60er Jahren über 6000 Werke der Kunst, Bilder, Künstlergrafiken, Skulpturen und Plastiken. Hrdlickas Arbeiten in der Sammlung Würth stammen aus allen Werkgruppen: Skulptur, Malerei, Zeichnung und Grafiken. Die Zusammenstellung der Sammlung reflektiert so die Entwicklung des gesamten Werkes sowie die politisch-humanen Interessen des Künstlers.

Maike Trentin-Meyer, Juni 2002

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