Die Zeit der Kelten zwischen dem 8. und dem 1. Jahrhundert vor
Christus, die die Wissenschaftler auch als vorrömische
Eisenzeit bezeichnen, wird seit dem 19. Jahrhundert intensiv
erforscht. Und nach wie vor gelingen überraschende Neufunde.
Hierzu gehört nicht nur das 2011 im Block geborgene, reich
ausgestattete Frauengrab aus der Bettelbühlnekropole im
Umfeld der Heuneburg. Die Große Landesausstellung 2012 „Die
Welt der Kelten“ zeigt zahlreiche weitere Entdeckungen
der letzten Jahre aus Baden-Württemberg und den angrenzenden
Ländern.
Für die Frühzeit der keltischen Zivilisation, 7. bis
4. Jahrhundert vor Christus, sind hier besonders die Funde zu
nennen, die aus den befestigten „Fürstensitzen“ und
den Gräbern in ihrer Umgebung stammen. Auf dem Mont Lassois
in Burgund etwa wurde zwischen 2003 und 2011 zwei Gebäude
von monumentalen Ausmaßen aus der Zeit zwischen 550 und
450 vor Christus freigelegt. Das reiche Fundmaterial aus diesen
Bauten und aus dem nahe gelegenen Grab der „Fürstin“ von
Vix – u.a. aus Griechenland stammende Keramik und ein 1.100
Liter fassender Weinmischkessel aus Bronze – zeigen, dass
die Bewohner enge Kontakte mit dem Mittelmeerraum pflegten. Reich
ausgestattete Gräber der Frühzeit, die in der Ausstellung
zu sehen sein werden, konnten in jüngster Zeit auch in Ilmendorf
in Südbayern, in Endingen am Rand des Kaiserstuhls und unweit
der Heuneburg im Speckhau freigelegt werden.

Krater von Vix, Relieferter Rand. Bronze, Ende 6. Jh. v. Chr.
Musée du Pays Châtillonnais, Châtillon-sur-Seine.
Aufnahme Wikimedia Commons/Ivory
Erstmals in Deutschland werden im Ausstellungsteil „Zentren
der Macht“ Funde zu sehen sein, die aus den für das
3. Jahrhundert vor Christus typischen keltischen Heiligtümern
stammen: etwa die Waffen und der goldene Halsring von Ribemont-sur-Ancre
in der Picardie oder die rätselhafte Kopfbedeckung – eine
Krone? – und der Kopfschmuck aus Hirschgeweih, die beide
in Roseldorf, Österreich, entdeckt wurden. Menschliche Halswirbel
mit Schnittspuren, ebenfalls aus Ribemont, und ein Schädel
aus einem Grab bei Reims, dem die Gesichtspartie fehlt, lassen
erahnen, dass die Berichte der antiken Schriftsteller über
die besondere Bedeutung des Kopfes bei den Kelten nicht ganz
aus der Luft gegriffen waren. Auch Baden-Württemberg geizt
nicht mit interessanten Neufunden dieser Zeit, denn in Bretten
bei Karlsruhe wurde in einem Männergrab eine Keramikflasche
entdeckt, die mit einer dünnen Zinnfolie beklebt war. Das
kunstvoll ornamental verzierte Stück stellt bislang in der
Gegend ein Unikat dar.
Auch die keltische Spätzeit, 2. bis 1. Jahrhundert vor
Christus, die durch die Entstehung großer städtischer
Siedlungen, genannt Oppida, geprägt ist, wartet immer wieder
mit Überraschungen auf. Im Oppidum Heidengraben auf der
Schwäbischen Alb beispielsweise fanden Archäologen
erst kürzlich eine Waage, die bereits ohne Wiegegut etwa
140 cm misst. Schminkfarben in Blau und Ocker aus dem Oppidum
Altenburg-Rheinau in der Schweiz zeigen ebenso wie Kämme,
Pinzetten und Ohrlöffelchen aus dem tschechischen Oppidum
Stradonice, dass die Damen – und Herren? – dort großen
Wert auf ein gepflegtes Äußeres legten. Bislang einzigartig
ist der Neufund eines Keramikgefäßes mit einem geometrisch
verzierten Überzug aus Haut und Zinnfolie, das in jüngster
Zeit in einem Männergrab in Bern zum Vorschein kam.
Den Übergang in die römische Epoche und das Ende der
keltischen Unabhängigkeit schließlich markieren die
Ausrüstungsgegenstände römischer Soldaten, die
in den letzten Jahren am Septimer- und am Julierpass in Graubünden
entdeckt wurden.

Bunte Glasarmringe aus der Umgebung von Bern,
um 200 v. Chr. Die Technik ihrer Herstellung bleibt
bis heute ein Rätsel. Historisches
Museum Bern
©
Historisches Museum Bern; Foto: S. Rebsamen
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